So umstritten wie heute war „Hartz IV“ seit dem 1. Januar 2005 nicht mehr. Damals, bei der Verabschiedung des Gesetzespakets zur Arbeitsmarkt- und Sozialreform unter Gerhard Schröder, kam es zu massenhaften Protesten. 2018 waren es die Parteivorsitzenden Robert Habeck (Grüne) und Andrea Nahles (SPD), die die neue Diskussion anzettelten. Das miserable Image von Hartz IV veranlasste sowohl Ursula von der Leyen (CDU) während ihrer Amtszeit als Bundesministerin für Arbeit und Soziales als auch ihren jetzigen Nachfolger Hubertus Heil (SPD), nach einem weniger diskreditierten Namen für das Gesetzeswerk zu suchen. Sein schlechter Ruf hängt nicht zuletzt an den Sanktionen.
Durch den Zwang, jeden Job – wie Arbeitsplätze seither bloß noch genannt werden – annehmen zu müssen, machen die Jobcenter ihre „Kunden“ gefügig: Jeder Job muss angenommen werden, sofern dieser nicht sittenwidrig ist, unabhängig von der eigenen (eventuell höheren) beruflichen Qualifikation, und zwar auch dann, wenn der angebotene Lohn weder dem Tarifvertrag noch der ortsüblichen Höhe entspricht. Ergänzt wird dieser Zwang von der Drohung mit Sanktionen, falls sich ein Leistungsbezieher verweigert. Gleichzeitig werden Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften unter dem Damoklesschwert von Hartz IV genötigt, schlechtere Arbeitsbedingungen und niedrigere Löhne zu akzeptieren. Auf diese Weise einen breiten Niedriglohnsektor zu schaffen und den „Standort D“ auf den Weltmärkten noch konkurrenzfähiger zu machen, war der Hauptzweck von Hartz IV. Den hat das Gesetzespaket zwar erfüllt, wie die deutschen Rekordüberschüsse im Export belegen; der SPD gingen jedoch unfassbar viele Mitglieder und Wähler verloren.
Hartz IV hat einen sozialen Klimawandel bewirkt und die politische Kultur der Bundesrepublik für Jahrzehnte vergiftet. Noch immer leiden über sechs Millionen Menschen unter dem rigiden Armutsregime, das sie drangsaliert. Umso gespannter darf man auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen sein, das demnächst bevorsteht. Für den 15. Januar wurde die erste Verhandlung angesetzt, das Urteil dürfte erst mehrere Monate später fallen.
Im Extremfall obdachlos
Mit dem Richterspruch hat sich Karlsruhe trotz anderslautender Ankündigungen Zeit gelassen. Die Entscheidung über den zweiten Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Gotha, das die Sanktionen für verfassungswidrig hält und um Prüfung bat, wurde Jahr für Jahr hinausgeschoben. Das höchste deutsche Gericht tut sich offenbar schwer und steckt in einem Dilemma, weil es die Arbeitsmarktreform der rot-grünen Koalition nie in Frage gestellt hat, aber ganz genau weiß: Hartz IV steht und fällt mit den Sanktionen, die weder mit seiner früheren Rechtsprechung noch mit der Menschenwürde oder dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes vereinbar sind.
Zu den Hauptleidtragenden der Hartz-IV-Gesetzgebung gehören Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene unter 25 Jahren. Sie werden von den Jobcentern häufiger und (außer bei Meldeversäumnissen) auch schärfer sanktioniert als ältere Leistungsberechtigte. Bei der zweiten Pflichtverletzung, die darin bestehen kann, dass man einen Job nicht annimmt, ein Bewerbungstraining ablehnt oder eine Weiterbildung abbricht, müssen sie mit einer Totalsanktion rechnen: Das Jobcenter stoppt nicht bloß die Regelleistung, zahlt also kein Geld mehr für den Lebensunterhalt, sondern übernimmt auch nicht mehr die Miet- und Heizkosten. Hierdurch haben viele junge Menschen ihre Wohnung verloren, wurden im Extremfall sogar obdachlos. Diese besondere Strenge ist weder in vergleichbaren Ländern noch auf anderen Rechtsgebieten üblich: Ein jugendlicher oder auch mancher heranwachsender Straftäter wird etwa milder bestraft, als wenn er bereits erwachsen wäre. Obwohl der Sozialstaat nach dem Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG) laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 die Pflicht hat, ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ für alle Transferleistungsbezieher zu gewährleisten, tritt er dieses Verfassungsgebot ausgerechnet bei jungen Menschen mit Füßen.
