Das FBI im Weissen Haus

Kommentar CIA-Agentin ohne Tarnkappe

Die "Gipperdämmerung" - in Anlehnung an Richard Wagners "Götterdämmerung" - ereignete sich vor 16 Jahren, als der Mythos Ronald Reagan (Spitznahme "Gipper") am Iran-Contra Skandal zerschellte. Reagans Leute hatten mit dem Erzfeind Iran illegale Waffengeschäfte getätigt, um ihre illegale Finanzierung der nikaraguanischen Contras bestreiten zu können. "Bushdämmerung" hört sich nicht so gut an, aber den vermeintlichen republikanischen Halbgöttern in Washington wird wohl allmählich klar, dass sie zu weit gegangen sind mit ihrer Politik der verbrannten Erde gegen politische Gegner und ihrer Rechtfertigung des Irak-Krieges. Im Weißen Haus wird freilich keine Wagner-Oper gegeben, sondern eher eine Tragikomödie. Die Kriegstreiber tun so, als könnten sie die bekannt gewordenen Fakten zu Iraks angeblichen Massenvernichtungswaffen in die Schablone "unmittelbare Bedrohung" pressen. Der Präsident will Glauben machen, dass eins plus eins gleich drei sei, wenn er vorbringt, US-Waffeninspekteur David Kays Report über die Massenvernichtungswaffen rechtfertige den unilateralen präemptiven Angriff. Keys 1.400 Mitarbeiter hätten zwar keine der bewussten Waffen gefunden, der Irak habe aber welche entwickeln wollen.

Dazu kommt jetzt noch der CIA-Enthüllungsskandal, ein Leckerbissen für Bushs Kritiker. Der konservative Kolumnist Robert Novak veröffentlichte vor Wochen einen Kommentar in der Washington Post und anderen Blättern, mit dem er den Namen einer CIA-Geheimbeamtin bekannt machte. Er habe diesen von zwei hochrangigen Regierungsvertretern erfahren. Das infame Manöver galt US-Botschafter Joseph Wilson, dem Ehemann der besagten Frau, denn der hatte sehr zum Ärger des Weißen Hauses in offizieller Mission die kriegsrechtfertigende These vom irakischen Uran-Ankauf im Niger widerlegt.

Es gibt in den USA aber ein Gesetz gegen die Enthüllung von Namen geheimdienstlich Tätiger, und diesen Intelligence Identities Protection Act haben zumindest die beiden plaudernden "Regierungsvertreter" verletzt. Jetzt ermittelt das FBI, wer denn nun mit Novak gesprochen habe. Fast geht es wieder so zu wie unter Bill Clinton, als FBI-Beamte im Weißen Haus aus- und eingingen auf der Suche nach dem blauen Kleid der Monica Lewinsky und anderen belastenden Indizien. Demokratische Politiker sind entrüstet oder tun zumindest so. In den Fernsehtalks treten frühere CIA-Angehörige mit ernsten Mienen auf und versichern, sie könnten gar nicht genug betonen, wie gefährlich es sei für Agenten, denen man die Tarnkappe geklaut habe. Der Präsident - Sohn eines CIA-Direktors - muss natürlich diesen Geheimnisverrat auch beklagen und versichern, im Weißen Haus tue man "alles", um die Missetäter zu entlarven. Die Affäre könnte Bush noch gewaltig zu schaffen machen, sollte sie nicht mit einem harten Schnitt beendet werden.

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