Susan Sontag: Beobachterin der Gewalt

Biografie Benjamin Moser hat Susan Sontag ausgelotet. In der Ära Trump fehlt sie mehr denn je
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 46/2019
Rechts, das ist Echnaton
Rechts, das ist Echnaton

Foto: Leemage/Imago Images

Die Religion ist nach dem Sexuellen vermutlich das zweitälteste Mittel zur Erzeugung der Ekstase“ – das schrieb 1967 die damals 34-jährige Susan Sontag aus New York. Drei Jahre vorher hatte sie im Essay Gegen Interpretation erklärt: „Statt einer Hermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst.“ Es ist ihr berühmtestes und schillerndstes Zitat. Statt einer Methode des Verstehens der Welt und ihrer Zeichen und Texte forderte sie eine Liebeskunst. Was ist darunter zu verstehen? Sagen wir so: ein auf Befriedigung zielendes Wahr-Reden und vor allem Wahr-Leben (wie immer das zu erreichen sei).

Ist Susan Sontag selbst diesem Anspruch nahegekommen? In ihren Arbeiten, in ihrem Leben? Ihr Leben: Heute wissen viele nicht, wer Susan Sontag war. Aber zu sagen,