Wenn die Kurse um mehr als 20 Prozent abstürzen, tanzt der Bär, lautet eine alte Börsenregel. Seit Anfang des Jahres erleben wir nun einen weltweiten Crash in Raten. Chinas Börsenkrise schickt die Aktienmärkte weltweit auf Talfahrt. Nur in der vergangenen Woche hat es kurzzeitig eine leichte Erholung gegeben, für Tage stieg der Ölpreis auf über 30 Dollar pro Barrel. Sofort begann der Chor der Berufsoptimisten zu jubilieren. Es sind die gleichen Leute, die seit 2009 verkünden, die Krise sei vorbei. Die vierte große Depression in der Geschichte des modernen Kapitalismus wollen sie bis heute nicht wahrhaben.
Börsenbeobachter sind da weniger voreingenommen und deuten die derzeitigen Turbulenzen an den Aktienmärkten als Vorbeben, das die nächste Weltfinanzkrise ankündigt. Sie stellen diese Diagnose, weil der regierungsamtlich verbreitete Optimismus auf einer Geldflut zu Niedrigstzinsen beruht, ausgelöst durch eine expansive Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken.
Was beim momentanen Kursabfall ins Auge fällt, sind die Verluste bei den Bankwerten, wenn etwa der Aktienkurs der Deutschen Bank zeitweise um mehr als 40 Prozent nachgibt. Das reflektiert, wie sehr die Kreditpolitik der Geldhäuser auf tönernen Füßen steht, weil sich die Zinserwartung in engen Grenzen hält. Und die Weltkonjunktur nicht für Abhilfe sorgt.
Der Aufschwung in den USA ist höchst fragil, die Infrastruktur verrottet, die Industrie nur in wenigen Branchen international wettbewerbsfähig. China und Japan, die zweit- und die drittgrößte Ökonomie weltweit, stagnieren beziehungsweise schrumpfen. Für China als Schwellenstaat mit nach wie vor rasch wachsender Bevölkerung, einem Montblanc an ungelösten Problemen und höchst ehrgeizigen Umbauplänen sind selbst respektable Wachstumsraten von drei bis vier Prozent nicht genug. Japan steckt nach wie vor tief in einer Dauerdepression. Die unter Bezug auf den Premier Shinzō Abe als „Abenomics“ gefeierte neue Wirtschaftspolitik ist gescheitert. Es kommt hinzu, dass die Ökonomien Russlands, Brasiliens und Südafrikas durch die sinkenden Rohstoffpreise nicht eben florieren. Auch die Rückkehr des Iran ins Weltölgeschäft kommt eher ungelegen. Die Ölexporteure – besonders die amerikanischen Frackingchampions – drohen in einer Ölschwemme unterzugehen. Der Welthandel, bisher eigentlicher Motor der Weltwirtschaft, wächst erstmals seit Jahrzehnten deutlich langsamer als die Weltproduktion. Offiziell schwört noch alles auf den Freihandel und mehr Freihandelszonen, aber offene Handelskriege – etwa gegen die spottbillig produzierende und noch billiger verkaufende chinesische Stahlindustrie – sind längst wieder an der Tagesordnung. Und was geschieht, wenn die EU auseinanderbricht, worauf viele spekulieren? Nähern wir uns dann einer globalen Handelskrise wie in den 30er Jahren?
Insofern sind die Wachstumsraten in Nordamerika oder in bescheidenerem Maße in der EU auch ein Hinweis auf neue Spekulationsblasen, ermöglicht durch die Zentralbankpolitik des billigen Geldes. Was dazu führt, dass an den Aktienbörsen die heiße Luft zu entweichen beginnt, auch wenn an den Immobilienmärkten die Rallye noch munter weitergeht. Sollte die nächste globale Finanzkrise ausbrechen, werden die Regierungen diesmal nicht mehr viel in der Hand haben, um gegenzuhalten. Die Zentralbanken haben nun einmal ihr Pulver verschossen, selbst Negativzinsen wirken nicht.
Kommentare 12
...die hoffnung, dass ausgerechnet bargeld (!) jemanden vor dem schlimmsten in einer finanzkrise bewahrt, ist - wenn mensch vom metall-wert der umlaufenden münzen absieht - wohl auf sand gebaut bzw. eine fromme illusion.
