"Bernardo Bertoluccis Letzter Tango in Paris wird die Kinos füllen, aber dies dürfte weniger seiner Qualität als einer schon vor dem Start ungewöhnlichen Publicity zu danken sein. Denn: die einen werden sich im Parkett aufgeilen, die anderen langweilen – nur, so ist zu fürchten, kaum einer wird den Film verstehen. Alle mir bekannten publizierten Äußerungen zu dem Film tragen höchstens zu noch größerer Verwirrung bei. Das von Bertolucci vorgeführte Endspiel eines 45-Jährigen ist vordergründig die Geschichte eines zum Scheitern verurteilten Versuchs, die Kluft zwischen Generationen zu überbrücken, vor allem aber eine Reflexion über Utopie und Wirklichkeit und kulturkritische Abrechnung mit verbogener Moral und menschlicher Entfremdung."
So beginnt die Rezension, die unser Autor Heinz Kersten im April 1973 in der Radio-Sendung "Feuilleton" beim Berliner Sender SFB spricht. Ende März war Der letzte Tango in Paris in die deutschen Kinos gekommen, der ein halbes Jahr vorher beim New Yorker Filmfestival seine Weltpremiere erlebt hatte.
Anfeindungen wie der Vorwurf der Pornographie begleiten den Film von Beginn an, heute ist er ein Meilenstein der Filmgeschichte. Heinz Kersten versucht sich in seiner Kritik an einer sehr ausführlichen Deutung des Films, eine gute Viertelstunde hatte der Rezensent einst Zeit für seine Besprechung. Tempi passati.
Nun bringt der verdienstvolle Berliner Filmverleih Neue Visionen Der letzte Tango in Paris wieder in die Kinos. Aus Anlass der Wiederaufführung haben wir uns zur Wiederveröffentlichung von Kerstens Kritik entschieden - und zwar in voller Länge.
Weil sich 20.000 Zeichen am Bildschirm vielleicht doch nicht so gut scrollen lassen, haben wir uns für ein neues Format entschieden. Den Text finden Sie hier als pdf-Dokument: zum Ausdrucken. Internet-Content als eigens gestaltete Broschüre. Es kommt doch alles wieder.
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