In einem weiteren Urteil stellte das Bundesverfassungericht am 23. Juli 2014 fest, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit ihrem Regelbedarf und der Übernahme „angemessener“ Wohnkosten das soziokulturelle Existenzminimum gerade noch sichert. Das zeigt gleichzeitig, dass jede Kürzung wegen einer Sanktionierung zumindest relative Armut für Leistungsberechtigte bedeutet. Im Falle einer Totalsanktion, die normalerweise zur völligen Mittellosigkeit und manchmal zur Wohnungslosigkeit führt, liegt sogar absolute, existenzielle Armut vor.
Durch massiven Druck führt man junge Menschen nicht etwa „auf den rechten Weg“, sondern veranlasst sie womöglich, sich auf ungesetzliche Weise durchs Leben zu schlagen. Die unsägliche Rohrstock-Pädagogik längst vergangener Zeiten hat in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts nichts zu suchen, denn mit alttestamentarischer Strenge bewirkt man keine Verhaltensänderung im positiven Sinne, sondern oft genug das Gegenteil. Sanktionen sind nicht bloß inhuman und verfassungswidrig, sondern auch kontraproduktiv. Sie müssen deshalb so schnell wie möglich beseitigt, zumindest durch ein Sanktionsmoratorium ausgesetzt werden.
Die Achillesferse des Systems
Das bevorstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sanktionspraxis der Jobcenter kann das Arbeitsmarktregime entweder zementieren oder entschärfen. Die harten Sanktionen bilden die Achillesferse des Hartz-IV-Systems – bestätigt Karlsruhe sie, bedeutet dies einen herben Rückschlag für die Kritiker. Würde das höchste deutsche Gericht die Sanktionen hingegen für verfassungswidrig erklären, fiele das während der vergangenen Jahre durch nicht weniger als zehn Gesetze „nachgebesserte“ Hartz-IV-System wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Eine weitgehend repressionsfreie Grundsicherung, wie sie Habeck vorschwebt, wäre allerdings weder mit den Überzeugungen der sozialen Eliten noch mit den Vorstellungen der Regierungsparteien kompatibel.
Die hohe Zahl der Kinder, die durch eine Sanktionierung ihrer Arbeitslosengeld II beziehenden Eltern unverschuldet Nachteile in Kauf nehmen müssen, könnte die Richter in den roten Roben veranlassen, der bisherigen Sanktionspraxis einen Riegel vorzuschieben – oder der Willkür vieler Jobcenter engere Grenzen zu setzen. Vielleicht macht sich das Bundesverfassungsgericht auch die halbherzige Position der SPD-Führung zu eigen: Demnach sind Sanktionen zwar erforderlich und dem Staat erlaubt, wenn er Transferleistungsbezieher im Interesse seiner Steuerbürger zur Kooperation zwingen muss; unter 25-Jährige dürfen aber nicht schärfer sanktioniert werden als Erwachsene, weil dies dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Dadurch könnte wenigstens ihre Totalsanktionierung künftig entfallen. Niemand sollte jedoch auf eine juristische Lösung hoffen – das Engagement für eine politische Totalrevision von Hartz IV bleibt unverzichtbar.
Kommentare 23
Bisher hat mir noch niemand erklären können, warum eine Kürzung des offiziell als solches definierten Existenzminimus NICHT verfassungswidrig sein soll. Nichtsdestoweniger rechne ich maximal mit einer Hartz-IV-Reform light durch das BVerG-Urteil, die im Prinzip nichts ändert, so wie das bei der Überprüfung der Regelbedarfshöhe ja auch schon war.
tja, durch den wegfall der wehrdienst-pflicht
und der korrigierenden zwangs-arbeit (z.b. in-->nationalwerkstätten)
sind funktionale äquivalente, "stütze-bezieher" zu reglementieren:
der findigkeit der behörden aufgegeben...
