Brisanter Handel mit persönlichen Daten

Im Gespräch Der FDP-Innenexperte und Vizevorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Max Stadler, über die geheimdienstliche Amtshilfe bei den Ermittlungen in der Steuer-Affäre

FREITAG: In Berlin wird über die Rolle des BND bei der Aufdeckung der Steuerhinterziehung in Liechtenstein gestritten. Hat Sie überrascht, dass der entscheidende Tipp vom deutschen Auslandsgeheimdienst kam?
MAX STADLER: Es hat mich überrascht, dass der Bundesnachrichtendienst überhaupt an der Aufklärung von Steuerdelikten mitwirkt. Diese müssen selbstverständlich ermittelt und bestraft werden - das ist aber nicht die Sache des BND, sondern die der Steuerfahndung und der Gerichte. Es zeigt sich wieder einmal, dass der Bundestag die Einsatzgrenzen des Nachrichtendienstes präziser definieren muss.

Offenbar war die Pullacher Behörde schon seit Jahren in Liechtenstein aktiv und soll dort Banken ausspioniert haben - was vom gesetzlichen Auftrag des BND nicht gedeckt ist. Wird hier der Rechtsbruch Steuerhinterziehung mittels eines anderen Rechtsbruches aufgeklärt?
Das würde ich nicht sagen. Man muss unterscheiden: Der BND hat die Aufgabe, im Ausland Informationen zu sammeln, die für die Sicherheit der Bundesrepublik von Bedeutung sind. Im aktuellen Fall sind dem Bundesnachrichtendienst Daten zugekommen, die er dann der Steuerfahndung weitergereicht hat. Eine solche Amtshilfe ist zwar sehr umstritten, ich halte sie im konkreten Fall aber für zulässig. Der BND konnte ja nicht die Augen verschließen, bloß weil Steuerdelikte nicht in seinen Auftrag fallen. Zu Recht war es dann die Steuerfahndung, die die weiteren Ermittlung geführt hat.

Hat die Bundesregierung das parlamentarische Kontrollgremium rechtzeitig informiert?
Nein, es war eindeutig ein Versäumnis der Bundesregierung, erst jetzt über die Mithilfe des BND in der Steuer-Affäre zu informieren. Ich verstehe ja, dass man laufende Ermittlungen nicht durch öffentliche Erklärungen gefährden will. Aber im parlamentarischen Kontrollgremium, welches geheim tagt, hätte der Einsatz des Nachrichtendienstes bei einem solch bedeutsamen Vorgang längst ein Thema sein müssen. Das sehen selbst Abgeordnete der Koalitionsparteien so. Deshalb werden wir uns in dem Gremium weiter um Aufklärung bemühen, bei der nächsten Sitzung in der kommenden Woche, am 5. März, steht das Thema wieder auf der Tagesordnung.

Im Kontrollgremium des Bundestags sitzen die drei Oppositionsparteien einer übergroßen Koalitionsmehrheit gegenüber. Kann man da überhaupt noch von einer parlamentarischen Aufsicht über die Geheimdienste sprechen?
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist sehr wichtig und seine Einrichtung war damals auch ein gewaltiger Fortschritt. Aber es zeigt sich immer mehr, dass die Befugnisse dringend ausgebaut werden müssen, die Kontrolle des BND muss viel effizienter werden. Die FDP hat deshalb schon vor einem Jahr einen Gesetzentwurf eingebracht - wir hoffen, dass der Reformbedarf endlich auch von der großen Koalition eingesehen wird.

Nicht nur von Anwälten ist bereits zu hören, die über den BND an die Steuerfahndung gelangten Informationen könnten nicht vor Gericht verwendet werden, da es sich um Hehlerware handelt.
Damit werden sich die Gerichte befassen. Unabhängig von der Frage, wie Bankdaten auf diese ominöse CD-Rom gelangt sind und ob diese nun verwertet werden dürfen, sind nach deutschem Recht die später etwa durch Hausdurchsuchungen gewonnenen Beweismittel verwertbar, so dass es wohl zu Verurteilungen kommen wird. Trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl, wenn der Staat an Zeugen für Informationen hohe Geldsummen zahlt. Das darf nur in äußersten Ausnahmefällen geschehen. Andernfalls könnte es Nachahmer geben, einen regelrechten Handel mit juristisch brisanten, persönlichen Daten - und dann sehe ich für den Datenschutz schwarz.

Angeblich hat der BND bis zu fünf Millionen Euro für die CD-Rom gezahlt. Es wird also Steuergeld ausgegeben, um Steuerhinterziehung zu verfolgen. Müsste sich die Bundesregierung nicht eher darum bemühen, Schlupflöcher per Gesetz zu schließen, die Kontrollen zu verschärfen - also präventiv tätig werden?
Dass man Geld im Ausland anlegt, ist ja nicht strafbar. Wohl aber muss geahndet werden, wenn Erträge nicht versteuert werden. Steuerschlupflöcher werden geschlossen, wenn es mit den betreffenden Staaten Rechtshilfeabkommen gibt. Dafür muss auch im Fall Liechtenstein endlich Sorge getragen werden.

Das Gespräch führte Tom Strohschneider

EU-Recht und Steuerflucht

Obwohl es immer wieder entsprechende Ansätze gab, konnte sich die EU bisher nicht auf eine durchgehende Harmonisierung des Steuerrechts einigen - das gilt besonders für die Besteuerung und die Melderegeln für Geld, das von Bürgern eines EU-Landes jenseits der Grenzen ihres Heimatstaates angelegt oder "geparkt" wird. Belgien, Spanien, Luxemburg und Österreich weigern sich, trotz einer seit 2005 vereinbarten Steuerleitlinie der EU-Kommission ihr Bankgeheimnis preiszugeben. Sie haben sich allein damit einverstanden erklärt, auf die bei ihnen aus anderen EU-Staaten angelegten Vermögen eine Quellensteuer zu erheben, ohne dass dabei die Namen der Anleger bekannt gegeben oder den Behörden anderer Länder zugänglich gemacht werden. Ab 1. Juli 2008 wird diese Steuer auf 20 Prozent des angelegten Kapitals steigen (bisher waren es 15 Prozent), während ab 1. Juli 2011 eine Höhe von 35 Prozent angestrebt wird, um die Attraktivität eines derartigen Geldtransfers spürbar zu vermindern. Allerdings wird eine derartige Regelung nach dem Einspruch von Irland und Großbritannien bis auf weiteres nur für Privatpersonen gelten, nicht für Unternehmen, Banken und Stiftungen.

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