Der Erbarmungsreiche

Krise und Schuld Ein Frankfurter Pfarrer betet für alle: für die Banker und für ihre Opfer. Er ringt dabei um Haltung und steht zwischen allen Stühlen - dort wo die Menschen sind
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Wenn Pfarrer Jeffrey Myers singt, dann hält er seinen Kopf schräg nach oben, als lächle er Gott an. Wenn er predigt, dann rutscht seine Stimme manchmal innerhalb einer Silbe um eine Oktave nach oben oder unten, wie das nur bei Amerikanern geht. Wenn er vorbetet, dann redet sein ganzer Körper mit, die weich gelagerte Hüfte, die wippenden Knie. Man kann das alles für die Routinerhetorik eines Pastors aus Kansas halten, der Eindruck schinden will. Oder für ein Zeichen großer Herzenswärme.

Wahrscheinlich ist es beides, und wahrscheinlich ist das gar kein Gegensatz, jedenfalls nicht, wenn man Jeffrey Myers ist, 55 Jahre alt, aufgewachsen in Kansas City, USA, verheiratet mit einer Deutschen, seit 1988 Pfarrer der evangelischen Paulsgemeinde in Frankfur