Dem Morgenrot entgegen

Lernziel Solidarität Gemeinsam begehen die deutschen Großbanken den Mai als Kampfmonat für mehr Eigenkapital und billigere Refinanzierung

Geschwächt, mit trojanischen Pferden in den eigenen Reihen, und von der SPD verraten begehen die deutschen Gewerkschaften den 1. Mai. Ob sie stark genug sein werden, des Kanzlers Agenda zu korrigieren und die Privatisierung sozialer Risiken zumindest zu begrenzen, scheint eher zweifelhaft. Ganz anders dagegen die deutschen Großbanken. Sie präsentieren sich in geschlossener Formation und fahren einen klaren Kurs der Vergesellschaftung privater Risiken.

Am liebsten würden die Bankchefs faule Kredite einem separaten und mit Staatshaftung versehenen Unternehmen übertragen, das wahlweise »Bad Bank« oder auch »Schrottplatz« genannt werden darf. In diesem Sinne war Schröder noch im Februar um Unterstützung gebeten worden. Nur wie hätte er diesem Coup einer radikalen, milliardenschweren Bankenentlastung zustimmen können, da er doch gleichzeitig seine Agenda einer umfassenden Belastung der abhängig Beschäftigten vorbereitete? Die Bankchefs mussten das schlechte Timing einsehen und sich zunächst auf die eigene Kraft besinnen.

Die neue Idee heißt ABS und hat eine ganz ähnliche Funktion wie das Anti-Blockier-System im Automobilbau. Kredite, für die nach den so genannten »Basel I«-Vorschriften acht Prozent Eigenkapital vorgehalten werden müssen und die insoweit die Bilanz blockieren, sollen gebündelt und mit ihren jeweiligen Risiken und Sicherheiten an eine von den Großbanken gemeinsam zu gründende ABS-Tochtergesellschaft verkauft werden. Sie würde also in die Funktion des Kreditgebers eintreten, sämtliche Ansprüche auf Tilgungs- und Zinszahlung übernehmen und sich selbst über Schuldverschreibungen, also Wertpapiere, am Kapitalmarkt refinanzieren, und zwar günstiger als die Banken selbst. Entsprechend steht ABS im Bankendeutsch für »Asset Backed Securities« - Wertpapiere, hinter denen Vermögenswerte stehen.

Um dieses in Deutschland bisher wenig praktizierte Geschäft der Kreditverbriefung erfolgreich zu starten, wollen die beteiligten Geschäftsbanken zunächst vor allem Kredite mit guter Bonität an ihre gemeinsame Tochtergesellschaft verkaufen. Perspektivisch dürfte es aber auch und vor allem darum gehen, problematische Darlehen loszuwerden. Nur wie sollte das gelingen? Eine Verschiebung von den Müttern zur gemeinsamen Tochter wäre keine Lösung, wenn diejenigen, die Wertpapiere der Tochter erwerben sollen, den Braten riechen und erkennen, dass hinter den »Securities« nicht hinreichend »Assets«, also werthaltige Kredite, stehen. Das ganze Manöver wäre schnell als fauler Zauber enttarnt. Rein privatwirtschaftlich lässt sich Kreditverbriefung nur betreiben, wenn tatsächlich Sicherheiten vorhanden sind.

Zum Glück für unsere geplagten Banker gibt es ja noch veritable Reste des rheinischen Kapitalismus, etwa die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die wegen ihrer Staatsgarantie über jeden Zweifel erhaben ist. Stolz verkünden nun Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, HypoVereinsbank und die genossenschaftliche DZ Bank, dass man mit der KfW gemeinsam Blockaden aus dem System nehmen wolle. Die KfW ihrerseits betont zwar, dass notleidende Kredite dem ABS-Geschäft nicht beigemischt werden sollen und dürfen. Und die Geschäftsbanken beschwichtigen, dass man die KfW nur wegen ihrer einschlägigen Erfahrungen ins Boot nehme. Sprecher der Sparkassen-Finanzgruppe argwöhnen allerdings, dass es den Großbanken nur darum gehe, vom Renommee der KfW zu profitieren und letztlich vielleicht doch Bundesgarantien in Anspruch zu nehmen. Sollte ihnen auf Umwegen dieser Staatsstreich gelingen, werden sie endlich wieder mit schwarzen Zahlen dem Morgenrot entgegen schreiten.

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