Da hat er versagt

Horst Köhler Bundespräsident Horst Köhler hat schon während seiner ersten Amtszeit versäumt, „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“

Diesen Mittwoch hat Horst Köhler erneut das Amt des Bundespräsidenten übernommen. Das ist nicht legal. Und zweitens, nach seinem eigenen Maßstab nicht legitim. Drittens hat er als Finanzfachmann, der er ist, vom ersten Amtsjahr an gegen den Amtseid gehandelt, Schaden vom deutschen Volk zu wenden.

Es ist nicht legal: Köhlers Wahl kam aus der Düsternis einer Bundesversammlung, deren Zusammensetzung begründetem rechtlichen Einspruch unterliegt. Der aus den Reihen der CDU stammende ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein hat zusammen mit renommierten Staatsrechtlern die Rechtmäßigkeit von Köhlers Wahl bestritten, weil in vielen Landtagen die Wahlleute zur Bundesversammlung durch Blockwahl bestimmt werden. „Da der einzelne Landtagsabgeordnete so keine Freiheit der Wahl zwischen den verschiedenen Listen hat, ist ein zentraler verfassungsrechtlicher Wahlgrundsatz verletzt“, sagte Klein dem Spiegel. Deshalb sei „die Wahl durch den Landtag ungültig“ und die Zusammensetzung der Bundesversammlung fehlerhaft gewesen. Mit einer Organklage müsse man rechnen.

Es ist nicht legitim: Horst Köhler hat selbst vor seiner Wahl einen Grundsatz aufgestellt, durch den er sich totalitarismustheoretisch von seiner Mitbewerberin unterscheiden wollte. Gesine Schwan hatte auch um die Stimmen der Linkspartei geworben. Horst Köhler dagegen hat angekündigt, dass er keine Stimme von rechtsaußen annehmen würde.

Bereits als Köhler zum ersten Mal gewählt wurde, kam eine Stimme von Hans Filbinger, Hitlers unheimlich erfolgreichem Marinerichter. Doch Filbingers Stimme war nicht die entscheidende, sie war eine Stimme über die erforderliche absolute Mehrheit hinaus. Dieses Mal erreichte Horst Köhler mit nur einer Stimme die erforderliche Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung. Es war die Stimme von Henry Nitzsche, dem aus der Unionsfraktion ausgetretenen Abgeordneten von Hoyerswerda. Er begrüßt die – auch von Köhler angeregte – Debatte um Patriotismus, „um endlich vom Schuldkult runterzukommen“ und damit „Deutschland nie wieder von Multi-Kulti-Schwuchteln in Berlin regiert wird“. Er hat in einem Vortrag vor einer Dresdner Burschenschaft türkische Flüchtlinge als „parasitär“ bezeichnet. Und erklärt, eher werde einem Moslem „die Hand abfaulen“, als dass er CDU wähle. Nach seinem Austritt gründete Nitzsche das Bündnis „Arbeit, Familie, Vaterland“. Das ist die Kampfparole des Nazi-Kollaborateurs Marschall Henri Philippe Petain. Nitzsche ist ein Rechtsradikaler und damit ein Wahlmann, dessen Stimme Köhler nicht annehmen wollte. Doch der Abgeordnete von Hoyerswerda hat Köhler wieder in das Amt des Bundespräsidenten gebracht.

Egal, wäre der anerkannte Finanzfachmann unserem Land nur ein guter Bundespräsident, der Schaden vom deutschen Volk abwendet und Deutschland sicher durch die Finanzkrise führen wird. Gewiss, er spricht seit letztem Jahr von „Monstern“, betreibt auch populistisches Bankerbashing. Aber dort, wo dieses Land sein Fachwissen braucht, da hat er versagt. Wie beim Cross-Border-Leasing, mit dem die Kommunen gesetzwidrig und mit Geheimverträgen das kommunale Eigentum an US-Firmen verschleudern, die jetzt zusammenbrechen.

Köhler war spätestens von 1998 bis 2000 als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung mit dieser transatlantischen Plünderungsmaschine für die kommunalen Finanzen befasst – gerade in Osteuropa, wo seine Bank ihren Schwerpunkt hatte. Und als Chef des Internationalen Währungsfonds (bis 2004) wäre der Tübinger Honorarprofessor für Finanzwissenschaft (seit 2003) eine lächerliche Figur gewesen, wenn er nicht gewusst hätte, wohin Cross-Border-Leasing führt.

Doch der Mann, der schon lange Bescheid wusste, was heute an unerträglichen Lasten auf die Kommunen zukommt, er hat geschwiegen. Finanzfachmann Köhler hat in seinen Reden und Interviews, die alle auf der Homepage des Bundespräsidialamts einzusehen sind, nicht ein einziges Mal das Wort Cross-Border-Leasing über seine Lippen gebracht, nicht einmal wenn er vor dem Städtetag sprach. Künftige Generationen in den dann verarmten und ausgeplünderten Kommunen werden sich vielleicht doch an diesen Bundespräsidenten erinnern, der durch Schweigen, dort wo er hätte sprechen müssen, die Dauerkrise über sie gebracht hat.

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