In der tat - da beweist der autor durchaus ein feines gespür - sieht es so aus, als ob die nächste finanzkrise heraufzieht. Diese ist allerdings vor allem einem festhalten an der hoffnung geschuldet, dass alle probleme durch WACHSTUM gelöst werden müssen bzw. nur durch WACHSTUM gelöst werden können. Deshalb versuchen viele (die wachstumsjunkies an der börse allen voran) mit allen mitteln (den anschein von ) "wachstum" zu "erzeugen". Dabei wird sogar mittels fragwürdiger finanzakrobatik wachstum vorgespiegelt, wo gar nichts mehr wächst - und das schon lange nicht mehr.
Fazit, wer heute noch das wohl und wehe der wirtschaft auf "wachtum" gründet und an wachstum bindet, hat die zeichen der zeit missverstanden. Nur leider wird es wohl noch ein paar krisen und zusammenbürche mehr bedürfen, bevor das verstanden wird.
Kein wunder, denn es wäre ja auch das ende des systems - so wie wir es kannten (und viele es liebten).
Das Wachstum hat ein Ende gefunden und wird auch nicht wiederkommen. Die Krise, die hier prognostioziert wird ... wir sind bereits Mitten drin. Kein Kapitalismus ohne Wachstum , ist die Kurzformel. Man will sie nicht wahrhaben? Scheißegal, dann eben industriell organisierter Zwangskonsumismus. Der (Banken-) Herrschaft sind die Mittel diese zu bewahren letztendlich schnurz. Wir sehen es wiohin wir auch blicken.
Bargeldabschaffung etc. , nur eins dieser Mittel, dient der Interessen- und Machtwahrung privater Pleite-Banken. Punkt.
Die mehjährige Aktienhausse ist m. E. vor allem auf die Aktienruckkaufprogramme vieler börsenkotierter Unternehmen zurück zu führen. Investiert wird kaum mehr: So ist z. B. der Maschinenpark der meisten US-amerikanischen Industrieunteenehmen so alt, dass er längst erneuert werden müsste. Da die Geschäftsbanken das ihnen von den Zentral- und Notenbanken zur Verfügung gestellte Geld umgehend wieder bei Letzteren deponieren, anstatt es an Private und Unternehmen in Form von Krediten weiter zu verleihen, wurden Negativzinsen erhoben- ohne Wirkung: Niemand hat wirklich Interesse an billigem Geld, daher auch die deflationären Tendenzen in den meisten westlichen Industrienationen. Damit hat die klassische Geldpolitik tatsächlich ausgedient.
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes verharrt seit Jahrzehnten auf historischen Tiefständen, sowohl in den USA als auch in Europa. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Geld nur noch zwischen den Geschäftsbanken auf der einen- und den Noten- und Zentralbanken auf der anderen Seite hin und her transferiert wird. Es kommt gar nicht mehr erst im Wirtschaftskreislauf an. Deshalb sind bereits da und dort Stimmen zu vernehmen, die davon ausgehen, dass sich das derzeitige Zinsgefüge spiegelbildlich zu den vergangenen Jahrzehnten dauerhaft (und stark) in den negativen Bereich drehen wird: Was bis anhin positive Zinsen waren, sind in Zukunft negative Zinsen. Das wird für alle Konsequenzen haben, auch wenn man bereits davon ausgeht, dass die EZB die Leitzinsen bis -4,6% senken kann, ohne dass dies ernsthafte Konsequenzen hat. Nur müssten wir dann mit Negativzinsen auf unseren Sparkonten leben lernen. Auf die (kapitalgedeckten) beruflichen Vorsorgesysteme hätte eine solche Entwicklung jedoch katastrophale Folgen...
