Als Brigitte Heinisch sich 2003 mit dem Wissen um untragbare Zustände im Altenpflegewesen an die Öffentlichkeit wandte, stand dieser Schritt am Ende eines langen Weges. Brigitte Heinisch ist ehemalige Pflegerin der Vivantes GmbH in Berlin und wurde Zeugin pflegebedürftiger, alter Menschen, die in ihrem eigenen Kot und Urin lagen oder ohne gerichtlichen Beschluss an ihre Betten fixiert wurden. Sie wurde Opfer von so genanntem Bossing, dem Mobbing durch den Chef – Konsequenz ihres Versuchs, die offensichtlichen Missstände intern anzusprechen. Auf ihre Meldung der Missstände an die Staatsanwaltschaft folgte die Entlassung durch den Arbeitgeber. Sie muss ihr Recht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einklagen, weil es in Deutschland keine rechtliche Grundlage gibt, die Menschen mit Zivilcourage, wie sie, schützt.
Wären wir in den USA, so würde man Heinisch als Whistleblower bezeichnen und ihre Enthüllung hätte sicher juristische Folgen für die Verantwortlichen gehabt. In Deutschland aber fehlt ein Konzept für Brigitte Heinisch. Hier ist sie Geheimnisverräterin, eine Denunziantin, eine Nestbeschmutzerin. Wir Deutschen haben kein Konzept und kein Wort für sie – und wie es aussieht auch keinen Schutz innerhalb unserer Gemeinschaft.
Enttäuschte Erwartungen
Diese Situation steht im Widerspruch zu den Erwartungen, die wir als Staatsbürger teilen. Wir erwarten, dass unsere finanzielle Zukunftssicherung von niemandem verzockt wird und Politiker nicht fahrlässig vorgehen, wenn sie über Sachverhalte mit großer Tragweite entscheiden. Wir erwarten, dass niemand unsere Kinder in Schulen missbraucht, dass Hygiene in Krankenhäusern nichts ist, um das wir uns sorgen müssen. Wir erwarten, dass Steuerbetrüger und andere, die sich zum Nachteil der Gesellschaft bereichern, verfolgt werden. Diese Erwartungen sind unabhängig davon, welche Gesetze gerade gelten. Sie sind tief in unserem Wertesystem verankert, auf dessen Gültigkeit wir uns verlassen.
Oft stellen wir jedoch fest, dass Erwartungen dieser Art enttäuscht werden, dass die Systeme denen wir vertrauen, korrupt sind. Die Mechanismen und Abhängigkeiten unserer Gesellschaft werden immer komplexer und undurchschaubarer, so dass Korruption und Missbrauch zunächst oft nur von innen zu erkennen sind. Korruption und die Anfälligkeit dafür steigen mit der Komplexität und dem Grad der Geheimhaltung in einem System. Was also sollte die Verfolgung und Ausgrenzung derer legitimieren, die uns über korrupte Zustände innerhalb eines solchen geheimen Systems informieren?
Das Wissen darum, wo unsere Erwartungen nicht erfüllt werden, und auch darum, auf welche Weise sie enttäuscht werden, ist Grundlage für die Beurteilung dieser Probleme – und somit auch die Basis für jede Korrektur von Fehlern. Whistleblowing ist für eine Gesellschaft ein wichtiger Fehlerkorrekturmechanismus, und oftmals auch die Ultima Ratio, das letzte Mittel, um die Zustände zu verbessern. Es geschieht dort, wo Insider und Praktiker erkennen, dass etwas wirklich schief läuft. Und es ist die effizienteste Methode für positive Veränderung – wo man sie zulässt.
Effizienter Motor des Wandels
Die Erkenntnis um die Effizienz von Whistleblowing war eine der Grundlagen für die Schaffung von Wikileaks, einer Internetplattform, die den Geheimnisverrat in die Wohnzimmer von jedem bringen und salonfähig machen sollte. Auch sollte Wikileaks jene Whistleblower schützen, die aufgrund fehlender rechtlicher oder gesellschaftlicher Sicherheiten aus der Anonymität heraus agieren müssen.
