Der Mann meiner Träume

Kehrseite II Der Mann meiner Träume ist ein großes A, am liebsten ist er mir kursiv, dann ängstigt er auch nicht meine Katze, wenn er durchs Zimmer spaziert. Er ...

Der Mann meiner Träume ist ein großes A, am liebsten ist er mir kursiv, dann ängstigt er auch nicht meine Katze, wenn er durchs Zimmer spaziert. Er ist so eckig, das beschäftigt mich sehr, aber montags finde ich zu mir selber und bringe die Welt ins Gleichgewicht, was sich nicht vermeiden lässt bei all dieser Zuwendung.

Wenn der Mann meiner Träume mir ins Herz schlüpft, fällt mir das Atmen so schwer nach all diesen Stufen, die direkt auf eine Wiese führen.

Zu meinem Bedauern ist er nicht sehr gelenkig, es liegt an seinem kantigen Körper, er stolpert auch leicht, besonders beim Singen. Er will immer mit mir essen, am liebsten unter Wasser, weil er dort so schön ist, und ich im gebrochenen Licht endlich sein Gesicht erkennen kann.

Der Mann meiner Träume wohnt in der dritten Schublade rechts, er öffnet mir die Augen, wenn die Flut kommt und ich müde vom Dichten bin. Er liebt es, wenn ich ganz und gar mit Puderzucker bedeckt bin, den pustet er später fort, ganz sacht.

Überhaupt pustet er so gern.

Einmal schenkte er mir drei Garben Pusteblumen, da wusste ich, dass auch er mich liebt.

Später flog ich mit den Schirmen davon. Meine Katze und er saßen auf dem Fensterbrett und winkten mir zu.

Heute morgen bin ich wieder der Stern, der ich schon einmal war, ich folge jetzt den Anweisungen meiner Mutter, die mir früher vergeblich befahl, die Füße fein säuberlich und gekreuzt auf das Tischtuch zu legen.

Regine Mönkemeier lebt in Lübeck, sie schreibt Gedichte und Geschichten. Zuletzt erschien von ihr: Salar de Atacama in Die Schallmauer an Ungesagtem. Gedichte vom Wettbewerb zum 1. Literaturpreis Pablo Neruda 2004, Rostock, 2005.


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