Der Mensch ist das Medium

Im Gespräch Alexander Kluge über die Ursprünge des Kinos, über Erfahrung und Öffentlichkeit und Nahtstellen, an denen Chaos und Glück entstehen

FREITAG: In Ihrem neuen Buch "Geschichten vom Kino" beschreiben Sie drei Maschinen, die das Kino ausmachen.
ALEXANDER KLUGE: Es liegt etwas Erstaunliches darin, wie die Gebrüder Lumière und jenseits des Atlantiks Edison gleichzeitig die Filmkamera erfinden. Als ob die Menschen hier etwas wiedererkennen, was sie seit der Steinzeit in ihrem Kopf schon längst machen: Kino. Das bekommt jetzt eine äußere Gestalt, und das ist die Maschine des Kinos Nr. 1. Die führt aber noch nicht zu irgendeinem Erfolg, sondern man versucht, wie es die Filmhistorikerin Miriam Hansen sehr plastisch bezeichnet, sozusagen eine erste Globalisierung des Films. Die Menschen mit Kamera schwärmen aus, nach Shanghai, nach Afrika, nach Abessinien übrigens, und bringen dann von dort das Neueste in die Hauptstädte. Das ist eine Art Koloniebildung, aus der das erste Kino, die erste Kinomaschine besteht.

Dann kommt als Zweites die Übernahme des Theaterprinzips: Irgendwo gibt es einen Eingang, dann eine Vorstellung und eine Attraktion. Dies ist das zweite Kino, das war auch noch nicht erfolgreich. Und dann entsteht durch Zufall etwas, was mich sehr fasziniert, nämlich dass in einem Vergnügungspark, Coney Island in den USA, Maschinen stehen, Guckkästen, in denen man Ein- oder Zwei-Minuten-Filme sehen kann. Und nachdem diese Apparate auf dem Jahrmarkt ausgedient haben, kommen sie nach New York und werden aufgestellt, da wo der Heimweg der Menschen ist. Und hier sind jetzt Menschen, von der Arbeit kommend, innerlich einen Moment ausgelaugt - und statt in die Kneipe zu gehen, gucken sie jetzt in diese Wunderwelt des Kinos. Das ist billig, das sind die so genannten Penny-Arkaden. Und diese dritte Maschine, durch die das alles extrem billig wird, geht elementar und robust auf die Bedürfnisse müder Menschen ein, und zwar von Menschen, die aus ganz verschiedenen Gegenden kommen - das ist der Anfang des Kinos. Dieses spontane Kino zwischen Arbeitsplatz und Familienintimität, das ist die Erholungsstätte, wo der Film immer wieder neu aufbricht.

Aber hat nicht schon in diese frühe Geschichte der "penny arcades" sofort der Staat eingegriffen, nicht nur in Form von Zensur, sondern auch im Gegenteil durch die Förderung der "penny arcades" und die Abschaffung der Schnapskneipen. Ich glaube, das hat gerade mal drei Monate gedauert, bis aus dem Spontanen etwas Kontrolliertes wurde.
So ist das immer! Wenn Sie die italienische Neue Welle nehmen, die fängt ja schon mitten in der Diktatur an: Sie hat einen Ausbruch von Schöpfergeist; in einem Film von Rossellini treten die ganzen künftigen anderen Regisseure auch schon auf, es sind Kollektive, die da arbeiten - ein bewundernswerter Neuanfang. Und sofort kommt Andreotti - der Jahrzehnte später übrigens vor Gericht stehen wird wegen seiner Amtsführung - und installiert eine Filmgesetzgebung, die das alles wieder totmacht. Das heißt, wo ein Leben ist, das Kino heißt, kommen sofort auch die Totschläger, die Totengräber, die können Verleiher heißen, das kann auch der Staat sein. Aber sie kommen mit Gewissheit angezogen, als wäre eine Beute zu machen.