Der Erfolg der Plattform gibt dem Prinzip dahinter recht, und zeigt auch, wie wichtig eine solche Plattform sein kann. Mehr als eine Million Dokumente wurden eingesandt, Hunderttausende davon publiziert. Das Projekt wurde vom eigenen Erfolg überrascht. Hatte man anfangs erwartet, vor allem Bürger in repressiven Regimen zu unterstützen, so sah die Realität anders aus. Es waren vor allem Dokumente aus demokratischen Ländern, die Wikileaks zugespielt wurden. Dies hat zum Teil mit dem Bekanntheitsgrad des Projekts und der besseren Anbindung an das Internet in diesen Ländern zu tun. Es zeigt aber auch, wie hoch der Bedarf an einer Whistleblowerlösung in den westlichen Demokratien ist und zugleich, wie morbide die Systeme sind, die diese Gesellschaften ausmachen.
Zudem wurde deutlich, wie häufig Fehlverhalten in Industrieländern negative Folgen in den wirtschaftlich schwächsten Regionen der Welt entfaltet. In einer globalisierten Welt hat das, was Unternehmen oder Regierungen in der so genannten Ersten Welt tun, auch Auswirkungen auf Wohlergehen, Gesundheit, Krieg oder Frieden in Ländern wie der Elfenbeinküste, Afghanistan oder Irak. Daher sollten Veränderungen in Industriestaaten auch aus anderen betroffenen Ländern heraus über Plattformen wie Wikileaks angestoßen werden können. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann technische Verfügbarkeit und Bekanntheitsgrad auch alternativer Plattformen dazu führen werden.
Die Schwäche von Wikileaks
Wikileaks hat das Whistleblowing verändert, einen Kulturwandel angestoßen und die Grenzen des Möglichen wie auch des Akzeptierten nachhaltig verschoben. Dieser Vorstoß der Zivilgesellschaft ist sehr wichtig. Er kann als Beispiel dafür dienen, was in einer global vernetzten Welt möglich ist.
Das Projekt ist so allerdings auch an seine eigenen Grenzen gestoßen. Die zunehmende Flut von Dokumenten war nicht mehr abzuarbeiten, strukturelle Schwächen wurden immer deutlicher und zudem wuchs der politische Druck auf die Organisation. Dieses Feedback ist sehr wichtig, um zu verstehen, wo die Schwächen des Projekts liegen und was für die Zukunft verändert werden müsste.
Die effiziente Nutzung der von Whistleblowern zur Verfügung gestellten Materialien muss dabei im Vordergrund stehen. Eine Plattform für Whistleblower ist eine neutrale Instanz und muss sich selbst als reine Dienstleistung begreifen. Dies betrifft vor allem die verlässliche Entgegennahme, Verarbeitung und Auswertung von Dokumenten. Diese Funktion darf sie nicht aus dem Auge verlieren und sie muss sicherstellen, dass sie selbst bei großem Zuspruch die Einsendungen diskriminierungsfrei abarbeitet. Auch funktionale Schnittstellen mit den klassischen Medien werden benötigt. Eine Whistleblowing-Plattform ist Zuarbeiter für Medien. Deren Aufgabe ist die Analyse, Aufbereitung, Kontextualisierung und Präsentation der Informationen gegenüber der Gesellschaft.
Gegenseitige Kontrolle
Die Verknüpfung von Whistleblower-Plattform und Medien bewirkt auch die gegenseitige Kontrolle und Stützung beider Seiten. Die Qualität der Berichterstattung wird überprüfbarer, die Mechanismen der Whistleblowing-Plattform unterliegen einer Revision durch unabhängige Journalisten und es entsteht ein gemeinsames Interesse daran, jene Menschen zu verteidigen, die den Schutz der Anonymität suchen müssen, solange sie anderweitig nicht geschützt werden.
Genau diesen Schutz gilt es jedoch zusätzlich zu etablieren. Die Gruppe von Menschen, deren Moral und Gewissen im Zweifelsfall mehr wiegen, als die Ansage oder der Befehl eines Vorgesetzten, wächst. Bisher tolerieren wir ihre Einstufung als Illegale. Es ist an der Zeit zu fragen, ob wir dies wirklich wollen und ob wir uns dies leisten können. Auch wenn technische Lösungen hier helfen können, so muss das Dilemma von gesetzlichem Unrecht und übergesetzlichem Recht endlich aufgelöst werden.
