Breel Embolo ist ein bekannter Fußballspieler. Der Stürmer wurde als größtes Talent der Schweiz gepriesen, Schalke 04 gab viel Geld für ihn aus, mittlerweile dient Embolo der sportlich höherwertigen Borussia aus Mönchengladbach. Vor gut einer Woche hat er sich einen Namen über die Blase seines Sports hinaus gemacht. Weil er an einem Abend gleich mehrere Corona-Regeln brach: nach 21 Uhr unterwegs gewesen, mutmaßlich an einer Party mit diversen Damen teilgenommen, über die man sagte, sie seien leicht bekleidet gewesen (und damit ist nicht der Mund-Nasen-Schutz gemeint), schließlich bei Eintreffen der Polizei übers Dach in eine fremde Wohnung geflüchtet und so getan, als wäre es die eigene. Sogar in einer Badewanne soll Breel Embolo sich versteckt haben. Jedenfalls genug an kuriosem Verhalten, um bei der Bild-Zeitung groß rauszukommen.
Storys über Exzesse von Sportstars verkaufen sich immer gut. Doch sind sie wirklich so erstaunlich? Am leistungsfähigsten ist ein Sportler – vor allem in Sportarten, in denen es auf Schnelligkeit ankommt – zwischen 20 und 30 Jahren. Das ist allerdings auch genau das Alter, in dem der Mensch sich am intensivsten ausleben will und der Körper noch die Reserven dafür bietet, am Montagmorgen die Geschehnisse des Wochenendes zu überspielen. Mancher Athlet, der zu viel feiert, macht dann vielleicht nicht die ganz große Karriere, die für ihn in den Wunschvorstellungen seiner Fans vorgesehen war.
Die leistungsförderndste Kombination wäre der talentierte Sportler Anfang 20 mit der Mentalität eines Sportlers aus den Seniorenklassen. Es gibt – von einer breiten Öffentlichkeit unbemerkt – jede Menge Weltcup-Wettbewerbe für Leichtathleten und Skifahrer etwa, die mit 25 fernab der Qualifikation für einen Nationalmannschaftskader waren und in einem Bürojob eine Bürofigur annahmen, sich aber mit 55 zu den weltbesten Dreispringern oder Riesenslalom-Spezialisten zählen dürfen.
Ein Profi, der davon leben könnte, ist bei den „Masters“, wie sie sich nennen, keiner – aber sie leben wie Profis. Sie kämen nicht auf die Idee, über Dächer zu flüchten, weil das nicht in den Trainingsplan passen würde. Sie kämpfen um jede Zehntelsekunde und jeden Zentimeter – die sie nicht nachlassen in ihren Leistungen. Denn von Altersklasse zu Altersklasse wird das Leistungsvermögen geringer, so sieht es die Natur nun einmal vor.
Für den noch aktiven Fußballer, den bewunderten Star in der Blüte seiner Jahre, der jeden Samstag in eine Kamera hinein versichert, „dass wir unheimlich hart arbeiten“, gilt: bloß nicht erwischen lassen beim Leben nach der harten Arbeit. Und die kleinen Schurkereien, die man begangen hat, im Kopf abspeichern – bis irgendwann, weit nach der großen Karriere, das Fußballkulturmagazin 11Freunde anruft und ein Interview für die Kategorie „Der Fußball, mein Leben und ich“ erbittet. Dann kann man alles rauslassen. Längst verjährt und freigegeben zur Verklärung.
Wir können uns schon darauf einstellen: In 20 Jahren, wenn keiner der heutigen Stars mehr am Ball und das Corona-Jahr eine hoffentlich längst verblassende Erinnerung sein wird, bekommen wir dann zu hören, wie sich damals, 2020/21, doch nicht alle so an ihre Quarantänen gehalten haben, auf geheimen Partys oder beim Friseur ihres Vertrauens gewesen sind. Wahrscheinlich gibt es sogar noch Spektakuläreres als eine Verfolgungsjagd über die Dächer von Essen-Heisingen.
Wir erinnern uns dann lächelnd: 1974 zum Beispiel gab es Spieler, die aus dem berüchtigten WM-Trainingslager in Malente ausgebüxt sind. Fußballer sind ja immer zwischen 20 und 30.
