Meist steht er einem unvermittelt an der Ampel gegenüber. Natürlich sieht er einem nicht ins Gesicht, obwohl man weit und breit der einzige Mensch ist. Eigentlich möchte man schon wissen, was er jetzt so treibt und weshalb er auf weiße Klamotten umgestiegen ist und wann er gedenkt, einem das schwarze Sakko wiederzugeben. Aber der Ex-Nicht-Lover zieht nur lässig an seiner Zigarette, wenn er an einem vorbeigeht, und betrachtet interessiert die Baumkronen.
Der Ex-Nicht-Lover ist nämlich zutiefst gekränkt. Weil man nie etwas miteinander gehabt hat in all den Jahren. Nicht mal ein Kuss war drin, obwohl man schon gern mehr gewollt und das gelegentlich auch zu verstehen gegeben hat. Aber hätte man sich erdreistet, seine Intimsphäre anzutasten, wäre er genauso beleidigt gewesen und hätte einem eiskalt die Freundschaft gekündigt.
Irgendwann tauchte der andere auf. Der ließ mit Freuden seine Intimsphäre beflecken und hatte auch sonstige Qualitäten. Zuerst hat der Ex-Nicht-Lover herzlich zu der Errungenschaft gratuliert - und dann einen kryptischen Brief geschrieben: tausend Gründe, warum die lange Freundschaft nie eine gewesen ist, und jeder zweite Satz begann mit einem anklagenden "Du aber".
Nun also wandelt der Ex-Nicht-Lover auf der anderen Straßenseite in jungfräulichem Weiß, und sein maniriertes Trippeln sagt einem, dass er immer noch unberührt ist. Und beleidigt.
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