Marode Infrastruktur, veralteter Maschinenpark? Kann in der Marktwirtschaft gar nicht sein, sowas gab's doch nur im Osten, oder?
ich jedenfalls finde, dass man sich märkte sowie deren funktionsweisen ersteinmal genauer ansehen sollte
da aber bei bei der dfc com dazu kein bedarf zu bestehen scheint erübrigte, weil die dfc es sich gefallen lassen muss als fachorientiert betrachtet werden zu wollen, dazu jede weitere bemerkung
weshalb ich mir ebenfalls vorerst keine weitere bemerkung dazu erlauben möchte - baw
btw: jedem bearish entspricht zumindest ein bullish -
catch as catch can
Auf lange Sicht entwickeln sich Aktienkurse immer positiv, auch bei einem Crash. Ich bin kein Freund der Finanzwelt, aber man möge an alle Menschen mit fondgedeckter Altersvorsorge denken.
Die Börse ist zum großen Teil einfach ein Spielcasino. Daran sollte man immer denken, wenn man dort sein Geld plazieren möchte.
"Der Kursverfall an den Aktienmärkten reflektiert Einbrüche beim weltweiten Handel, er könnte der Vorbote einer weiteren globalen Finanzkrise sein"
Wenn dem so wäre, wäre ja nahezu alles im Lot. Die dramatischen Ausschläge sprechen eher eine andere Sprache, dass die Schattenfinanzwirtschaft als lichtlose Schwarzer Löcher neben hellen Sternen weltweiter Banken- und Finanzwelt zunehmend ihre Sogkraft entfalten, aus schlecht gemanagt überbordend mit billigem Zentralbankengeld angeschwollenen Staats- und Pensionsfonds erdölexporotierender Länder und entwickelten Industriestaaten nicht mehr ein noch aus mit ihren Moneten der Proleten wissen und mit Anzeichen von Hysterie beim computergesteuert hochfrequenten Handel mit Rohstoff- , Devisen- Derivaten, Zeritfikaten im Hunderstel Sekunkentakt unkontrolliert bankenintern in und neben den Börsen im außerbörslichen Handel, durch Börsen- und Bankenaufsichten, Steuerbehörden ungehindert ein Szenario nähren, das sich unheilvoll immer mehr von der Realwirtschaft entfernt. Unheilvoll deshalb, weil Akteure in der Realwirtschaft längst in diesen Sog geraten, sich mehr und mehr verschulden, an Kreditwürdigkeit nach Basel I, II, III einbüßen.
Die im Schatten sieht der Börsenhandel nicht und doch bestimmen sie immer noch ungehindert und das im zunehmenden Maße die Entwicklung der Weltfinanz- und Währungswelt, weil dort Elefanten, die genannten Staats- und Pensionsfonds, USA, Dubai, Saudi Arabien, Katar, Allianz Deutschland, Norwegen, Kanada, Australien, Japan, Russland, China, gesetzlich zugelassen, steuerlich geförderten Aktien- Rückkaufprogrammen der Globalplayer, Renditen zu frisieren, frei vagabundierende Hedgefonds als Leerverkäufer mit 5 % EK eigenen Handelsvolumens sich fremdfinanziert als Bullen und Bären ausgeben, um ihren Tanz zu vollführen
Es geht folglich bei Fragen nach der Regulierung des Börsenhandels nicht darum, Aktueren mit einer "Tobimsteuer" ans Bein zu pinkeln, nicht nur den computergesteuert hochfrequenten Handel mit Rohstoff- , Devisen- Derivaten, Zeritfikaten im Hunderstel Sekunkentakt zu entschleunigen, sondern darum das Risikobewusstsein der Akteure zu schärfen und die Schattenfinanzwelt global zurückzuführen.
sondern darum das Risikobewusstsein der Akteure zu schärfen und die Schattenfinanzwelt global zurückzuführen.
Dafür braucht es andere, mutigere Politiker. Bei den jetzigen sitzt der Schrecken zu tief.
https://www.youtube.com/watch?v=SmAxHvoB_Nw
"Wir tragen die Verantwortung für das, was auf den Märkten passiert."
was geldwirtschaft anbelangt könnte man die bargelddiskussion auch als bblenkungsunternehmen verstehen: keine der bisher bekannten finanzkrisen wurden durch bargeld implementiert, sondern ausschließlich durch buchgelder.
wer da wovon abzulenken versuchen könnte: es wird der geier wissen - ...