Der Skandal im Skandal ist, dass seit Schröders Kanzlerschaft der Bundestag und seine Mitglieder sich außerstande sehen, der von Anfang an vorsätzlich falschen und manipulierten Berechnung des H4-Satzes entgegen zu wirken. Von den Bedürftigsten spart man so jährlich 10 Millliarden EUR ein. SHAME ON YOU!
Über Tagesschau/Montor:
Hartz-IV-Satz steht offenbar schon vor der Berechnung fest
Insgesamt belaufen sich die Einbußen für Hartz-IV-Empfänger und Rentner auf rund zehn Milliarden Euro jährlich, wenn man den Betrag von 571 Euro mit dem derzeit gültigen Satz von derzeit 416 Euro monatlich vergleicht. "Diese Zahl ist vorgegeben worden, die wollte man erreichen", glaubt Sozialwissenschaftler Stefan Sell von der Hochschule Koblenz. Man habe sie "durch die statistischen Manipulationen bei der Berechnung erreicht".
https://www.tagesschau.de/inland/hartz-vier-regelsatz-101.html
Absolut richtiger Artikel. Auch ich (als EX-Fallmanager im jobcenter!) werde am 15.01.2019 vor dem BVerfG demonstrieren. Bei Interesse - hier meine Pressemappe: http://gerhardschrader.de/images/2019/PRESSEMAPPE-Sanktion-Burkhard-Tomm-Bub.pdf?fbclid=IwAR0mdH3aBH-jsTo2RMCs55d7duovshhgD65MvAGCQ_Ffui2SxWhAL5kUr74MfGBurkhard Tomm-Bub, M. A.
Sorry. Da wurde die Formatierung völlig, nun, suboptimiert, ... Ich versuche es noch einmal, mit dem Link: . http://gerhardschrader.de/images/2019/PRESSEMAPPE-Sanktion-Burkhard-Tomm-Bub.pdf?fbclid=IwAR0mdH3aBH-jsTo2RMCs55d7duovshhgD65MvAGCQ_Ffui2SxWhAL5kUr74 . oder: . http://85.25.84.173/presse/pressemappe.pdf?fbclid=IwAR0hk2qbt1casy_Qyt73YbkjecrQGtDO0kzS_lnPrUCnD1zdg-k7Hz3pyJE .
||| Wenn Karlsruhe über die Sanktionen entscheidet, könnte das ganze Arbeitsgesetz fallen |||
Es könnte also trotz oder wegen Entscheidung auch alles so bleiben, wie es ist? Was soll dann ein solcher Satz?
||| ... Andrea Nahles (SPD), die die neue Diskussion anzettelte[n] ... |||
Aber ganz gewiss nicht wegen des miesen Rufs ... wenn sie Herrn Heil lediglich nach einem weniger diskreditierten Namen suchen lässt, und nicht etwa nach Strafen für im Sinne ihres Dienstherren agierende HartzIV-Behörden-Vorgesetzte und/oder SachbearbeiterInnen.
Die Sozialinitiative Tacheles hat im Vorfeld eine Online-Befragung unter Betroffenen und Fachleuten durchgeführt. Die Ergebnisse stützen die Bedenken derjenigen, die Sanktionen abschaffen wollen.
Ein besonders erschreckendes Ergebnis für Thomé: „58 Prozent der Betroffenen und 52 Prozent der Beratungsstellen kennen Fälle, bei denen Hartz-IV-Bezieher wegen Kürzungen ihre Wohnung verloren.“ Als häufigsten Grund, warum Leistungsbezieher ihre Verpflichtungen nicht einhalten, nannten die Teilnehmer der Umfrage mit 44 Prozent „Überforderung wegen einer psychischen Krankheit“. Zwar könnten sich psychisch Kranke ein ärztliches Attest besorgen, viele seien aber auch dazu nicht in der Lage, so Thomé.
http://www.taz.de/!5561469/
Kein Wunder, dass wir etwa eine Million Wohnungslose Menschen in Deutschland haben.
Und psychische Krankheiten sind gerade mit einer Erkältung oder einer anderen üblichen Krankheit überhaupt nicht zu vergleichen.
Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einem früheren Forschungsbericht feststellt, leiden bis zu 40% der Empfänger von Hartz IV unter einer psychischen Erkrankung. Psychische Erkrankungen treten in leichten und schweren Formen auf und bringen häufig negative Folgen für die Arbeitssituation mit sich. Ein Großteil der Betroffenen leidet unter Depressionen.
Jobvermittler erkennen psychische Erkrankungen oft nicht. MITARBEITER IN JOBCENTERN SIND ÜBERFORDERT. Forscher fordern bessere Fortbildung für Jobvermittler. FALSCHE BEHANDLUNG VON PSYCHISCH ERKRANKTEN VERMEIDEN!
Suizidgedanken und -impulse (Suizid = lat. Selbsttötung) sind ein sehr häufiges Symptom bei Depression. Sie machen Depression oft zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Depression führt nicht selten zum Selbstmord.
https://infothek-gesundheit.de/viele-hartz-iv-empfaenger-leiden-unter-depressionen/
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/suizidalitaet
Psychisch Kranke Menschen dürfen nicht sanktioniert werden. Außerdem können Sanktionen zu psychischen Krankheiten führen.
Sollen Menschen weiterhin in die Obdachlosigkeit und den Tod sanktioniert werden?
Manche Initiativen sprechen von nicht wenigen Todesfällen bei HARTZ IV vor allem in Folge von Sanktionen.
http://wir-sind-boes.de/todesfaelle-1.html
Es gibt ein Interview mit einer Richterin am Bundesverfassungsgericht aus 2017, das nahe legt, dass die Sanktionen bei HARTZ IV verboten werden müssen. Außerdem wird die Menschenwürde aus dem wichtigsten Gesetz Deutschlands, dem Artikel 1 Grundgesetz mit dem Existenzminimum gemessen und darauf hingewiesen, dass die Grundrechte unteilbar sind. Übrigens ist der Art. 1 durch die Ewigkeitsklausel im Grundgesetz für Deutschland auf ewig unveränderbar!
Frage taz: "Und was tut das Verfassungsgericht für die Gerechtigkeit?"
Antwort Richterin: "Eine Menge! Es sichert den offenen politischen Prozess – mit der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, den Oppositionsrechten. Es klärt die demokratischen Standards, nach denen Politik für Gerechtigkeit sorgt. Und es klärt, was POLITISCH NICHT ZUR DISPOSITION STEHT, ALSO DIE GRUNDRECHTE. Verfassungsrecht setzt die Leitplanken der Sozialpolitik, ersetzt sie aber nicht."
Frage taz: "Und wo liegt diese Untergrenze?"
Antwort Richterin: "GANZ ZENTRAL IST DAS RECHT AUF GEWÄHRLEISTUNG EINES MENSCHENWÜRDIGEN EXISTENZMINIMUMS. Das war schon nach dem Krieg wichtig, mit sehr vielen Geflüchteten. ES STEHT HEUTE HINTER UNSEREM URTEIL VON 2010, DER SOGENANNTEN HARTZ-IV-ENTSCHEIDUNG. AUSGANGSPUNKT IST DIE MENSCHENWÜRDE – NICHT ZUFÄLLIG DER ERSTE ARTIKEL IM GRUNDGESETZ."
Frage taz: "Eine konkrete Summe für das Existenzminimum haben Sie darin aber nicht genannt …"
Antwort Richterin: "Nein. Das Existenzminimum im konkreten sozialen Kontext zu berechnen, ist Sache des Gesetzgebers. Das Bundesverfassungsgericht hat aber gefordert, dass Sozialleistungen nachvollziehbar und tragfähig berechnet werden. DER GESETZGEBER darf nichts ins Blaue hinein schätzen – das steht da wörtlich. Und er MUSS OHNE DISKRIMINIERUNG SICHERSTELLEN, DASS MENSCHEN TATSÄCHLICH MENSCHENWÜRDIG LEBEN KÖNNEN."
http://www.taz.de/!5403871/
Da kann sich der neue CDU-Richter ja gleich mal nützlich machen:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1109992.bundesverfassungsgericht-richter-mit-vorgeschichte.html
bzw.
"Ist der Vizepräsident befangen?"