Wenn wir bereit sind, Whistleblower als Helden anzuerkennen, können wir vielleicht irgendwann einmal fragen, welcher Grad an Geheimhaltung für das gesunde Funktionieren unserer Gesellschaft akzeptabel ist und welcher Grad an Geheimhaltung nur legal sein darf. Diese Diskussion geht über das hinaus, was wir bisher bereit sind zu diskutieren. Alexander Solschenizyn sagte schon 1970 in seiner Nobelpreisrede, die Rettung der Menschheit bestünde darin, „dass alle alles angeht“. Die Umsetzung dieser Maxime liegt in den Händen unserer Gesellschaft und ihrer couragierten Bürgerinnen und Bürger. Brigitte Heinisch und viele andere gehen mit leuchtendem Beispiel voran.
Informanten sind in Deutschland geschützt, allerdings nicht umfassend. Zu unterscheiden ist zwischen einem indirekten und einem direkten Schutz. Journalisten haben ein Zeugnisverweigerungsrecht und sind nicht verpflichtet, die Identität ihrer Quellen preiszugeben. Auf Schutz von dieser Seite konnten sich Informanten bisher meist verlassen ein Journalist, der eine Quelle verrät, kann kaum damit rechnen, jemals noch von einer anderen informiert zu werden.
Um dennoch undichte Stellen zu finden, etwa in Behörden, kam die Staatsanwaltschaft jedoch immer wieder durch die Hintertür: Da Journalisten selbst sich nicht des Geheimnisverrats strafbar machen können, wurden sie häufig der Beihilfe zum Geheimnisverrat beschuldigt. 2005 wurden etwa die Redaktionsräume des Cicero durchsucht, nachdem das Magazin aus einem Geheimdokument des BKA zitiert hatte. Mittlerweile haben Gerichte und der Gesetzgeber reagiert, Journalisten sollen nicht mehr der Beihilfe, sondern nur noch dem schwer nachzuweisenden Vergehen der Anstiftung zum Geheimnisverrat beschuldigt werden können.
Für Informanten in staatlichen Institutionen gilt: Die Verletzung des Dienstgeheimnisses bleibt strafbar. Auch Whistleblower, die etwa Korruption, Datenschutzvergehen oder Verstöße gegen Gesundheitsvorschriften in privaten Unternehmen aufdecken, genießen nicht zwangsläufig Schutz. Wer Interna verbreitet, kann abgemahnt oder sogar gekündigt werden. Vorwürfe müssen erst intern vorgebracht werden, nur wenn das nicht zumutbar ist etwa weil sich die Vorwürfe gegen den Arbeitgeber selbst richten oder wenn intern keine Aufklärung erfolgt, darf eine Behörde eingeschaltet werden. Gerichte müssen in jedem Einzelfall entscheiden, ob es zumutbar gewesen wäre, zunächst den Arbeitgeber zu informieren. An die Öffentlichkeit zu gehen, ist nur in den seltensten Fällen rechtlich zulässig.
Kommentare 41
gerade in der pflege gab es nach 2003 immer wieder eine vielzahl von whistleblowern. es gab ausserdem reichlich "enthüllungsjournalismus" und eine menge skandale. dennoch erleben wir derzeit eine rasante verfestigung der ökonomischen verformungen von pflege. es hat sich also nach Brigitte Heinisch sehr wenig zum postiven geändert. ob die effiziente nutzung von whistleblowermaterialien abseits der ganz grossen themen tatsächlich auch wirklichkeit verändern kann oder nur im allgemeinen medienrauschen untergehen muss, darf also gefragt werden. und vielleicht muss man naiv sein, um in diesem zusammenhang an die möglichkeit von verbesserungen durch gezielte herstellung von öffentlichkeit zu glauben. es bleibt aber der einzige weg und deshalb teile ich Ihre meinung, wir müssen diese naivität wagen.
www.reformpflege.de
Meinen Sie, es wäre sinnvoll, whistleblower Netzwerke nicht als Ergänzung sondern als Konkurrenz zu den etablierten Medien aufzubauen? Mal abgesehen davon, dass dies bei wikileaks absehbar nicht möglich ist, könnte dem allgemeinen "Rauschen" doch so tatsächlich eine Alternative entgegengesetzt werden, die vielleicht auch zu einer Veränderung unter den Etablierten führte und die Schwerpunkte anders setzen würde.
