Der lachende Mann

Bundespräsident Köhler in Afrika Es ist Zeit, dass Europa aufwacht, glaubt er

Links steht er mit seiner Frau und macht ein freundliches Gesicht. Rechts lächelt er Staatsmänner an. In der Mitte aber zeigt er sein lachendes Gesicht, denn hinter ihm stehen Männer der Bundeswehr - aus ihren Uniformen entschlossen in die Ferne blickend.

So zeigt sich - völlig unbefangen - der Präsident der Bundesrepublik Deutschland seinem Volk. Welche Seite wir auch immer auf der Homepage www.bundespraesident.de anklicken, oben an steht immer der dreifache Horst Köhler, seine Soldaten hinter sich geschart.

Gerade hat er seinen zweiten Staatsbesuch in Afrika hinter sich gebracht. Als Chef des IWF hatte er den Kontinent sechsmal inspiziert und mit Strukturanpassungsmaßnahmen und Reformen dafür gesorgt, dass Afrika geöffnet wurde für den Weltkapitalmarkt. Der Bundespräsident habe ein "Herz für Afrika", heißt es. Reformen aber brauchen Sicherheit. Das weiß Horst Köhler, und darum hat er, kurz bevor er seine Afrika-Visite antrat, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) ein maßsetzendes Interview gewährt. Armutsbekämpfung? Ja, aber: "Es ist nicht das Geld, das im Mittelpunkt steht". Es geht vielmehr "um ein verlässliches Umfeld für die Menschen in Afrika, die Vernünftiges leisten wollen".

Und dazu braucht Afrika, der Kongo zuerst, die deutsche Bundeswehr. "Ich gehöre auch nicht zu denen, die den Einsatz privater Hilfsorganisationen für das Maß aller Dinge halten", so Köhler in besagtem Interview. "Wir müssen an einer dauerhaften Brücke europäisch-afrikanischer Zusammenarbeit arbeiten." Ob denn da der viel diskutierte Einsatz deutscher Soldaten im Kongo ein Pfeiler für eine solche Brücke sein könne, fragte die HAZ nach. - Köhler antwortet mit einem klaren Breschnew-Ja: "Wenn die Regierung des Kongo mit allen darin vertretenen Kräften jetzt auch um die Entsendung eines beschränkten Kontingentes bittet, dann sollte sich Deutschland einer Beteiligung an einem europäischen Einsatz nicht entziehen." Der Kongo, dass weiß der Präsident, "ist nun einmal ein Land, das allein schon wegen seiner immensen Rohstoffvorkommen Begehrlichkeiten der Außenwelt weckt", und darum sei es Zeit, dass "Europa aufwacht".

Europa ist schon des öfteren aufgewacht. Vor vier Jahrzehnten, lange bevor Generalinspekteur Naumann offiziell die Verteidigungspolitischen Richtlinien zwecks eines "ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" erließ, gelang es dem deutschen Major Siegfried Müller, genannt Kongo-Müller, "gegen Wehrsold und Plünderungsrecht im Kongo wieder Ordnung zu schaffen", wie damals der Berliner Tagesspiegel ironiefrei schrieb. Müllers Truppe bestand auch aus Bundeswehrreservisten. Schon damals wurden in Hammelburg, in der dortigen "Kampftruppenschule des Heeres", freiwillige "Einzelkämpfer" unter härtesten Bedingungen für den Dschungelkrieg ausgebildet.

Heynowski Scheumann, die beiden DDR-Dokumentarfilmer, brachten Kongo-Müller vor die Kamera. Der Film hieß Der Lachende Mann und durfte in der Bundesrepublik nicht gezeigt werden. Kongo-Müller zeigte sich gern mit lachendem Gesicht. Wenn seine Truppen aus dem Feld heimkehrten zum Beispiel: "Als sie zurückkamen, kamen sie mit Totenköpfen auf Spießen und lachten und haben sich amüsiert. Käpt´n Müller, hier haben wir einen für Sie. Und dann hat er mir einen Totenkopf gereicht, ich hab ihn auf ´nen Blumenständer gestellt." Müller lacht, und später ziert der ausgekochte Rebellenkopf den Kühler seines Kampfjeeps.

Rebellen übrigens, das waren damals die Anhänger des gewählten Kongo-Premiers Patrice Lumumba - Kongo-Müller arbeitete für Moise Tschombe, der Lumumba im Auftrag Belgiens, das um Rohstoffquellen bangte, umbringen ließ. Müller vor der Kamera: "Man vernimmt jemanden, und wenn man vernimmt, muss er Hiebe kriegen, sonst erzählt er nicht richtig ... Und wenn er erzählt hat, wird er, da er ein Rebell ist und ein Rebell außerhalb des Rechts steht, getötet. Das ist ganz normal, das ist hier die Kriegsregel."

Heute ist alles anders, heute hat Deutschland eine Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul, die vor Rassismus warnt: Wer behaupte, Afrika sei den Einsatz von Bundeswehrsoldaten nicht wert, spreche einem ganzen Kontinent seine Missachtung aus, sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel.


Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden