Das ist gut

Ihre Geschichten sind klein und schimmern. ...

Ihre Geschichten sind klein und schimmern.

Ich weiß nicht, ob ich mit dir schlafen will, sagt er, schön wäre es aber, wenn du mitkommen würdest. Sie nickt und sagt, dass sie mit dem Fahrrad hier sei. Taxi, sagt er. Das Fahrrad kommt mit, antwortet sie, du fährst und ich auf dem Gepäckträger. Er lächelt in sein Bier, direkt in den Flaschenhals rein und nickt dann.

Sie fahren durch die halbe Stadt. Sie erklärt ihm die Viertel, hier das Museum, hier die Brücke, die damals, hier das Gebäude, ja, jetzt musst du aber auch mal hinsehen. Er schwitzt. Sie hält sich mit den Händen an seinen Hüften fest.

Er geht zu der Rezeption und bittet um den Schlüssel, bekommt eine gute Nacht gewünscht und einen neugierigen Blick ins Gesicht. Sie bleibt im Hintergrund und geht dann zum Fahrstuhl.

Es ist klein, sagt er, bevor er den Schlüssel umdreht und die Zimmertür öffnet. Macht nichts, sagt sie, wir kommen schon klar. Sie geht zum Fenster und versucht, es weit zu öffnen, klappt es dann auf. Zu hoch hier, sagt er, da könnte sich jemand rauswerfen. Zu blöd, sagt sie, wenn man das schon will, dann geht man zur Mini-Bar und schlägt mit der Orangensaftflasche die Scheibe ein und springt dann. Ja, mal ohne Scheiß, geht doch so oder so, wenn man will. Sie sieht ihn fragend an. Er hebt kurz die Schultern. Also, sagt sie, keine Gegenargumente. Nein, sagt er verstört. Wo ist das Klo, fragt sie. Es gibt nur noch eine andere Tür, sagt er und legt seine rechte Hand kurz auf ihren Rücken, als sie an ihm vorbei geht.

Ein langer Weg dafür, sagt sie. Seine jüngere Schwester ist in Südamerika und besucht ihren Freund. Ja, sagt er, ein langer Weg. Ob es lohnt, fragt sie. Weiß nicht, sagt er. Hoffentlich, fügt er an.

Ihr Handy klingelt oft. Er fragt, warum sie nicht rangehen würde. Das ist mein Freund, sagt sie, seit einem Jahr sind wir zusammen, ich liebe ihn nicht, ich möchte nicht allein sein. Er steigt aus dem Bett, stellt sich ans Fenster und sieht aus dem 17. Stock. Du bist der erste Mann seit langem ohne Bierbauch, sagt sie. Er sagt nichts und bemüht sich, in dieser Körperhaltung noch für eine Weile am Fenster zu stehen. Ich wohne mit meinem Ex-Freund zusammen, sagt sie, und ich sag dir eines, wenn ich jetzt irgendwann schwanger werde, dann kommt das Kind, egal wie. Sie hört sich verletzt an, eine Stimme, die sich nicht vertragen möchte. Er fragt nicht nach.

Draußen setzen Vögel ein. Ich mag dich, sagt er leise. Er sagt es neben ihr auf dem Rücken, den Blick gegen die Zimmerdecke gerichtet. Er erwartet keine Antwort.

Er wacht auf und spürt den steigenden Schmerz im Kopf. Ich bin genauso alt wie du, sagt eine Stimme neben ihm. Er dreht den Kopf. Ich bin nicht einfach, sagt sie. Ich auch nicht, antwortet er. Das ist gut, flüstert sie.


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