Nötig sind m.E. mindestens:
- Whistleblower-Plattformen, die mit den Medien zusammenarbeiten wie von Domscheit-Berg beschrieben;
- Whistleblower-Plattformen (evtl. dieselben, evtl. andere), die auch unabhängig von den Oligopol-Medien genügend Widerstandskraft haben Meinungsfreiheit und kritische Berichterstattung auch dann durchzustehen,
Themen eigenständig zu setzen und Informanten beizustehen wenn es hart, teuer und langwierig wird;
- zivilgesellschaftliche Whistleblower-Netzwerke und Bündnisse, die die Querschnittsthemen Whistleblowingförderung (z.B. als positives Risikofrühwarnsystem) und Whistleblowerschutz inklusive der umliegenden Felder (von Meinungs- und Petitionsfreiheit und Geheimnisschutz bis zu einer unabhängigen Justiz) politisch dauerhaft und schlagkräftig beackern, um jenseits von (und in Ergänzung zu) themenbezogener Einzelfallberichterstattung und Skandalisierung um notwendige kulturelle und rechtliche Veränderungen zu bewirken (was z.B. www.whistleblower-netzwerk.de zumindest in Ansätzen versucht)
Ich frage mich ja, ob sich wirklich behaupten lässt, dass Menschen, die geheime Daten veröffentlichen, allesamt Helden sind.
Gewiss, Whistleblowing kann eine positive gesellschaftliche Funktion übernehmen. Naiv aber wäre anzunehmen, dass die meisten Menschen aus uneigennützigen Motiven Dokumente zur Veröffentlichung weitergeben. Das Gegenteil ist der Fall - siehe den Artikel "Die unsichtbare Macht". Das muss nicht immer schlimm sein, kann es aber.
Wie kann sich eine Whistleblower-Plattform davor schützen, zu einem "nützlichen Idioten" in dem Spiel von Informanten, Spin-Doctoren und Manipulierern zu werden?
Naja, den Whistleblowern einen Heldenstatus zuzuordnen - ob der-/diejenige nun aus hehren Motiven heraus handelt oder nicht - kann auch eine positive gesellschaftliche Funktion haben. Je mehr Geheimnisverräter positiv konnotiert sind, desto eher verändert sich doch wohl auch das allgemeine Bewusstsein dahin, dass sehr viele Sachen nicht geheim sein sollten bzw. dass durch die Geheimhaltung bestimmter Fakten die Möglichkeit des Bürgers eingeschränkt wird, noch als Souverän zu entscheiden.
Nützliche Idioten: vielleicht muss man das zu einem gewissen Grad in Kauf nehmen. Angenommen, die veröffentlichten Dokumente haben einen Nutzen für die betroffene Bevölkerung, ist es dann nicht zweitrangig, dass evtl. mit der Veröffentlichung auch z.B. auf internationaler Ebene ein bestimmter Schachzug gespielt wurde? Und wenn es "ganz klar" nicht zweitrangig ist, wiegt dann nicht trotzdem das Recht des Bürgers mehr? Schließlich hat die Regierung ihm (aus taktischen Überlegungen heraus) etwas vorenthalten und muss dann eben mit den Konsequenzen leben.
Wahrscheinlich kommt es auch darauf an die Fixierung auf den Whistleblower und dessen Heldenrolle zu durchbrechen. Soll heißen: solange er nicht nachweisbar bewusst die Unwahrheit verbreitet hat sollte er geschützt sein, ob Held oder nicht, ob offen oder anonym, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Eine ganz andere - und wenn ersteres Problem einmal gelöst wäre - viel wichtigere Frage ist, was passiert mit der Nachricht/Information. Hier geht es um die entscheidenden Punkte: Wer überprüft die Richtigkeit, nach welchen Kriterien und wer entscheidet welche Folgerung dann zu ziehen sind. Was darf/muss die demokratische Öffentlichkeit wissen damit Demokratie funktionieren kann.
Allein dass eine Information verfügbar wird, ist nicht schlimm. Schlimm ist wenn eine falsche Information nicht als falsch markiert wird und/oder wenn illegitime Gesetze (z.B. jene der Nazis oder der DDR) oder Moralvorstellungen aus Informationen schlimme und unangemessene Folgen ziehen und die Massen blind hinterherlaufen. Wenn Informationen missbraucht werden.
Hier gilt es diesen Umgang zu hinterfragen und sich diesem Missbrauch entgegenzustellen und hier ist jeder Einzelne gefordert wo nötig NEIN zu sagen, was natürlich wesentlich schwieriger ist als einfach den Informanten/Whistleblower/Denunzianten/Nestbeschmutzer/... als Sündenbock in die Wüste zu schicken ohne die eigene Rolle hinterfragen zu müssen.
Die Lösung auf Ihr Frage findet sich schon bei I. Kant: Aufklärung und "sapere aude" - allerdings nicht nur bei der Whistleblower-Plattform sondern auch bei jedem Rezipienten.
So ein komplexes System hört sich vielversprechend an. Jedoch: wie lange wird es dauern, bis wir so etwas haben? Werden wir überhaupt jemals...?
Eben. Dadurch, dass alles offen da liegt, kann theoretisch jeder nachprüfen. Praktisch aber muss er entsprechende Kenntnisse und Zeit mitbringen.
... die Mechanismen der Whistleblowing-Plattform unterliegen einer Revision durch unabhängige Journalisten ...
Nun, wie kann sich eine Journalisten-Plattform davor schützen, zu einem "nützlichen Idioten" im Spiel von Kapitalisten , Spin-Doctoren und Lobbyisten zu werden?
Ach Quatsch, diese Frage stellt sich schon lange nicht mehr.
Ein weiterer Überprüfungsmechanismus?
Warum?
Der Ansatz ist Kappes. Nur mal als strukturelle Anregung: Wer hat jahrelang die "Bankinformationen" überprüft, die bisher die Bürger weltweit 7 Billionen Euro gekostet haben? Das Wall Street Journal?
Mal angenommen, es gäbe diese alternativen Informationskanäle und mal angenommen, die wären eine über alles erhabene vertrauenswürdige Quelle von Primärinformationen für die ganze Welt und mal weiter angenommen das Projekt wäre obendrein über die Maßen erfolgreich.
Was glauben Sie, wie lange das dauern würde, so ein Projekt geheimdienstlich zu unterwandern und zu zerstören oder wieder auf Linie zu bringen?
Sind wir wirklich so naiv, anzunehmen, dass Wikileaks aus den offiziell verlautbarten Gründen jetzt zerbröselt? Dann haben wir es wirklich nicht besser verdient, wenn in der Medienlandschaft irgendwann wieder dieser himmlische Friede synchroner Berichterstattung herrscht - von den Buddelbrooks bis zur Mappus Show werden wir medial auf die unwichtigen Themen gelenkt, während im Hintergrund die wirklich wichtigen Dinge laufen.
Noam Chomsky hat nie ein Buch geschrieben und Goebbels war bloß ein Gartenzwerg.
Bankinformationen werden von Banken erzeugt und geprüft. Die sind sogar zertifiziert. Und das Schönste: das Geld ist ja nicht weg! Wir wissen bloß nicht so genau, wem es jetzt gehört.
Warum nicht? Weil es keine von Kapitalisten , Spin-Doctoren und Lobbyisten unabhängige Journalisten-Plattform mehr gibt. Außer ein paar Klitschen, deren Pamphlete im Keller gedruckt werden :)
"wie lange wird es dauern, bis wir so etwas haben?"
Kennen Sie ein anderes Wort für Ewigkeit?
Aktuell: Kalter Krieg gegen WikiLeaks
Konto gesperrt: Assange wirft den USA "Kriegsführung mit finanziellen Mitteln" gegen WikiLeaks vor. Angeblich sind für nächste Woche neue Veröffentlichungen über den Irak-Krieg geplant
twitter.com/wikileaks/status/27456721471
Unabhängigkeit heute heißt, sich von allen Transaktionen, bei denen Geld eine Rolle spielt, zu 100% zu befreien. 100% meint auch 100%.
Das wäre Unabhängigkeit und Freiheit. Das eigentlich Schlimme daran ist, dass wir selbst in unseren Denkstandards schon so abhängig vom Geld sind, dass wir uns nicht mal ein Paradies ohne Apfel vorstellen können. Vermutlich ist es ein Braeburn aus Neuseeland. Frisch eingeflogen, während sozusagen "nebenan" im alten Land die Äpfel bloß zu Saft verarbeitet werden.
ja, 18. Oktober sollen neue Dokumente rauskommen. Mal sehen...
Hier noch ein interessanter Hinweis: “US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte, die Veröffentlichung zahlreicher Geheimdokumente über den Afghanistan-Krieg durch die Whistleblowing-Website WikiLeaks habe nur "begrenzten Schaden angerichtet". Es seien keine Quellen oder Praktiken der US-Geheimdienste kompromittiert worden, so Gates.“
http://www.spiegel.de/images/image-24138-panoV9-ulpb.jpg
Selbst das wird nur die Spitze des Eisbergs der gegen Wikileaks ausgeführten Attacken sein.
Im Moment ist es Wikileaks gegen die NSA und den CIA. Ich befürchte diese recht engagierten Institutionen werden die publizierten Nachrichten auf eine ganz neue Basis stellen, schließlich handelt es sich um originäre Nachrichtendienste.
Die werden einen so großen und breiten stinkenden Haufen scheißen, dass hinterher nichts mehr von der Pflanze Wikileaks wiederzuerkennen ist.
... So schrieb der Blogger und Transparenz-Experte Steven Aftergood, alleine die Tatsache, dass ein derartiger Leak erfolgt sei, würde "das Vertrauen in die Fähigkeit des Militärs, Geheimnisse zu bewahren, untergraben". Dies wiederum könnte sich "in subtiler, aber realer Weise" auf die Fähigkeit, weitere Agenten zu rekrutieren und bei der Stange zu halten, auswirken und auch die Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten anderer Staaten behindern. Die USA, so Aftergood, müssten dies ernst nehmen.
Der Witz ist ja, Streifzug, daß diese Informationen schon immer da waren, nämlich: bei den Zentralbanken.
Da implodierte nie eine Informationsbombe, da wurde nicht zwei Dekaden lang irgendwas versteckt und es wurde schon gar niemand irgendwo überrascht, es stand alles schwarz auf weiß da, und jeder, der es wissen wollte, konnte es wissen — nur hat's niemanden interessiert, denn statt mal in die eigenen Bücher zu schauen, hat man lieber Bilanzierungsrichtlinien (Basel II) geändert. Alles hochoffiziell, mit Professoren, Direktoren, Dirigenten, Referenten, Koordinatoren, die die Anhänge zu den Dokumenten rechtswirksam paraphierten.
Und der noch größere Witz ist, daß die sieben Billionen noch niemanden irgendetwas »gekostet« haben — sind ja nur Schulden bislang, virtuelles Geld, Zikularität aus dem Automaten.
»Bezahlt« werden die erst in der Zukunft.
Die alte Geschichte.
Alles wieder voll cremig im Verteidigungsministerium.
Next task:
Find him.
Kill him in an accident.
Warum traurig? Die Argumentation taucht doch immer und überall auf.
Hmmm, das hört sich ganz nach der so verteufelten Gratis-Kultur im Internet an. Da ist zwar auch nix wirklich gratis, es reicht aber, um den entsprechenden Verteidigern von Demokratie und Transparenz einen Schauder über den Rücken zu jagen.
http://www.nerdcore.de/wp/wp-content/uploads/2009/07/deadgnomes.jpg
YO!
Hallo J.A.-P.,
na, jetzt bin ich beruhigt, denn auf lange Sicht sind wir alle tot.
Zur Verwertung der Informationen. Darum habe ich auf das Wall Street Journal hingewiesen. Es ist schlicht albern von medialen Plattformen kritische Aufklärung in solch brisantem Bereich zu erwarten. Da würden die libertären :) Besitzern ihren Journalisten lieber eigenhändig beide Arme abhacken.
Wurde nicht versteckt? Noch besser. Dann kann auch keiner auf die Idee kommen, dass es wichtig sein könnte. Sollten die Regierungen vlt auch so machen...
Ach Streifzug, Sie und Ihre Labels immer — das ist eine Marotte von Ihnen.
