Das Geheimnis der Macht liegt im Bundesrat

Kolumne Seit 1969 ging jedem Machtwechsel im Bund ein Mehrheitswechsel im Bundesrat voraus. Nun ist es wieder soweit
Das Geheimnis der Macht liegt im Bundesrat

Foto: Maurizio Gambarini / Getty

"Bewundert viel und viel gescholten – Bundesrat“. Das, was Helena bei Goethe über sich selbst sagt, könnte auch die sogenannte Länderkammer über sich sagen. Sie wird allerdings, je nach Parteipräferenz, mehr gescholten. Kein Verfassungsorgan der Bundesrepublik ist so umstritten. Und kein Verfassungsorgan umgibt so sehr ein Geheimnis: das Geheimnis seiner Macht und das Geheimnis seiner Ohnmacht. Seine Macht wird gern den Parteien zugeschrieben, die ihre Interessen von den Bundeszentralen aus diktieren, was dem Geist des Föderalismus widerstreitet, der im Bundesrat herrschen sollte. Seine Ohnmacht kommt von der – immer wieder genutzten – Chance einer Bundesregierung, einzelne Länder durch gezielte Großzügigkeit aus der Front oppositionell geführter Länder herauszubrechen. Korruption von Bundesländern ist nicht verboten. Ausschlaggebend ist hier das Landesinteresse, wie es die föderale Grundordnung der Republik will.

Oskar Lafontaine machte beides: Er ließ sich von Helmut Kohl Wohltaten für das Saarland gewähren und ignoriete dafür SPD-Bundesinteressen. Und er torpedierte 1998 eine schon mit der SPD ausgehandelte Steuerreform, weil er als SPD-Vorsitzender dem Kanzler kurz vor der Bundestagswahl den Erfolg nicht gönnte. Bisher – seit 1969 – ging jedem Machtwechsel im Bund ein krasser Mehrheitswechsel im Bundesrat voraus. Es waren die Wähler, die ihn früh anzeigten und vorbereiteten. Dafür wird der Bundesrat zu Recht gelobt. Jede neue Bundesregierung ist daher beim Machtwechsel von einer satten Mehrheit im Bundesrat begleitet. Die Aussicht darauf verleitete Angela Merkel 2oo5 zu dem fanfarengleichen Ausruf im Bundestag: „Und dann wird durchregiert!“ Wurde aber nicht, weil der Wähler eine große Koalition erzwang.

Es wird nie durchregiert, denn die Länder, gleich welcher Couleur, betonen rasch wieder ihre eigenen Interessen. Auch Ministerpräsidenten wollen schließlich Wahlen gewinnen.

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