Ist die Gegenseite lernfähig oder läuft das wie ein organischer Prozess ab, wie eine chronische Krankheit, kurze Erholung und dann neue Infektion an Bürokratie, Ökonomie, Macht?
Ich glaube nicht, dass diese Versuche, Zensur zu üben, Film zu domestizieren, sich etwas davon anzueignen, auf intelligente Weise geschehen. Durch diese Parasiten stirbt der Wirt, das Lebendige geht zugrunde. Es entsteht allerdings an anderer Stelle immer wieder neu, ich habe bisher nicht erlebt, dass der Film zugrunde geht durch diese Art. Ich habe bei meiner ersten Berührung mit dem Film gesehen, wie in einem großen Atelier in Spandau ein berühmter Regisseur, der vor Ideen sprudelte, der alles, was sich in ihm angestaut hat an Ideen, was er in Hollywood alles nicht machen durfte, nun noch einmal verwirklichen wollte. Und er wird ausgebremst von der Produktion. Das hat mich sehr erschüttert. Das Zweite ist: Die Filmförderung hat uns in Deutschland genau im Jahr 1967 erwischt, als gerade von allen Seiten die Temperamente zum Film und gegen das Schnulzenkartell drängten. Es stand ja gar nicht fest, dass zum Beispiel Fassbinder zum Film kommt, er hätte auch Theatermacher bleiben können. Nein, Film war in diesem einen Moment so ungeheuer attraktiv, weil er unabhängig war. Schlöndorff kommt von Frankreich herangereist, hat eine ganz andere Vorstellung als die Autorenfilmer hier, bestärkt aber den Autorenfilm. Reitz hätte auch Werbefilmer bleiben können. Dieser Reichtum stammt von so etwa 30, 40, 50 Leuten, und die sind in Generationen gestaffelt. Das war eine Blüte. Und doch hat es die Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft, die bayerische Filmförderung oder die bayerische Filmlobby mühelos fertiggebracht, vor allem ja auch die amerikanische Lobby, das wieder einigermaßen auszubremsen und - kaum hatten wir einen Fehler gemacht - auch totgekriegt. Wir haben einen Kampf geführt zum Schluss über den Achternbusch-Film und da hat uns Old Schwurhand, der Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann, mühelos auf die Sandbank geleitet, so dass wir uns zerstritten. Die einen sagten, was ist das für ein alberner Film, dafür sollen wir jetzt kämpfen? Die anderen sagten, man muss doch kämpfen, das ist eine Verpflichtung für die Öffentlichkeit. In dieser Situation sind wir immer abstrakter geworden bis wir nicht mehr Lust hatten, im Film irgendwas zu machen.

Noch einmal zurück zum Anfang: Das Praktikum bei Fritz Lang war der Schlüssel für Ihren Weg vom angehenden Rechtsanwalt zum Autorenfilmer?
Das kann man so sagen, Fritz Lang ist eine mächtige Erscheinung, wenn man die Chance hat, ihm zuzugucken. Er stellt gewiss nicht gerade den Autorenfilm dar. Aber dass er ein großer Autor ist, wird man jederzeit bestätigen können. Mich hat es sehr bekümmert, dass dieser Mann gebremst wurde durch eine Produktionsverwaltung, die den Filminhalt gar nicht besonders studiert hatte. Dass so umgegangen wird mit Begabung, das hat mich zu der Einsicht gebracht, dass wir ohne Unabhängigkeit zu erobern, ohne dass wir uns wie Hermann der Cherusker aufführen, keine Filme machen können.

