Das war 2009 (Teil III)

A-Z Spezial Was wird uns vom Jahr 2009 in Erinnerung bleiben? Ein Spezial-Lexikon der Gegenwart in drei Teilen. Heute der Abschluss: von S wie Suizid bis Y wie Yeti-Schuh

Suizid Zwei Männer, zwei einsame Entscheidungen, einmal am Anfang des Jahres, einmal gegen Ende. Und doch hätten die Deutungen der Selbstmorde von Adolf Merckle und Robert Enke in der Öffentlichkeit kaum unterschiedlicher ausfallen können. Als sich der Ratiopharm-Gründer und Milliardär Merckle am 5. Januar in Blaubeuren auf die Schienen legte, hatte die Finanzkrise und die Wut über Spekulanten gerade ihren Höhepunkt erreicht. Der Tod des Industriellen, der durch Spekulationen mit VW-Aktien eine Milliarde Euro verloren haben soll und vor der Auflösung seines Firmenimperiums stand, wurde als Metapher für die Hybris der Wirtschaftseliten gedeutet. „Menschlich tragisch“ schrieben die Kommentatoren, konnten aber eine gewisse Häme kaum unterdrücken. Ganz anders die Reaktionen noch dem Tod des Nationalmannschaftstorwarts, der sich am 10. November bei Hannover vor einen Zug warf. Danach lief die mediale Empathiemaschine auf Hochtouren. Menschen, die bisher kaum Notiz von Enke genommen hatten, fühlten sich tief betroffen. Es war, als hätte es 2009 einen guten und einen bösen Selbstmord gegeben. Jan Pfaff

Tanklaster Spezialfahrzeug zum Transport von Flüssigkeiten aller Art. Lieblingskollateralschaden deutscher Bundeswehreinheiten auf Talibanjagd. Susanne Lang

Wahllokal Eigentlich wollten wir ja kein Wort mehr verlieren über dieses so genannte „Superwahljahr“, an dem nicht viel „super“ war, am wenigsten die Ergebnisse. Doch dann erinnerten wir uns an die Tempel des Elektoralen, an Resopaltische und Billigkugelschreiber, die gedämpfte Lautstärke und den süßsäuerlichen Geruch des Kommunalen: an das Wahllokal. Familientreff Käseglocke, Jugendclub Skandal, Naunyn-Ritze – achtzigtausendfach lud es allein Ende September ein, die schlichte Schönheit der demokratischen Praxis zu erleben. Noch. Denn das Wahllokal ist in Gefahr! Heute sind es die Briefe, morgen könnten es die Computer sein. Und irgendwann werden wir sentimental feststellen, dass man ohne Wahllokal selbst in einem „Superwahljahr“ eines gar nicht mehr machen kann: Wählen gehen. Tom Strohschneider

Wetter War das nicht ein prächtiger Spätsommer! Und wie herrlich der Nachsommer. Und der Frühherbst. Die Feierabende verbrachten wir an einen zauberhaften See, schauten ins milde Abendlicht und dachten voller Wehmut: Es ist der letzte. War es aber nicht, und als wir ein ganzes Wochenende in einer Luxusdatsche an einem noch schöneren See buchten, um die allerletzten dieser Tage zu genießen und dann ausgerechnet an jenem Wochenende die Wolken aufzogen, blieb es immer noch so mild und angenehm, dass wir unser Kleider wegwarfen und nackt durch den Regen liefen. Ein Jahrhundertherbst. So, genug, Lernziel dieses Eintrags war, nicht einmal an das Wort ‚Klimawandel‘ zu denken. Michael Angele

Yeti-Schuhe Es gibt ja Modetrends, bei denen man am Anfang einfach nicht weiß, ob man mitmachen soll oder nicht. Leggins waren so eine Sache (80er-Jahre-Revival-Gefahr, zudem die potentielle Unvorteilhaftigkeit, wenn der darüber hängende Pulli nicht lang genug ist), überdimensionale Sonnenbrillen (wer will schon aussehen wie der Herr der Fliegen?) eine andere. Wenn aber erstmal die kritische Masse erreicht ist, fällt es überraschend leicht, sich auch auf der Straße mit Stiefeln sehen zu lassen, die man noch im Vorjahr als Hausschuhe klassifiziert hätte. UCG heißt die Marke dieser absatzfreien Yeti-Schuhe und erfunden haben sie die Australier, auch wenn niemand weiß, was man im heißen Down Under mit dick gefütterten Winterstiefeln anfangen soll. Vielleicht sind sie ja feuerfest (bitte nicht in der Wohnung ausprobieren). Ganz wunderbar fügen sich die UCGs in den Gammel-Look des Jahres Eins der Krise ein und harmonieren zudem ausgezeichnet mit den bereits erwähnten Leggins. Nele Jensch

Lesen Sie hier Teil und des Rückblicks.einszwei

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