Der alte und der neue Exportweltmeister hofieren einander. Man braucht sich, man kennt sich. Und von Dumping verstehen deutsche Firmen mindestens ebenso viel wie chinesische. Der drohende Handelskrieg zwischen China und der EU wegen allzu wohlfeiler Solarmodule aus dem Reich der Mitte fällt auch deshalb aus. Weder Peking noch Berlin wollen ihn. Ab 6. Juni – so hat EU-Handelskommissar Karel De Gucht angekündigt – wolle er einen Strafzoll von 47 Prozent für Solar-Anlagen aus Fernost verhängen. Vorläufig! Um ernst zu machen, braucht er das Plazet einer Mehrheit der EU-Länder. Doch von denen sind die meisten dagegen, mit Kanzlerin Merkel an der Spitze.
Nach über 30 Firmenpleiten seit 2011 allein in Deutschland hat der Lobbyverband EU ProSun in Brüssel gegen unerlaubte Exportsubventionen des chinesischen Staates geklagt. Seit 2008 haben Solarfirmen aus der Volksrepublik mit Vorliebe nach Deutschland exportiert. Nirgendwo waren die Förderungen für Solarstromerzeuger günstiger, so dass vier Fünftel der neu installierten Module inzwischen aus China stammen. Nur ist die Sache nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick scheint: 90 Prozent aller Anlagen zur Produktion dieser importierten Module und gut 90 Prozent der benötigten Rohstoffe kommen aus Deutschland. Wie viel Steuer-, Lohn- und Subventionsdumping steckt da wohl drin?
Vier Wochen vor der Wahl?
Die deutsche und chinesische Solarindustrie sind so eng verflochten, dass ein Zollkrieg etwa 500.000 chinesische und über 200.000 deutsche Jobs in Gefahr bringt. Will Angela Merkel da Strafzölle verantworten? Keine vier Monate vor der Bundestagswahl?
Deutschland und China bestreiten mit einem Geschäftsvolumen von 144 Milliarden Euro mehr als ein Drittel des gesamten Warenaustauschs, den die EU derzeit pro Jahr mit Peking abwickelt. Nur dank des boomenden China-Handels hat die deutsche Exportmaschine das durch Austeritätspolitik ausgelöste Schrumpfen der Absatzmärkte in Europa relativ unbeschadet überstanden. Folglich agiert die Bundesregierung ungeniert als Gesamtkapitalist der eigenen Exportindustrie. Dagegen haben Brancheninteressen keine Chance.
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