Abgesehen davon haben Sie aber recht, wenn auch nicht hinsichtlich der Methoden. Ich sag Ihnen mal was: Zu der Zeit, als ich noch für Barclays arbeitete, hat jeder, und zwar von der Putzfrau angefangen bis hinauf zum DiRex, der den Büroflur langging, gemurmelt: This is the biggest heist in history.
Gedruckt, gesendet, verbreitet wurde das nicht. Warum auch? Man muß dazu keine Hände abhacken, sondern nur das Schaufenster aufmachen. Und da sah man, daß innerhalb zehn Jahren die gesamte industrielle Produktion auf dem Planeten verdoppelt wurde (nur so von wegen Deindustrialisierung, Schmarren ist das).
Das gehört nämlich auch zu diesem Spiel.
Dass wir es in vielen Bereichen mit einer Überproduktion zu tun haben lieber J.A.-P., quakt jedes Entchen auf dem Teich.
Warum? Ein interessantes Thema. Man muss sich die Entwicklung einfach mal in einer globalen Zeitrafferanimation vorstellen. Das ergibt eine spannende Struktur, die zu gewagten Schlussfolgerungen führen kann.
Zu welchen? Dazu ist es erforderlich mehrfach die Ebenen zu wechseln. Auch hinsichtlich der Größenverhältnisse.
oh doch, es gehoert immmer den gleichen. sie haben es noch nicht mal verliehen, sondern vermietet. manchmal muss man eben auch miete für was zaheln, von dem man nicht mal weis wo es sich befindet, und ob es überhaupt existiert. klasse trick eigentlich ... soweit, aber am ende ist das wunder gross.
sorry , war 'ne antwort an gero steiner , der scherzhaft meinte , man wisse nicht mehr wem das geld gehoere ...
lieber gero , wahrscheinlich zerbroeselt wikilieaks auch gar nicht wirklich. die technik der antizipatorischen nagelung von koepfen im omnipresenten hausfrauenkalender ist doch bekannt. erst wird alles zerredet und wenn dann keiner mehr dran gklaub, dass es das je gegeben hat, sind wir wieder bei deinen gartenzwergen angelangt.
Ein Anfang jeglichen Untergang zu Stoppen, durch die Praktische Stärkung der Demokratie durch Liberalisierung des Waffenrechts, also Legalen Bürgern zum verstärken die Legitimation für Handfeuerwaffen Zuzugestehen, um einer Ohnmacht gegen Jegliche Gewalt von Außen oder von Innen im Notfall (Notwehr) zu Entgegnen.
Oder wenn obiger Vorschlag nicht Möglich ist, durch Gründung Demokratischer Handfeuerwaffenvereinigungen oder ebensolcher Schützenvereine oder gleichgesinnter Jägerschaften und wenn nicht Vorhanden Neugründung ebensolcher. (Zivilgesellschaften ohne blauäugigen Altruistisch oder Pazifistisch Konditionierten).
Danke iDog.
*
)
Wir dürfen doch auch gar nicht wissen, wo das ganze Geld ist. Sonst fallen noch so häßliche Begriffe wie Trilaterale Kommission oder Bilderberger.
@guidostrack: "Allein dass eine Information verfügbar wird, ist nicht schlimm". Das ist korrekt.
Aber die Korrektheit von öffentlichen Informationen allein reicht nicht aus, um gesellschaftlich positiv zu wirken. Die Informationen müssen auch hinreichend vollständig sein.
Nur deshalb kann Whistleblowing ja etwas zum Guten verändern: Es vervollständigt unser Bild mit bisher unzugänglichen Daten.
So. Und zu einem vollständigen Bild gehören nun mal auch die Motive für eine Veröffentlichung. Schließlich funktioniert Desinformation am besten mit korrekten Informationen, die systematisch in eine Richtung weisen.
Was geschieht denn, wenn jemand wagt, sich seines Verstandes zu bedienen, er dann aber wegen fehlenden Wissens um die Motive zum falschen Ergebnis kommen muss?
Er ist felsenfest von seiner Meinung überzeugt, schließlich hat er sie sich ja selbst nach bestem Wissen gebildet. So funktioniert erfolgreiche Propaganda.