Der große Graben

Zeitreisen Anmerkungen zu Tibet, China und den westlichen Wahrnehmungen
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Die junge Frau schleppt schwer an ihrem Korb, der voll frischem Gemüse und dem für die Region typischen Pyramidenkäse ist. Noch rund 300 Stufen liegen vor ihr, dann wird sie die Anhöhe erklommen haben, auf der das Lama-Kloster im Kreis Zhongdian im Nordwesten der chinesischen Provinz Yunnan liegt. Sie atmet schwer, ist aber nicht erschöpft und lächelt mir mit ihren calciumgestärkten weißen Zähnen entgegen. Auf meine Frage, wohin sie ihre Last trage, antwortet sie in gebrochenem, schwer verständlichen Hochchinesisch: "Zu den Lamas natürlich." Sie meint jene in karmesinrote Tücher gehüllte Gestalten, die hier oben ihr geistiges und weltliches Domizil haben. "Bekommst Du etwas dafür?", frage ich weiter. "Natürlich, den