Clash

Linksbündig Krise ohne Ende beim Goethe-Institut

Seit langem ist vom Goethe-Institut nichts Erfreuliches mehr zu hören. Es mögen Besucher in aller Welt ihre wunderbaren Erfahrungen mit den Kulturinstituten preisen, hierzulande bleibt das Bild einer Dauerkrise.

Schuld an der Misere ist in erster Linie nicht die Leitung des Instituts in München, sondern die Politik. Den hochfliegenden Funktionen, die sie der Auswärtigen Kulturpolitik unverdrossen zuschreibt - unter Konfliktprävention und Friedenssicherung tut man es im zuständigen Auswärtigen Amt seit den siebziger Jahren nicht - steht eine geradezu erbärmliche finanzielle Ausstattung gegenüber. Und Besserung ist nicht in Sicht. Ein Hohn, wenn man gleichzeitig von der Auswärtigen Kulturpolitik in Zeiten globaler und regionaler Krisen erwartet, einem befürchteten "Clash of Civilizations" entgegenzuwirken.

Es geht um lächerlich geringe Summen, wenn man sie vergleicht, mit dem, was Bauern und andere Interessengruppen lautstark fordern und oft bekommen. Wenigstens etwas von deren Aggressivität wünscht man sich vom Goethe-Institut. Dessen Präsidentin Jutta Limbach mag hinter den Kulissen unermüdlich für eine angemessene Finanzierung streiten, nach außen wirken sie und ihre Mitstreiter allzu bescheiden, so als ob sie in vorauseilendem Gehorsam das Nein auf ihre Forderungen schon vorwegnehmen.

Es ist jedenfalls eine Schande, dass ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland nicht imstande oder willens ist, Summen, die der ehemalige Bahnchef Heinz Dürr bei einer Anhörung kürzlich als "weniger als Peanuts" bezeichnete, für die Auswärtige Kulturpolitik aufzubringen.

Die Antwort des Goethe-Instituts auf die neuen Herausforderungen und die finanzielle Krise lässt allerdings ebenfalls viel zu wünschen übrig. Nicht, dass man über seine geographischen Schwerpunkte und adäquate Präsenzformen nachdenkt, wie Jutta Limbach es formuliert, lässt die Alarmglocken schrillen. Das ist angesichts einer sich dramatisch verändernden Welt selbstverständlich. Kurzsichtig, um es höflich auszudrücken, ist, dass man sich darauf einlässt, die notwendige Ausweitung des Goethe-Netzes in Asien und im Nahen Osten gegen die starke Präsenz in Europa auszuspielen. Es ist ein Armutszeugnis, dass man in Europa das Engagement zurückschrauben will, damit man in Indien, China oder Saudi - Arabien neue Zweigstellen errichten kann.

Auf den ersten Blick klingt es natürlich wie ausufernder Eurozentrismus, wenn man die sieben Goethe-Institute in Italien den eineinhalb in China gegenüberstellt. Ein Grund dafür ist indessen neben der deutschen Interessenlage dass die Goethe-Institute in Italien willkommen waren und in der Volksrepublik lange Zeit nicht. Den Kritikern der Verlagerung vorzuwerfen, sie hielten wohl Europa für den Nabel der Welt, zeugt von erschreckend geringem Verständnis für das, was Europa für uns bedeutet und ist eher billig als intelligent.

Natürlich müssen die aufstrebenden Staaten außerhalb Europas ins Blickfeld, aber auf dem alten Kontinent ist die Arbeit keineswegs getan. Die europäische Integration ist kein Selbstläufer, wie die nationalistischen Ausbrüche in Polen ebenso zeigen wie der Umstand, dass in Großbritannien Deutschland immer noch als erstes die Assoziation Hitler, Hakenkreuz und Stechschritt weckt.

Auch die Überlegung, verstärkt auf Projekte und ambulante Kulturmanager statt auf fest verankerte Institute mit Bibliothek und Veranstaltungsräumen zu setzen, kann nicht überzeugen. Die nachhaltige Präsenz, die allein Vertrauen schaffen kann, ist auch künftig unverzichtbar. Gerade wer, wie jüngst der Generalsekretär, das Goethe-Institut als Exzellenzinstrument der Friedenspolitik bezeichnet, müsste doch auf das langfristig angelegte Knüpfen von Netzwerken setzen. Nur dann ist es im Glücksfall möglich, auf dem neutralen Boden eines Goethe-Instituts verfeindete Gruppen zu friedlichem Gespräch zu versammeln.

Das Goethe-Institut scheint um wenig bedeutender Einsparungen willen bereit, lange gewachsene Strukturen aufzugeben. Skandinavien ist dafür ein trauriges Beispiel. Während man verzweifelt versucht, den Vorgaben einer verfehlten und kurzsichtigen Politik zu folgen, kommt die überfällige Diskussion über eine neue inhaltliche Kursbestimmung zu kurz. Dazu gehört übrigens auch der Abschied von den illusorischen Ansprüchen eines Friedensstifters in der Dritten Welt. Auf dem jetzigen Wege weiter zu marschieren, ist jedenfalls ganz gewiss nicht im Sinne einer Auswärtigen Kulturpolitik, die ihren Namen verdient.


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