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-bundesverfassungsgericht-existenzminimum-1.4285923
Zitat aus dem Text:
„Würde das höchste deutsche Gericht die Sanktionen hingegen für verfassungswidrig erklären, fiele das während der vergangenen Jahre durch nicht weniger als zehn Gesetze „nachgebesserte“ Hartz-IV-System wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Eine weitgehend repressionsfreie Grundsicherung, wie sie Habeck vorschwebt, wäre allerdings weder mit den Überzeugungen der sozialen Eliten noch mit den Vorstellungen der Regierungsparteien kompatibel.“
Wie ein ehemaliger Bundespräsident Deutschlands in Bezug auf das Grundgesetz und Menschenwürde speziell sagte:
„Der wichtigste Satz des Grundgesetzes ist und bleibt der Artikel 1, der von der unantastbaren Würde des Menschen spricht. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben sehr bewusst im ersten Satz nicht vom Staat oder der Staatsgewalt gesprochen und auch nicht vom Volk gesprochen, sondern vom Menschen, vom einzelnen Menschen und von seiner Würde. Das ist eine Absage an alle Ideologien, die das Leben oder die Lebenschancen von Menschen zugunsten angeblich höherer Zwecke opfern (das trifft auf die Agenda 2010, HARTZ IV, Sanktionen sowie auf Befürworter der Sanktionen einschl. Politiker sehr gut zu, Anm. d. Verf.). Das ist auch eine Absage an jede Form der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Überzeugungen oder ihres Glaubensbekenntnisses.
In Artikel 1 heißt es nicht: Die Würde des Deutschen ist unantastbar, es heißt auch nicht die Würde des Gesunden oder des gut Verdienenden, sondern es heißt: Die Würde des MENSCHEN ist unantastbar. Das ist keine unverbindliche philosophische Meinung, sondern ein bleibender Auftrag und eine ständige Aufgabe für das Handeln aller politisch Verantwortlichen, aller Organisationen und Initiativen, aller Unternehmen, und überhaupt aller Menschen in unserem sozialen und demokratischen Rechtsstaat. “
Stephan Harbarth hat im Bundestag bereits für die Beibehaltung von Sanktionen kürzlich gestimmt, wie Neues Deutschland schreibt und zurecht seine mögliche Befangenheit anspricht.
Sollte Herr Harbarth WIEDER dazu beitragen, dass HARTZ IV Sanktionen beibehalten werden, auch wenn in einer milderen Form mit ggf. humaneren Lösungen und daraus folgenden kleineren Reformen für die Bundesregierung, könnte das Bundesverfassungsgericht mit sehrt vielen enttäuschten Menschen rechnen, die an der Rechtsstaatlichkeit sowie Gewaltenteilung zweifeln würden.
Es darf nie vergessen werden,
dass das Grundgesetz und die Gewaltenteilung in Deutschland vor allem deswegen eingeführt wurde, damit Faschismus und so einer wie Hitler nie wieder Macht ergreifen und Deutschland, Europa und die Welt nie wieder befallen. Außerdem war Grundgesetz eine wichtige Voraussetzung von den Alliierten, damit Deutschland wieder souverän werden konnte.
„Wenn Karlsruhe über die Sanktionen entscheidet, könnte das ganze Arbeitsgesetz fallen.“
Es ist die höchste Zeit dafür!
Sanktionen zwingen ja Menschen dazu, miserable Jobs mit miesen Arbeitsbedingungen zu Armutslohnen anzunehmen. Das nutzen sehr viele Unternehmen aus. Der Niedriglohnsektor wird immer größer. Die Mittelschicht ist um mehrere Millionen geschrumpft. Rund 13,7 Millionen Menschen leben in Deutschland in Armut. Davon sind 33,2 Erwerbstätige und 24,8% Rentner. Arbeit ist also keine Garantie mehr dafür, nicht arm zu sein! Die Verarmutg der Gesellschaft läuft auf Hochtouren.
https://www.der-paritaetische.de/fachinfos/detailseite/armutsbericht-2018-paritaetischer-korrigiert-falsche-bilder-der-armut-und-fordert-neue-armutspolitik/
Es gibt keine Wirtschaftskriese mehr, wie zu Beginn der Agenda 2010. Es gibt keine „notleidenden Banken und Unternehmen“. Wir haben Millionen notleidende Menschen, die insbesondere wegen Agenda 2010 und Hartz Gesetzen mit den Sanktionen als Hauptwerkzeug der Reformen leiden müssen.