Das Prinzip Autorenfilm ist also Unabhängigkeit und Zusammenarbeit?
Zusammenarbeit, aber nicht unbedingt im Sinne von Arbeitsteiligkeit. Zunächst einmal wäre das Ideal des Autorenfilms, dass Freunde zusammenarbeiten. Ich habe später die Erfahrung gemacht, dass die Fortsetzung des Autorenfilms mit den Mitteln der Wirklichkeit wieder zu diesen Wurzeln zurückführt, das wäre der Kollektivfilm wie Deutschland im Herbst, Krieg und Frieden oder Der Kandidat. Da ist eine gemeinsame Emotion, das sind überhaupt keine "Episodenfilme", sondern es sind einheitliche Filme, die aus einem Geiste gemacht werden, aber von verschiedenen Temperamenten. So wie auch eine gute Zeitung ja aus mehreren Redakteuren und Schreibern zusammengesetzt ist. Genau das hätte eigentlich der Autorenfilm werden können, wenn europäische Autoren so zusammengearbeitet hätten, wie es hier meinetwegen Fassbinder, Schlöndorff, Reitz, ich undsoweiter gemacht haben. Dann hätten wir die Lücke gehabt, die Hollywood nicht besetzten kann. Denn Hollywood kann Solidarität sehr schwer erzeugen, das sind alles Rivalen und Konkurrenten, die nur gegeneinander zu Höchstleistung kommen. Das Senken der Ich-Schranke, das habe ich gelernt in meinem Leben, ist ein ganz großer Vorteil für die Künste. Eitle Leute können eigentlich keine Kunst machen.

Warum ist dann dieses Konzept der Kollektivfilme nicht in dem Maße weiterverfolgt worden? Wenn ich mich recht erinnere, waren diese Filme nach trivialen ökonomischen Maßstäben doch recht erfolgreich?
1979 fängt das an mit Deutschland im Herbst, 1980/81 Der Kandidat und Krieg und Frieden - und dann stirbt ja schon Fassbinder. Man braucht also gewissermaßen genau das Temperament, das er repräsentiert hat, um so etwas durchzureißen. Und die anderen - Reitz geht ins Fernsehen, Schlöndorff in die USA, ich bin auch ins Fernsehen gegangen, irgendwann. Das heißt, "Fernsehen der Autoren" kommt dann als nächste Phase. Wir sind ja dem unabhängigen Film nicht abtrünnig. Aber die Programmkinos fingen an, Schwierigkeiten zu haben, die Tendenz zum Multiplex, zur Maximierung der Auswertung, die Überschwemmung des Marktes mit amerikanischen Erstaufführungsfilmen, das hat dem Autorenfilm schon enorm zugesetzt. In dem Moment, in dem wir eigentlich gewusst hätten, wie man es macht - 20 Jahre Lernen ist in der Filmgeschichte nicht viel - da hat eine Bewegung in der Bundesrepublik aufgehört.

Der erste große Schlag war schon während der Protestbewegung zu spüren, die doch vorhandene Kunstfeindlichkeit der Protestierenden, die sagten: Pamphlet ist wichtiger als ein Film, und was brauchen wir Bilder. Das hat uns zeitweise gelähmt. Man möchte schon auch, dass die Zuschauer einen mögen.

Es gibt Erlebnisse wie zum Beispiel bei In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod, wo in Frankfurt an einem Wochenende wahre Menschenmengen das Kino besuchen. Da fühlt man sich dann natürlich beflügelt. Zehn Jahre später ist das schon nicht mehr zu haben, da wollen sie einen Liebesfilm sehen und nichts von Straßenschlachten - obwohl die Beischlafdiebin doch auch von Liebe handelt. Das ist nicht so, dass in diesen Filmen Liebe nicht vorkäme, sie kommt nur nicht vor als ein Gefühl, das zur Sentimentalität neigt, sondern als Gefühl, das zur Wahrnehmung, zum Unterscheidungsvermögen neigt. Das ist unsere Grundtendenz, die ist ja nicht nur Unabhängigkeit, sondern die Unabhängigkeit hat ein Ziel: nämlich Unterscheidungsvermögen an der Stelle von Klischees. Das Unmittelbare an Erfahrung reinzubekommen in das Kino, das ist eigentlich das Ideal. Man kann das nur, wenn man nicht beaufsichtigt wird durch einen Produzenten, Dramaturgen, Verleiher und so weiter.

