Das war keine spannende Wahl. Aber warum soll eine Bundespräsidentenwahl auch spannend sein. Die Unionsparteien, die FDP und die bayerischen Freien Wähler hatten sich vorher für Horst Köhler erklärt, und bis auf eine(n) wählten ihre Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung wie angekündigt. Es reichte knapp, um Köhler schon im ersten Wahlgang die zweite Amtsperiode zu sichern. Danach versuchten Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle die Wahl als Vorzeichen eines schwarzgelben Siegs bei der Bundestagswahl im Herbst zu deuten. Doch sie wissen selbst, es ist Wunschdenken. In den Mehrheitsverhältnissen der Bundesversammlung spiegeln sich Wählerstimmungen vergangener, teils lange vor der Wirtschaftskrise abgehaltener Wahlen. Was die Wahlen im Herbst angeht, bleibt die Einschätzung, die Oskar Lafontaine noch einmal äußerte, am plausibelsten: Schwarzgelb erhält keine Mehrheit, und die große Koalition wird fortgesetzt.
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Wenn etwas aufhorchen ließ im Umfeld der Bundespräsidentenwahl, dann waren es ein paar Sätze Lothar Biskys, des Vorsitzenden der Linkspartei. Am Freitag hatte Köhler in einer Rede zum Jubiläum der Bundesrepublik gesagt, "die Teilung unseres Landes" bestehe "in der Arbeitslosenstatistik fort", und ebenfalls am Freitag bescheinigte Bisky ihm, er sei der erste Bundespräsident gewesen, der "ein wirkliches Interesse an Gesprächen im Osten" gehabt habe. Überhaupt sei seine Leistung "integrativ" gewesen - ein solches Lob hat Johannes Rau, Köhlers von der SPD gestellter Amtsvorgänger, nicht zu hören bekommen. Und das Lob war ernst gemeint: Er könne sich vorstellen, fuhr Bisky fort, dass Wahlmänner seiner Partei für Köhler stimmen würden, falls Peter Sodann im zweiten oder dritten Wahlgang seine Kandidatur zurückziehe.
Das ist wenigstens ein kleines Signal: Eine linke Oppositionspartei muss sich nicht in ein imaginäres "linkes Lager" einfädeln lassen, sprich zum ohnmächtigen Beiboot des Tankers SPD werden, wo jetzt die Unteroffiziere der Hartz IV-Politik zu Kapitänen aufgerückt sind. Die Oppositionspartei kann vielmehr zu dem Schluss kommen, dass sich SPD und Union kaum grundlegend unterscheiden. Dann ist es rational, zu beiden Distanz zu wahren, in konkreten Fragen aber je nach Sachverhalt zu stimmen. Die Bundespräsidentenwahl war so eine konkrete Frage, und Bisky konnte Gründe nennen, die es nahe legten, mit Merkel und Westerwelle gemeinsame Sache zu machen. Gut so, denn nur mit dieser Methode beweist eine kleine Partei, dass sie selbständig ist.
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