Seit vergangenem Jahr streiten sich das Umweltbundesamt (UBA) und der Deutsche Bauernverband (DBV) um das Projekt "Verdeckte Feldbeobachtung". Im Laufe des März, mit Beginn der Vegetationsperiode, sollen die ersten Beobachter für das UBA ermitteln, inwieweit sich die Landwirte beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln an die verordneten Bestimmungen halten. Sie sollen sich dabei nicht zu erkennen geben, damit die Landwirte Nachlässigkeiten und Ausbringfehler nicht beschönigen. Der DBV protestiert: Das UBA kriminalisiere die Landwirte und mische sich in Dinge außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches ein. "Der Begriff der verdeckten Beobachtung hat falsche Assoziationen ausgelöst", bedauert Klaus Günter Steinhäuser, Fachbereichsleiter für Che
Chemikalien und Biologische Sicherheit im UBA. Inzwischen hat man dem Projekt einen neuen Namen gegeben: "unangekündigte Feldbeobachtung". Außer dem Namen hat sich indes nichts geändert. Mitte Januar verkündete das UBA in einer Pressemitteilung, man halte es für nötig, an dem Projekt fest zu halten. Der Generalsekretär des DBV, Helmut Born, schrieb daraufhin Anfang Februar einen Brief an UBA-Präsidenten Andreas Troge, in dem er das UBA aufforderte, von dem Projekt Abstand zu nehmen."Wir haben eine Reihe von Indizien, dass die Landwirte beim Ausbringen der Pflanzenschutzmittel gegen die Bestimmungen verstoßen", sagt Steinhäuser. Als Ursache vermutet er mangelnde Schulung, Nachlässigkeit, Zeitdruck und schlechte Anwendungsbestimmungen. Hier versucht das geplante Projekt anzusetzen. Das UBA will heraus finden, ob die gegenwärtigen Bestimmungen zu kompliziert sind. "Gewässerproben weisen immer wieder erhöhte Werte an Pflanzenschutzmitteln auf, die vermutlich von Ausbringfehlern herrühren", sagt Steinhäuser. "Wir wollen vermeiden, dass die Umwelt belastet wird, nur weil die Anwendungsbestimmungen der Mittel unverständlich sind."Gegen die Vereinfachung der Anwendungsbestimmungen hätte der DBV durchaus nichts einzuwenden. Die Bauernvertreter stoßen sich vor allem an dem Misstrauen, das den Landwirten durch die Methode der verdeckten Ermittlung entgegen gebracht wird. "Die Vorgehensweise des Umweltbundesamtes unterstellt den Landwirten von Anfang an, gegen die Bestimmungen zu verstoßen", sagt Steffen Pingen, Umweltreferent des Bauernverbandes. Er plädiert für ein transparentes Verfahren, bei dem sich Landwirte und Umweltschützer an einen Tisch setzen, um die Verständigungsschwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Die Kontrolle über die Einhaltung der Regelungen solle aber nach wie vor ausschließlich den Pflanzenschutzdiensten der Länder vorbehalten bleiben. Außerdem könne ein verdeckter Beobachter gar keine objektiven Daten ermitteln. "Die verdeckten Beobachter dürfen die Felder, im Gegensatz zu den zuständigen Kontrolleuren der Pflanzenschutzdienste, nicht betreten. Und vom Feldrand aus können sie kaum erkennen, welches Pflanzenschutzmittel der Landwirt ausbringt und ob er die dafür geltenden Bestimmungen einhält." Der Deutsche Bauernverband befürchtet, dass auf Grund falscher Beobachtungen ein negatives Bild von den Bauern entsteht und sich verfestigt."Wir haben die Zusammenarbeit mit den Ländern versucht", sagt Steinhäuser. Im September 2004 trafen sich die Projektleiter mit Vertretern aus sechs Bundesländern, um über den Austausch bereits vorhandener Daten zu reden. Nach Erkenntnis des UBA müssten den Landesstellen für Pflanzenschutz die begehrten Daten vorliegen. Denn spätestens seit 2004 gibt es ein Handbuch, in dem eine standardisierte Vorgehensweise bei der Kontrolle des Pflanzenschutzes beschrieben ist. "Aber die Daten, die wir von den Ländern bekommen haben, waren unbrauchbar", sagt Steinhäuser. "Wir würden doch auch gerne die 300.000 Euro sparen, die das Projekt kostet."Volkmar Gutsche, Direktor des Institutes für Folgenabschätzung im Pflanzenschutz der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA), findet die Methode der verdeckten Beobachtung unglücklich gewählt. Er bezweifelt, dass bei der Untersuchung taugliche Daten zustande kommen, schon alleine, weil die geplante Probenzahl viel zu klein sei. "Bei den geplanten 600 Kontrollen ist es fraglich, ob man ein repräsentatives Bild von der Situation bekommt", sagt Gutsche.Gleichzeitig befürchtet auch er, dass das Projekt bei den Landwirten Misstrauen gegenüber den Behörden schafft. Seit Oktober 2004 führt Gutsche nämlich in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft ein Projekt durch, das eine geringere Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft zum Ziel hat. "Dabei bauen wir auf das Vertrauen und die freiwillige Mitarbeit der Landwirte." Viele Landwirte bringen nach wie vor zuviel Pflanzenschutzmittel aus, weil sie möglichen Ernteverlusten vorbeugen wollen. Das Potential zum Einsparen sei erheblich: Gutsche schätzt, dass 16 Prozent der eingesetzten Agrarchemikalien nicht notwendig wären. "Eine Reduktion wäre sowohl für die Umwelt als auch für den Geldbeutel der Landwirte ein Gewinn."