Ist wirklich die Würde jedes Menschen unantastbar oder nur von den Reichen, Kapitalgebern, Unternehmensbesitzern, Immobilieneigentümern und Machtinhabern?
Als Ergänzung zum Artikel hier für alle, die es interessiert, der dierekte link zum Fragenkatalog des BVG in dieser Sache:
Fragenkatalog des BVG
Lesenswert auch folgender Kommentar von Christel T. dazu:
Kommentar von Christel T.
Und hier noch ein Hinweis auf "Hartz Plus" - die Sanktionsfreie Version der Grundsicherung:
https://sanktionsfrei.de/
>>Es darf nie vergessen werden, dass das Grundgesetz und die Gewaltenteilung in Deutschland vor allem deswegen eingeführt wurde...<<
Das ist doch ein wenig blauäugig, wenn man bedenkt, wie lange die Alliierten in diesem "souveränen" Land einflussreich präsent waren. Kein GG-Artikel wird den vom amerikanischen Hoheitsgebiet Ramstein geführten Drohnenkrieg beenden.
Außerdem: Die Parteien nutzen auffällig intensiv die Besetzung des BVG, um ihren Konsens, der sie informell verbindet, nicht zu gefährden. Ein Fall wie der des CDU-Politikers Harbarth, der in der Finanzwelt gut vernetzt ist, widerspricht dem Reinheitsanspruch des BVG. Die Richter werden in ihrem Urteil sicherlich auch die politischen Auswirkungen bedenken. Dass die Hartz-Gesetze ihrer Substanz beraubt würden, ist äußerst unwahrscheinlich. Schließlich widerspräche ein solches Urteil den Interessen der Kapitalseite, die sich jetzt schon für die Beibehaltung der Sanktionen positioniert hat.
Alles, was nach dem "?" kommt, ist nur eine Session ID und kann weggelassen werden:
http://gerhardschrader.de/images/2019/PRESSEMAPPE-Sanktion-Burkhard-Tomm-Bub.pdf
bzw.
http://85.25.84.173/presse/pressemappe.pdf
„Sanktionen zwingen ja Menschen dazu, miserable Jobs anzunehmen“
Sehe ich genauso. Befremdlich ist jedoch die heutige (Hof-) Berichterstattung der Tagesschau, in der schon im Lead-in vom annehmen eines „zumutbaren Job“ geschrieben wird. Die Rechtsredaktion scheint wohl in einem anderen Deutschland zu leben als ich.
Gut, dass wenigstens hier anders darüber berichtet wird.
Hartz4 ist Reichsarbeitsdienst light.
Kein Wunder , daß jemand der mit Nachnamen HEIL heisst, wie
unser Platzhalter und Arbeitsminister Hubertus,
das System noch verteidigt
bis zum Untergang.
Sollten die Sanktionen aufrechterhalten bleiben,
ist das ein SIEG für HEIL!
Vom Verfassungsgericht wird es hier garantiert keine Änderungen geben.
Sowohl das Subsidiaritätsprinzip, welches schon vor der sozialen Marktwirtschaft ein Kernprinzip der christlichen Soziallehre war, wie auch die Sonderbehandlung junger Arbeitssuchender (U25) ist im Grundgesetz verankert oder lässt sich aus dem Grundgesetz entsprechend interpretieren (z.B. besonderer Schutz der Jugend).
Überigens gab es auch schon vor der Agenda 2000 ganz ähnliche Sanktionen und Kürzungen (3 Monate) beim Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe wurde ähnlich schlicht komplett versagt wenn z.B. Eigenbemühungen nicht ausreichend belegt wurden. Selbst Bewerbertrainings, Praktika und andere Beschäftigungsmaßnahmen (Workfare) gab es schon vor der Agenda. Alles natürlich bei fehlender Mitwirkung mit Sanktionen vermint.
Was mich massiv an der öffentlichen Diskussion ankotzt ist, daß immer so getan wird als wäre Hartz4 alleine ein moralisches Problem, Motto: wie geht man um mit den Faulenzern.