Das Merkwürdige ist doch aber, dass es nicht nur um Ignoranz geht, in Form von: Die Leute wollen keine Autorenfilme sehen und ziehen andere Filme vor. Das wäre noch ja noch o.k. Aber es scheint doch so, als gebe es eine regelrechte Feindschaft, einen regelrechten Krieg gegen das Kinokonzept der Nicht-Klischees, der Nicht-Unterhaltung?
Wir sind ja nicht gegen Unterhaltung, Sie dürfen auch bei Fassbinder das unterhaltende Element nicht unterschätzen. Verwaltete Unterhaltung ist das eine, und spontane, also lustbetonte Unterhaltung ist das andere.

Das Gegenüberstellen allein ist schon ein sehr administrativer Vorgang. In einer öffentlich-rechtlichen Anstalt haben Sie eine Abteilung für Dokumentation und eine für Spielfilm. Also teilt sich die Wirklichkeit in diese beiden Erzählweisen. Es hat am Anfang der ARD auch eine andere Möglichkeit gegeben, nämlich in der "Stuttgarter Schule", damals hieß die Hauptabteilung Dokumentarfilm und die Nebenabteilung Spielfilm. Das hätte eine ganz andere Entwicklung des Fernsehens ergeben können als das, was sich dann in der Wirklichkeit entwickelt hat.

Aber woher dieser Zwang, die Sachen administrativ zu zerstören und woher die politische Unterstützung für das zähe Mainstreaming?
Das kann ich nicht sagen, warum die Administration immer wieder Kräfte versammelt und etwas Spontanes zu killen versucht. Ich bin ja nicht in einer Administration tätig - als Jurist wäre ich durchaus dazu in der Lage, aber ich würde es nie tun. Dieses spontane Element ist eigentlich seit den Bauernkriegen in allen möglichen Neuerungen - jede Neuerung ist spontan in der gesamten Zivilisation, und dann wird sie in Verwaltung genommen. Warum dieser Zwang zur Verdinglichung, zur Versteinerung besteht, das kann ich nicht erklären. Offenkundig können Menschen etwas, woran ihnen sehr liegt, also starke Gefühle, schwerer miteinander organisieren. Je weiter ich von etwas Distanz habe, desto leichter kann ich mich mit anderen darüber einigen. Administration ist offenkundig einfach zu organisieren. Gefühle nicht.

Sie beschreiben in "Geschichten vom Kino" eine zumindest für den Leser sehr amüsante Episode, wie ein Fernsehredakteur Sie pädagogisch zu beeinflussen versuchte, indem er Sie während der Ausstrahlung Ihres Films "Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte" Höreranrufe entgegennehmen ließ.
Bei diesem Versuch hat mich ein Redakteur quasi beim Schlafittchen genommen und in die Abendredaktion gesetzt. Er meinte: Nicht die Redakteure müssen jetzt Ihren Film verteidigen, sondern Sie machen das mal selber. Hören Sie sich mal die Stimmen des Volkes an. Dabei habe ich viel gelernt. Der Mann hatte Recht. Wir hätten noch viel mehr von diesen kalten Duschen gebrauchen können. Denn Autorenfilmer sind von sich aus etwas hochmütig, auch Literaten sind hochmütig. Wir glauben, dass wir etwas Gutes können, und genau das ist nicht gut. Da ist so ein Dämpfer heilsam: Der Mann in Niedersachsen, der anruft, hat sieben Minuten meinen Film angeguckt und gleichzeitig hat er die feste Meinung, das er das nicht will. Und damit muss man sich auseinandersetzen. Wenn man diese Menschen nicht gewinnt, dann kann man auch den Autorenfilm nicht verbreiten. Ich habe das sehr ernst genommen.

