Das 8. Transsilvanische Filmfestival in Cluj

Festival Das rumänische Kino erlebt eine neue Blüte. Die Filme auf der Woche in Cluj zeigen einen neuen Blick auf die Geschichte

Nach langer Dürre und dem „Jahre Null“, als 2000 in Rumänien nicht ein einziger Film produziert wurde, erlebt das rumänische Kino eine neue Blüte. Dieser Aufstieg verbindet sich mit Namen wie Cristian Mungiu (4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage), Corneliu Porumboiu (12:08 östlich von Bukarest), Cristi Puiu (Der Tod des Herrn Lazarescu) oder Radu Muntean (Das Papier wird blau sein). Und mit dem Filmfestival von Cluj-Napoca (TIFF), dessen Präsident Tudor Giurgiu selbst Regisseur und Produzent ist (Katalin Varga). Cluj-Napoca bot mit seiner Gründung 2001 überhaupt die Möglichkeit, in der disparaten rumänischen Filmlandschaft Öffentlichkeit herzustellen. Den Erfolg dieser Unternehmung belegen die Zahlen: Anfangs 45 Filmen und 9.000 Besuchern standen bei der achten Auflage nun 209 Filme und 60.000 Zuschauer gegenüber.

Neben dem internationalen Programm (in dem aus Deutschland Maren Ades Alle Anderen und Andreas Dresens Wolke 9 liefen) und einem Wettbewerb für junge Regisseure bildet eines der wesentlichen Elemente des Festivals die Reihe mit neuen rumänischen Filmen. Dort zeigte Cristian Mungiu mit seiner Initiative Tales From The Golden Age, zugleich Eröffnungsfilm des Festivals: ein Werk, das den Zusammenhang der neuen Generation rumänischer Filmemacher schon durch die Koproduktion von fünf Regisseuren stiftet. Tales From the Golden Age besteht aus verschiedenen Vignetten, die von Volkssagen oder Ammenmärchen aus den ironisch als Goldenes Zeitalter verstandenen letzten 15 Jahre des Ceausescu-Regimes stammen. Regie führten neben Mungiu Ioana Uricaru, Hanno Höfer, Razvan Marculescu und Constantin Popescu, ohne das wie im Omnibusfilm die Autorschaft für die einzelnen Teile öffentlich gemacht würde. Bizarre, komische und dramatische Szenen schildern die absurden Geschehnisse, die das Leben in Rumänien etwa durch die Rationierung des Essens prägten – und nicht selten eine Problemlösung jenseits des Legalen motivierten. Mit Kriminalität setzte sich auch Corneliu Porumboiu auseinander in Police, Adjective, einem intelligenten Film über die Fragwürdigkeit von Gesetzen und das Kino als Zeugen bedeutungsloser Umstände, der bereits in Cannes prämiert wurde und in Cluj einen der Hauptpreise gewann.

Dass sich die Güte des rumänischen Kinos nicht allein aus der Entdeckung einer Vergangenheit speist, deutete ein wunderschöner Dokumentarfilm von Andrei Dascalescu an, einem Regisseur der nächsten Generation, der nach Ende des „Goldenen Zeitalters“ aufgewachsen ist. Constantin und Elena zeichnete ein persönliches und stilles Bild von alten, glücklich verliebten Eheleuten, die traditionell als Bauern auf dem Lande leben, Teppiche weben, Lieder singen und tiefe Wahrheiten über das Leben verraten. Ein besonderer Film, der zurecht ausgezeichnet wurde.

Und Fragen aufwirft. Es herrscht durchaus keine Einigkeit, was den Umgang mit der Vergangenheit betrifft. Für die einen sind die Ceausescu-Jahre ein Gespenst, dass das Land immer wieder einholen wird; für die anderen sind sie wie Wasser unter der Brücke – bald werden sie verflossen sein. Wenn man Dascalescus Film betrachtet, der die Geschichte seiner Großeltern erzählt, ohne dass der Diktator einmal erwähnt wird, ist man nur bedingt schlauer: Man kann zwar einen neuen Blick auf die Geschichte erkennen, die Erinnerung daran aber trotzdem nicht vergessen.

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