Burundi ist arm und klimafreundlich

Unstrittig Afrika gehört jetzt schon zu den klaren Verlierern der globalen Erwärmung

Bisher ist das Ausmaß der Schäden in den von der Flut betroffenen 18 Staaten noch nicht einmal ansatzweise absehbar. In den Hochwassergebieten wächst die Furcht, die landwirtschaftlichen Schäden könnten über einen langen Zeitraum nicht zu beheben sein. Hunderttausende Bauern haben eine ganze Ernte und oft mehr als das verloren, weil eine Neuaussaat auf den überschwemmten Feldern unmöglich ist. Ein Ende der Regenfälle ist sowenig abzusehen wie ein Ende des Bedarfs an Nahrungshilfe von außen. UN-Helfer fürchten, das Hochwasser könnte in einigen Regionen fruchtbaren Ackerboden unwiederbringlich weggerissen haben.

Ob das Hochwasser eine direkte Folge des Klimawandels ist, will niemand beschwören. Schließlich ist die Sahelzone mit ihren Extremen - den Wüstengebieten der Savanne im Norden und den Regenwäldern der Feuchtsavanne im Süden - traditionell außergewöhnlichen Wetterlagen ausgesetzt - meist verheerenden Dürren, seltener Fluten.

Um so mehr hat der im Frühjahr vorgelegte zweite Bericht des Klimarats der Vereinten Nationen (IPCC) keinen Zweifel gelassen: Afrika gehört schon jetzt zu den Hauptverlierern des Klimawandels. Extreme meteorologische Verhältnisse wie lange Trockenperioden seien weniger denn je auszuschließen.

Und so müssen Teile Afrikas derzeit im Übermaß ertragen, woran es ihnen künftig mehr und mehr mangeln wird: Wasser. Bis zu 250 Millionen Menschen werden im nächsten Jahrzehnt unter Wassermangel leiden, so die Prognose des IPCC, die zugleich einen Trend bestätigt: Den ärmsten und verwundbarsten Teil der Menschheit trifft der Klimawandel zuerst. Besonders in Afrika, denn fast zwei Drittel der Bevölkerung leben dort auf dem Land und von der Landwirtschaft.

Der erwähnte IPCC-Report enthält eine weitere düstere Prognose: Die agrarisch nutzbaren Flächen, vorzugsweise am Rande der ariden und semiariden Zonen, werden abnehmen, so dass eine Zunahme von Unterernährung und Hunger unvermeidbar ist. Schon heute sind auf dem afrikanischen Kontinent 46 Prozent der Landfläche von Wüstenbildung betroffen. Dabei geht es um Regionen, in denen 485 Millionen Menschen leben - mehr als die Hälfte der über 800 Millionen Afrikaner.

Beispiel Burundi - darüber zu schreiben, bedeutet, sich mit dem klimafreundlichsten Land der Erde zu beschäftigen. Gerade einmal 400 Kilogramm Kohlendioxid emittieren die sieben Millionen Einwohner jährlich pro Kopf - aus Armut, nicht aus ökologischer Überzeugung. Der Deutsche schafft im Schnitt locker das Dreißigfache - 12. 700 Kilogramm. Auch wenn die Wassermassen derzeit andere Staaten weitaus stärker als Burundi heimsuchen, die Folgen des Klimawechsels lassen sich hier in exemplarischer Weise erfahren. Die sechs wärmsten Jahre für das Land seit Beginn einer regelmäßigen Temperatur- und Klimaaufzeichnung gab es ausnahmslos nach 1987. Derartige Zäsuren untergraben nicht nur die Nahrungsmittelproduktion. Das große Millenniumsziel, die Armut bis 2015 weltweit spürbar zu vermindern, gerät dadurch immer mehr in Gefahr. Staaten wie Burundi sollten bis 2015 aus eigenem Vermögen und dank der Hilfe von außen ein Einkommen pro Kopf und Jahr von 900 Dollar ansteuern und dem sämtliches ökonomisches Handeln unterordnen - vom Ausbau der Infrastruktur bis zur Belebung der Kaufkraft. Inzwischen weiß man, nicht nur Burundi, auch Angola, Malawi, Mali und Burkina Faso werden mindestens bis 2050 brauchen, um auch nur in die Nähe dieser 900-Dollar-Quote zu kommen.

An Appellen umzusteuern und das als globale Herausforderung zu betrachten, hat es nicht gefehlt - man denke nur an die Umweltgipfel der Vereinten Nationen in Rio 1992 und Johannesburg 2002. Die Tendenz blieb indes ungebrochen: Der Klimawandel schreitet voran - der Politikwandel steht aus.


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