Bushido und die Angst vor dem Fremden

Wunschkonzert Nachdem Bushido seit zehn Jahren über seine Kontakte zum Milieu rappt, haben Stern und Spiegel-online es nun auch bemerkt. Boah! Ein Kommentar von Maxim Drüner von K.I.Z.
Ausgabe 17/2013
Bushido und  die Angst vor dem Fremden

Foto: patrik Stollarz/ AFP/ Getty Images

Obwohl der Berliner Rapper Bushido artig die Sprache der Meinungshaber der Nation gelernt hat und in Talkshows den Vorzeigeausnahmeausländer darstellen durfte, wird wieder und wieder gefragt, ob er dessen überhaupt würdig sei. Dieser in Deutschland geborene, von seiner deutschen Mutter groß gezogene, besser als Stoiber deutschsprechende, sich auf Partys mit urdeutschen Gestalten wie Horst „Die Integrationsverweigerer müssen wir härter anpacken“ Seehofer ablichten lassende Mann muss sich immer noch auf sein wahres Deutschsein abtasten lassen.

Das ist die rassistische und gemeine Logik der Integrationsfrage: Der „Migrant“ kann den Beweis seiner Vollintegriertheit niemals erbringen und wenn doch, dann will er uns wohl „verarschen“ (taz). Aber die Integrationsfrage kann nur gelöst werden, indem man sie nicht mehr stellt — so wie man einen Sarrazin oder Buschkowsky, trotz ihrer offensichtlich undeutschen Familiennamen, nicht mehr auf ihre Vaterlandsliebe hin abcheckt. Dennoch hat sich Herr Ferchichi, so heißt Bushido nach seinem tunesischen Vater, diesen Integrationsbambi und den damit verbundenen Status voll und ganz verdient. Er hat es geschafft, vom Bordstein zur Skyline, ist der lebende Beweis, dass es in Deutschland jeder schaffen kann und deswegen jeder, der es nicht schafft, mehr oder weniger selber Schuld ist. Dass so etwas eine tolle Message sein soll, ist Allgemeingut, nicht nur bei Deutschland sucht den Superstar. An der Message wird auch nicht rumgedeutelt, wenn bei Bushido jetzt „Mafiakontakte“ entdeckt werden, nur wird bezweifelt, ob er der Richtige sei, sie rüberzubringen.

Die diversen „Enthüllungsartikel“ beweisen nicht mehr, als schon vor der Recherche feststand: Der hängt mit Kriminellen ab! Nachdem Bushido jetzt seit zehn Jahren darüber rappt, haben Stern und Spiegel-online es nun auch bemerkt. Boah! Und gefährlich war das ganze Rumgeschnüffel auch noch, ja was würden wir nur ohne unsere Helden der Pressefreiheit und ihre gutbezahlte Meinung über das Privatleben von Promis tun? Dass in diesem Land, dem Vize-Exportweltmeister, Leute kriminell sind, einer Beschäftigung nachgehen, die offensichtlich eine sehr ungemütliche ist, die man sich nicht einfach so aussucht, solange man was Netteres findet, diese Tatsache interessiert nicht. Viel interessanter ist doch, was diese Kriminellen da eigentlich tun und warum? Aber das wäre ja Politik. Fest steht nur: Das sind dunkle Machenschaften, die gehören nicht auf den roten Teppich! Denn diese Gesellschaft darf zwar gerne ihre Außenseiter haben, braucht sie wohl auch, sie sollten dann aber bitte schön wissen, wo ihr Platz ist. Und nun zeigt man sich schockiert, wie sich der Staat auf der Nase rumtanzen lässt; in dem Gerichtsflurvideo, in welchem die SpiegelTV-Leute von Bushidos Freunden eingeschüchtert werden (aber dann doch nicht so sehr, dass man es nicht ins Internet gestellt hätte), bemängelt die Off-Stimme: „Das Hausrecht scheint an den arabischen Klan übergegangen zu sein“.

Der deutsche Staat hat Angst vor den Fremden, der rasende Reporter wünscht sich das Verhältnis andersherum. Die Wunschliste der deutschen Presse: saubere Promis als Fürsprecher eines sauberen Deutschlands und ein starker Staat als Türsteher.

Maxim Drüner ist in Berlin-Kreuzberg geboren. Er rappt bei K.I.Z. und war 2011 Kandidat für Die Partei


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