Beim Geld abheben – erschossen?

Gastkommentar Die Commerzbank weiß, wie sie durch die Wirtschaftskrise kommen will: Sie setzt auf militärische Stärke. Die Idee kommt von einem engen Berater der Kanzlerin

Welche Freude: die in tiefroten Zahlen sitzende Commerzbank sagt für die Hauptversammlung an diesem Freitag ihren Aktionären eine rosige Zukunft voraus. Bis zum Jahr 2012 wird sie, das ist gewiss, wieder zwölf Prozent Rendite machen. Und im Privatkundengeschäft will sie Ackermann von der Deutschen Bank sogar mit 30 Prozent Rendite übertreffen.

Dafür danken wir Steuerzahler recht herzlich. 18,2 Milliarden Euro haben wir der gierigen Großbank unter der Peitsche des gegen nahezu jedermann strengen Finanzministers Steinbrück in den Schlund geschoben. Weitere Milliarden müssen folgen, wenn demnächst ihre hemmungslose Expansion nach Osteuropa unter der Krise zusammenbricht. Aber der Commerzbank kann nichts passieren. Sie ist die systemische Bank schlechthin. Sie ist das, was diesen Staat im Inneren zusammenhält: Sie ist die Militärbank der Bundesrepublik Deutschland.

Acht Wochen nach der öffentlichen Hauptversammlung findet vom 8. bis zum 10. Juli mehr im Verborgenen das wichtigere Ereignis statt: der Celler Trialog zwischen Wirtschaft, Banken und Bundeswehr. Ausgerichtet von der 1. Panzerdivision und unter Führung der Commerzbank treffen sich nun schon zum dritten Mal „hochkarätige“ Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Bundeswehr, um die bundesdeutsche Gesellschaft militärisch zu durchdringen.

Initiator des Ganzen ist der ehemalige Vorstandssprecher und nunmehrige Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, ein enger Ratgeber der Bundeskanzlerin. Er weiß, um was es geht: Die „Mannschaftsleistung der Bundeswehr” verdiene mehr Wertschätzung, mehr Unterstützung – ideell, „aber auch materiell!” Schließlich erfordere der Bau eines Autos heute allein 40 Rohstoffe. Und zu deren Sicherung weilt die Bundeswehr am Hindukusch.

Mit dem Celler Trialog wurde auch eine „Initiative zwecks Förderung der Reservisten in Industrie und Wirtschaft” zur „Intensivierung der zivil-militärischen Zusammenarbeit” gestartet. Was sich da alles tun lässt, das hat Klaus-Peter Müller – er ist selbst auch Oberstleutnant der Reserve und Träger der höchsten Auszeichnung („Ehrenkreuz in Gold“) – in einem vertraulichen Briefing für Generale und Offiziere der Bundeswehr vor der Führungsakademie der Bundeswehr erläutert.

Das war noch vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Doch der enge Vertraute von Angela Merkel kann für sich das Verdienst in Anspruch nehmen, erkannt zu haben, wie „besorgniserregend“ schon im Januar 2007 das „Wohl und Wehe der Vereinigten Staaten von der Bereitschaft weltweiter, vor allem asiatischer Investoren abhängt, ihr Geld in den USA anzulegen“. Jetzt ist die Krise da, und die Chinesen wollen sich inzwischen von der Leitwährung Dollar verabschieden.

Müller regte damals vor der Führungsakademie Vorkehrungen gegen soziale Unruhen an, er warb für eine noch engere Zusammenarbeit in Zeiten, in denen die „Funktionsfähigkeit des Finanzsystems“ bedroht ist. Der Ehrenkreuzträger vor den Generalen der Führungsakademie seinerzeit ahnungsvoll: „Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Run auf die Bankschalter und zum Zusammenbruch der gesamten Geld- und Währungsordnung.“

Dafür hat der Reserve-Oberstleutnant an der Spitze der Commerzbank vorgesorgt: „Im Rahmen der militärisch-zivilen Zusammenarbeit ist einer unserer Mitarbeiter im Range eines Majors d. R. einer von drei Offizieren des Kreis-Verbindungskommandos Frankfurt, das bei Krisen die Unterstützung der Bundeswehr für die Stadt Frankfurt koordiniert.“

So zahlen wir mit unseren 18,2 Milliarden auch dafür, dass wir von der Bundeswehr erschossen werden, wenn wir im Fall der verschärften Krise zum Bankschalter rennen, um das Geld abzuheben, das wir einmal bei der Commerzbank eingezahlt haben – leichtsinnigerweise.

Otto Köhler, Jahrgang 1935, war Kolumnist beim Spiegel und Redakteur bei Konkret. Er arbeitete für den WDR und die Zeit und ist langjähriger Autor des Freitag

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