Brutalst möglicher Heimkehrer

Lobbyist Der deutsch-kanadische Waffenhändler Karlheinz Schreiber ist zurück in Deutschland und die einstige Spendenaffäre von CDU/CSU wieder für Schlagzeilen gut

Er hat seinen zehnjährigen zähen Kampf gegen die Auslieferung endgültig verloren – der Lobbyist Karlheinz Schreiber setzte sich 1995 in die Schweiz und 1999 nach Kanada ab, da er von deutschen Behörden wegen Betrug, Steuerhinterziehung und Bestechung verfolgt wurde. Nun also wird die "Akte Schreiber" in ihrer ganzen Umfänglichkeit wieder geöffnet und den Blick auf eine blühende CDU-CSU-Spendensumpflandschaft der neunziger Jahre lenken. Seinerzeit steckten jede Menge christliche Sauber- und Ehrenmänner bis zu den Knien im Dreck.

Schreiber, gelernter Teppichhändler, sattelte nach seinem CSU-Beitritt und der Bekanntschaft mit Franz-Josef Strauß auf Waffenhandel um. Er war Direktor der Firma FMS, die der Familie Strauß gehörte, kümmerte sich um die Beziehungen des Waffenherstellers Thyssen zur bayerischen Staatskanzlei und unterhielt gute Kontakte zum BND.

Helmut Kohl ohne Geburtstagsfeier

Das Publikum erhaschte im November 1999 einen ersten Blick auf den christdemokratischen Spendensumpf. Der damalige Bundesschatzmeister Walther Leisler Kiep wurde der Steuerhinterziehung verdächtigt und stellte sich der Staatsanwaltschaft. Kiep, der Anwalt Horst Weyrauch und der CDU-Funktionär Uwe Lüthje hatten eine Provisionszahlung der Firma Thyssen unter sich aufgeteilt und in die Schweiz verschoben. Im gleichen Monat musste der CDU-Ehrenvorsitzende Helmut Kohl die Existenz "schwarzer Kassen" einräumen. Weitere Ermittlungen ergaben, dass die CDU zwischen 1983 und 1999 des öfteren Millionen schwere Spenden in die Gelddepots des "Systems Kohl" fließen ließ. Die größte Zuwendung (von 5,9 Millionen DM) stammte vom Unternehmer Karl Ehlerding, der zufällig auch den Auftrag erhielt, 110.000 Eisenbahnerwohnungen zu bauen beziehungsweise zu sanieren.

Wolfgang Schäuble – 1999 CDU-Vorsitzender – musste zugeben, dass er 1994 Besuch von Schreiber bekommen und einen "ungeöffneten Umschlag" erhalten hatte, den er an die Schatzmeisterin Brigitte Baumeister weiterreichte. Die bestritt das nachdrücklich und öffentlich, was dazu führte, dass Schäuble den Parteivorsitz abgeben musste. Frau Baumeister spielt – im Gegensatz zu Schäuble – in der CDU seither keine Rolle mehr. Schreiber zeigte Schäuble wegen Meineid an, aber das Verfahren versandete. Besonders prächtig blühte die CDU-Spendenlandschaft in Hessen. Manfred Kanther – der ehemalige Bundesinnenminister und CDU-Kassenwart in diesem Bundesland – gab zu, dass er vier Millionen Euro ins Ausland verschob und als "jüdische Vermächtnisse" reimportierte. In der Hauptrolle trat daraufhin Ministerpräsident Roland Koch als "brutalst-möglicher" Aufklärer auf, und der
CDU-Ehrenvorsitzende Helmut Kohl erinnerte sich schließlich an 2,1 Millionen DM illegale Spenden, weigerte sich aber unter Berufung auf sein "Ehrenwort", die Spendernamen zu nennen. Alles andere hatte er "vergessen", wie er dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss (1999-2002) mitteilte. Das Amt des Ehrenvorsitzenden behielt Kohl, aber die Feiern zu seinem 70. Geburtstag wurden abgesagt.

Max Strauß ohne Festplatte

Bunt ging es auch sonst zu. Der Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls tauchte für fünf Jahre unter und kam nach einem Geständnis mit zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis davon. In der bayerischen Staatsanwaltschaft ging die Festplatte aus dem Computer von Max Strauß unversehens verloren. Der ermittelnde Augsburger Staatsanwalt Jörg Hillinger wurde von oben gebremst und starb ganz plötzlich bei einem Autounfall. Die hinterlassenen Akten wurden frisiert.

Aus diesem ganze Sumpf stieg eine auf, die von Schreiber nichts zu befürchten hatte und hat: Angela Merkel. Das belastete CDU-Personal ist vielfach in die Bedeutungslosigkeit versunken und die bayerische CSU mit der Justiz so gut vernetzt, so dass kaum anzunehmen ist, die "Akte Schreiber" könnte im Wahlkampf eine Rolle spielen. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass sie ziemlich bald und ziemlich geräuschlos geschlossen wird.

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