Das war 2009 (Teil II)

A-Z Spezial Was wird uns vom Jahr 2009 in Erinnerung bleiben? Ein Spezial-Lexikon der Gegenwart in drei Teilen. Heute: von H wie Hoeneß (Ulrich) bis P wie Puppe des Jahres

Hoeneß, Ulrich, nicht Dieter Der FC Bayern, man kann das ruhig noch mal sagen, wäre nicht das, was er heute ist, ohne Uli Hoeneß: der wohl am solidesten geführte europäische Verein, der, sobald die Allianz-Arena abgezahlt ist, wohl auch vermögendste. Das Problem: Wäre der FC Bayern eine Wurstfabrik, wäre das eine tolle Leistung. Aber der FC Bayern ist ein Fußballclub, der regelmäßig im Champions-League-Viertelfinale ausscheidet. Das ist der Preis für saubere betriebswirtschaftliche Eckdaten, heißt es immer. Anderseits: Nicht wenige der 200 Transfers, die Hoeneß zu verantworten hatte, waren teure Fehler. Die Unfähigkeit, Talente zu entdecken und gute Spieler weiterzuentwickeln, die fehlende Handschrift in der Teamzusammenstellung kritisierte zuletzt völlig zurecht Philipp Lahm. Im November 2009 wechselte der kampflustige Bauchmensch Hoeneß, als Manager ein Genie als Personalpolitiker mitunter glücklos, in den Vorstand. Der FC Bayern wird sich verändern. Mikael Krogerus

Läufer Usain Bolt hatte beim Start über die 100 Meter-Strecke die zweitschlechteste Reaktionszeit aller acht Finalisten und joggte die letzten 15 Meter mit schlenkernden Armen ins Ziel. Zwischen schwachem Start und arrogantem Finish aber sprintete er mit einer Geschwindigkeit von über 44 km/h. Das Ergebnis: 9,69 Sekunden über 100 Meter. WM-Sieg. Was soll man von so einem halten? Skeptiker zweifeln an der einwandfreien Natürlichkeit der Leistung. Wohl zu Recht, denn der jamaikanische Dopingbekämpfungsbeauftragte Dr. Elliot war zugleich auch der Mannschaftsarzt. Aber: War die Leichtathletik Weltmeisterschaft in Berlin nicht eh eine Freakshow? Menschenähnliche Langlaufautomaten beim Marathon und mehrgeschlechtliche Androiden auf der Mittelstecke, Usian Bolt war – ob nun gedopt oder nicht – im
Menschenzoo einfach die größte Attraktion. MK

Leibspeise Noch immer lässt der Deutsche gern stechen. Spargelbauern hatten in diesem Jahr erstmals keine Probleme, Erntehelfer zu finden. Für Rumänen und Polen ist es auf dem europäischen Arbeitsmarkt eng geworden. Da ist die Krise uns ausnahmsweise mal gut bekommen. Die Lust an der Beilage zur Sauce Hollandaise ist nämlich ungebremst: Spargelbauern melden inzwischen sogar, ihre Felder gäben nicht mehr her, was dafür spricht, dass die Zeiten des Billig-Spargels bald vorbei sein könnten. Die weißen Stangen, einst Feiertagsessen, sind inzwischen ein Kantinengericht. Dass man sich damit volksnah geben kann, hat auch die Politik entdeckt. Von der Menüfolge des berühmtesten Dinners dieses Jahres drang nur wenig nach außen. Bei Merkels Geburtstagsessen für Deutsche-Bank-Chef Ackermann im Kanzleramt gab es Kalbschnitzel – mit Spargel. Jörn Kabisch

Platte des Jahres Während Jochen Distelmeyer seine Vision von Mainstream-Pop 2009 vor allem studiomusikalisch aufrüsten durfte, haben sich Die Goldenen Zitronen auf Forschungsreise begeben. Titel der Expedition: Die Entstehung der Nacht. Herausgekommen sind neue Positionen mit überraschend frischem Anspruch. Punk-Schamanentum, Krautrockexperimente diesseits der Vierminutengrenze, Protest-Songs mit Wut, aber ohne stumpfe Parolen. Trotz überzeugender Platten von Grizzly Bear, Fever Ray oder Mos Def – für die allerfeinsten Explosionen sorgten im zurückliegenden Jahr die Goldies aus Hamburg. Sven Opitz

Puppe des Jahres Wie man’s macht, macht man’s falsch. Barbie, das wohl beliebteste Instrument zur Kinderbespaßung, musste sich schon vieler Angriffe ob ihrer fragwürdigen Vorbildfunktion erwehren: Rock zu kurz, Beine zu dünn, nicht berufstätig. Und jetzt auch noch das: Barbie mit Burka! Die italienische Designerin Eliana Lorena stellte zum 50. Geburtstag der blonden Schönen im März diesen Jahres eine Undercover-Barbie „im traditionellen afghanischen Gewand“ her. Die Frage ist, warum jetzt schon wieder Aufregung herrscht: Immerhin trägt Barbie endlich Oversize-Klamotten und Frauen werden in Zukunft hoffentlich nicht mehr auf ihre Körper- und Gesichtsformen reduziert. Nele Jensch

Teil eins des Rückblicks lesen Sie . Morgen folgt der dritte Teil und Abschluss: von S wie Suizid bis Y wie Yeti-Schuhe.hier

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