Begehrter Bastard

Kommentar Bundesverfassungsgerichtsklage von Vätern nichtehelicher Kinder

Das größte Schicksal im Leben eines Menschen sind die Eltern. Ob sie sich lieben oder hassen, ob sie streiten, ihre Brut quälen, für den Ehekrieg missbrauchen oder ob sie sie achten und fördern, all das wird zum Päckchen fürs Leben des Kindes, nicht zu regeln, kaum zu lenken. Glück kann man haben mit den Eltern oder Unglück, und meistens liegt der Fall wohl irgendwo dazwischen.

Nun streiten Väter nichtehelich geborener Kinder vor dem Bundesverfassungsgericht. Wird ein Kind in einer Ehe geboren, gilt der Gatte automatisch als Erzeuger - bis zum Beweis des Gegenteils - und er hat gleichen Anteil am gemeinsamen Sorgerecht. Im Trennungsfall kann er drum kämpfen. Seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 gilt dieses Prinzip auch für Väter nichtehelich geborener Kinder, mit dem kleinen Unterschied: Die Eltern müssen die gemeinsame Sorge beantragen. Tun sie das nicht, liegt das Sorgerecht bei der Mutter. Das ist der schmerzliche Punkt, denn mann kann frau nicht zwingen, der gemeinsamen Sorge zuzustimmen.

Als "Väter zweiter Klasse" fühlen sich die nichtehelichen Erzeuger, und ihr Kampf hat auch etwas Sympathisches. Denn sie sägen an den Grundfesten der Einrichtung Ehe, die fraglos nur an bestimmte Väter ein Sorgerecht verteilt. Interessant ist aber der Wandel der Institutionen, zu dessen Agenten die Väter zweiter Klasse werden. Je mehr die Ehe zerfällt, desto wichtiger wird die Biologie. Oder andersherum: Wo es Methoden gibt, genetisch einwandfrei Vaterschaft nachzuweisen, wird eine alte Funktion der Ehe überflüssig, die da hieß, dem Patriarchen legitime Nachkommen zu sichern. Nun gilt also die Biologie. Der Bastard, Jahrhunderte lang als nicht erbberechtigt verstoßen, wird zum begehrten Gut; das bisschen Sperma zum bedeutsamen Indiz, zur Grundlage einer Pflicht und einer Aneignung.

"Im übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge" - das ist ein kleiner Freiraum an matriarchaler Verfügungsgewalt, den der Gesetzgeber den Frauen gab, nachdem er ihnen - in Westdeutschland bis nach 1989 - für "uneheliche" Kinder einen Vormund oder eine "Amtspflege" an die Seite gestellt hatte. Doch lange wird´s nicht währen. Es steht zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht das automatische Sorgerecht der unverheirateten Mutter in Einzelfällen abwandeln wird. Zum Wohle des Kindes? Die in den letzten Jahren mit ungeheurer Vehemenz propagierte Auffassung vom "Recht des Kindes" auf Umgang mit dem leiblichen Vater (oder der leiblichen Mutter), riecht zur Hälfte mindestens nach Ideologie. Als ob sich dahinter nicht auch eine Projektion verbergen würde und ein Machtanspruch. Liest man die oft vor gekränkter Eitelkeit triefenden Erfahrungsberichte der "Trennungsväter", ist klar, dass so manch sorgerechtseifriger Papi immer noch und mehr als knietief in unerquickliche Schlammschlachten mit Mutti verwickelt ist. Umgekehrt gilt vermutlich dasselbe. Kein Kind hat das Recht auf freie Elternwahl. Schade eigentlich.

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