Die Hartz4-Praxis scheitert aber nicht nur an diesem nebulösen Moralbegriff einer sich selbst belügenden utilitaristischen Öffentlichkeit, sie scheitert an ihren strukturellen Fehlern und Widersprüchen, Unzulänglichkeiten, Inkonsequenzen, Inkonsistenzen, Unfähigkeiten in den Verwaltungsapparaten und ihrem Personal und dem Personal in der Politik.
Es ist nichts anderes als eine Maschine zur Erzeugung von politisch genehmen Statistiken und Druck auf die Arbeitskraft.
Niemand kann einem z.B. erklären, warum man in der Lage ist 5 Jahre lang keine einzige Qualifikationsmaßnahme zu geben, es aber verboten ist, daß man sich eigenständig in ein Studium einschreibt (nebenbei wäre dann auch das Bafögproblem gelöst). Begründung: man stünde dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Folge: ALG2 wird nicht mehr weiter gezahlt.
WTF? Wie sieht das aus in der Praxis dieses öminöse "nicht zur verfügung stehen". Stehen da Wachposten rum an der Uni/FH? Wird man festgeschnallt? etc. etc.
Meine Folgerung: Man will gar nicht qualifizieren. Man will ein unterwürfiges Millionenheer billigster Arbeitskräfte, die man x-beliebig manövrieren und ausbeuten kann für die Aufrechterhaltung der Illusion Deutschland AG.
Prof.Dr. Bontrup zur strukturellen Massenarbeitslosigkeit, der Dummheit der Gesellschaft und der Umverteilung
Mehr kann man eigentlich nicht zur (beschissenen) Lage dieses Landes erzählen. Da helfen auch keine massiv getürkten Arbeitslosenzahlen.
Dazu gibts auch noch ein Video mit einem Interview vom Bontrup im ZDF
kann ich nur bestätigen.
habe erlebt wie jemand psychisch krankes aus seiner wohnung geflogen ist, nicht mal auf hartz4, sondern er bezieht grundischerung im alter.
weil er sich fast ein jahr nicht beim amt gemeldet hat. was allerdings symptom der erkrankung ist.
da er in einer westdeutschen großstadt lebt, wird er wahrscheinlich nie wieder eine wohnung finden.
das ganze wird wiederum seine psychische krankheit verstärken.
das ist deutschland, einer der reichsten länder der welt.
Die Perversion des Systems Hartz4 mit seinem "Centern" und "Agenturen" in der ein Arbeitsloser als "Kunde" Arbeit sucht, wird deutlich wenn man die Rollenverteilung umdreht.
Denn nicht der Arbeitslose ist der "Kunde" es sind die Jobcenter. Sie sind Kunden im Sinne der Definition der Wirtschaftslexikas. Sie fordern die theoretische Arbeitskraft ein beim Unternehmer (sie erinnern sich? laut neoliberaler Zeitgeist-Agenda sei ja jeder sein eigener Unternehmer seiner Ware Arbeitskraft).
Man nimmt eine Dienstleistung und eine Ware in Anspruch der Unternehmer wird regelmässig eingeladen, zu diversen Maßnahmen , man verlangt Bewerbungsnachweise, schickt ihn zum Amtsarzt etc etc.
Die Jobcenter gehen als Nachfrager ein Geschäft ein und bezahlen dafür. Allerdings läuft der Vertragsabschluss völlig einseitig und pervertiert ab, denn hier geht der Kunde mit einem Vertrag in ein Geschäft und fordert die Unterschrift, mitunter völlig rechtswidrig und mit Mitteln von Drückerkolonnen ohne jede Bedenkzeit des Vertrags"partners".
Trotz alledem wird der Mensch politisch dazu gezwungen es genau andersherum zu sehen und diese Rolle auch praktisch zu spielen. Das gehört zum Spiel der geistigen und körperlichen Entmündigung dazu. Rollenspiele mit Doppelbindungen und paradoxen Handlungsaufforderungen, Illusionen der Alternativen an deren Ende dann immer wieder die Repression steht.
Oskar Negt hat das alles mal als Endstufe einer gesellschaftlichen Negativentwicklung beschrieben: totaler Realitätsverlust im gesamten Maßstab.
Übrigens geht das auch im grossen Maßstab, waren doch der Wiedervereinigungsvertrag von Schäuble und Co. auch nichts anderes als die erste und grösste Wiedereingliederungsvereinbarung ever.