Kommentare 9
Na ja, natürlich kann man für diese jungen Leute Verständnis haben. Der Wunsch "zu leben" ist groß. Trotzdem sind sie als Prominente und Profis sowohl Vorbilder als auch in einen strikten Hygieneplan eingebunden.
Ein einzelner Bruch der Coronaregeln kann seinen Arbeitgeber ggf. Hunderttausende an Einnahmen kosten. Häufen sich durch solche "Lausbubenstreiche" die Infektionen in der Bundesliga, kann das auch zur Schließung des gesamten Spielbetriebs kommen. Die Jungs werden sehr gut bezahlt, da kann man schon etwas Disziplin verlangen. Mein Sohn ist 19 und noch Schüler. Ich finde es bewunderswert, wie konsequent er sich an die Pandemieregeln hält. Tut mir schon in der Seele weh, zu sehen, wie die Jugend sich zur Zeit einschränken muss.
Also, mit gewissen Verständnis darauf reagieren ja aber das einfach, wie im Artikel, als nachvollziebares "Kavaliersdelikt" abzutun, halte ich für nicht angemessen. Das ist auch nicht fair gegenüber den anderen, die sich solidarisch an die Regeln halten.
Ja, ich bin voll des Mitgefühls. Man wird doch wohl mal mit dem Arsch das Haus einreißen dürfen, mit dem man selbst und andere ein Schweinegeld verdienen.
In was für einer gefühllosen Welt LEBEN wir eigentlich?! :))
Ach ja, - die fussbalprofiteure sind harmlos, die wollen doch auch nur leben.
Das sollen und können fussballprofieure ja auch; sie verdienen in einer woche, was manche/r ine einem jahr und in einem jahr, was manche/r nicht in seinem/ihrem ganzen erwerbsleben verdient.
Da können sie es sich die herren eigentlich leisten, mal ein jahr c-pause zu machen und einfach nur zu leben, mit damen und ohne Hartz-IV anmelden zu müssen!
Und warum machen sie es dann nicht? Warum spielt die profit-liga weiter während die niedriglohnjobs in gastronomie und im dienstleistungsgewerbe verboten werden?
Lasst die miliionäre leben, aber ohne zu spielen und auf eigene kosten - bis die c-seuche vorbei ist. Bundesligen braucht niemand, den/die friseur*in schon!
Zitat: "Bundesligen braucht niemand, den/die friseur*in schon!"
Das halte ich für unsinnig. Gerade im Lockdown brauchen wir Unterhaltung. Sport gehört für viele dazu.
"In 20 Jahren, wenn keiner der heutigen Stars mehr am Ball und das Corona-Jahr eine hoffentlich längst verblassende Erinnerung sein wird,..."
Genau, an das/die Corona-Jahr(e) wird sich niemand mehr erinnern. So wie z.B. an die Jahre 1933, 1939-45, 1968, 1989/90. Und unsere geliebte, perfekte Normalität wird längst wieder herrschen. Was für ein Schwachsinn - den Schuss immer noch nicht gehört.
Das Thema des Artikels finde ich wenig interessant.
Ok, wenn sie die geister-bundesliga "sport" nennen, dann kaufen Sie sich doch ein computerspiel. Dann können wir inzwischen auf den teuren und widersinnigen "live-sport" als TV-annimation verzichten.
Oder, wenn alle anderen kultuschaffenden eingesperrt werden, warum dann nicht die überflüssigsten von allen kulturschaffenden - die profifussballer?
Erstaunlich mit welcher Intoleranz und Ich-Bezogenheit Sie hier unterwegs sind. Und klar, wenn einer etwas nicht darf, muss man es anderen natürlich auch verbieten.
Ok, soweit Ihre meinung. Aber worum geht es Ihnen wirklich; worauf wollen Sie hinaus?
Worauf ich hinaus will? Ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass Unterhaltung im Lockdown ein wichtiger Faktor ist. Und dabei spielt es m.E. keine Rolle ob die von Kunstschaffenden oder Profikickern ausgeübt wird. Wenn es epidemiologisch vertretbar ist und es Menschen gibt, die sich dfür interessieren sollte man es ermöglichen.
Herr Embolo hat seiner Branche durch sein Verhalten keinen Gefallen getan.