Gleichzeitig schildern Sie auch sehr anschaulich, dass man überhaupt keine Filme machen kann, wenn man sich nicht selbst überschätzt, wenn man nicht eine ziemliche Portion Hochmut hat.
Sie brauchen eine Überschätzung, ein Allmachtsgefühl, um etwas auszudrücken, zu beobachten - egal, ob Sie Texte schreiben, Filme machen oder eine Maschine erfinden. Gleichzeitig ist es so, dass wir nicht isoliert arbeiten, wir leben mit anderen Menschen und von anderen Menschen. In mir sprechen auch diese anderen Menschen, die hinterher Zuschauer sind. Diese beiden Seiten, Allmacht und Demut, das können Sie mit Vernunft nicht zusammenbringen. Nun glaube ich nicht, dass man Filme mit Vernunft macht. Es gibt im Grunde sehr viele Motive, weshalb man etwas festhält in Text oder Bild, aber eine primäre Neigung der Menschen zur Vernunft habe ich nicht beobachten können. Sekundär dagegen ist sie sehr stark.

Bei mir ist sie sogar besonders entwickelt: Ich habe eine tiefe Zuneigung zu Menschen, die die Vernunft lieben - von Habermas über Oskar Negt bis Montaigne - von daher habe ich auch eine tiefe Zuneigung zur Vernunft. Aber ich kann sie als menschliche Eigenschaft nicht entdecken. Fingerspitzengefühl dagegen, Frieren, was die Haut empfindet, Kitzel im Auge, das Unterscheidungsvermögen des Ohrs, also lauter sinnliche Fähigkeiten, die kann ich auch primär feststellen. Die sind sehr viel reicher sogar als die Erotik beispielsweise alleine.

Sind die sinnlichen Fähigkeiten möglicherweise so ausgeprägt, dass sie im Alltag zu stark sind, dass alle direkten sinnlichen Erfahrungen, die ich nicht sofort abhefte, die ich nicht katalogisieren kann, immer eine Infragestellung meiner selbst sind? Und ist dann vielleicht die Lust an der Administration erklärlich als eine Angst vor diesen Erfahrungen und als Versuch, die Gefühle zumindest zu kontrollieren?
Ich glaube, dass das eine ganz starke Rolle spielt. Es ist eine Selbstfesselung dabei, denn die Gefühle - ich meine jetzt die vielfältigen, nicht die plakatierten Romangefühle - sind anarchisch. Und man fühlt sich in der Anarchie nicht lange wohl, deswegen dämpft man das, muss es aber dann wiederbeleben in der Oper, im Film, in den Romanen.

Gibt es denn eine historische Entwicklung, dergestalt dass es Phasen der Kontrolle und Phasen der Anarchie auch in den Medien gibt? Könnte man sagen, wir warten jetzt auf den nächsten Sprung, auf die nächste Explosion der Sinne in den Medien?
Ich bin überzeugt, dass sich diese Ausbrüche wiederholen. Wie etwa im 12. Jahrhundert die Universitäten begründet wurden, das war Gegenstand meiner Dissertation. Es hat mich fasziniert, wie sich in Bologna plötzlich ein Kaiser mit 600 Rittern, aber auch mit 600 Rechtsgelehrten aufhält, dort speist, aber auch Recht spricht bis ins letzte Dorf. Oder: Sie haben in Paris einen Mann, Abelard, der aus 26 verstümmelten Zeilen aus der Ethik des Aristoteles, die ihm von einem Araber gebracht werden, elf Bände Kommentar macht und die "sic et non"-Methode, also die erste dialektische Methode, erfindet. Da blüht plötzlich Wissenschaft - und hundert Jahre später ist nichts mehr davon da. Alle sind irgendwie die Knechte von irgendeinem Herrscher und arbeiten zu. Dann kommt wieder eine ganz neue Zeit und der Onkel von Barbarossa zieht mit 200 Rittern, jungen Leuten, 17-Jährigen, nach Reims und fängt an zu studieren, kehrt zurück und schreibt eine Weltgeschichte.

So können Sie überall solche Wellen sehen, es kann sie nur keiner beherrschen, sie reagieren nicht auf Lockmittel. Interessant ist jedenfalls, dass das meistens Notzeiten sind: Sie brauchen einen Schuss Not und einen Schuss Chance, Glück. Sie müssen aus einer früheren Zeit Glück mitbringen und können dann, wenn die Chance ankommt - und sie kommt regelmäßig - auf eine Not antworten. Nehmen Sie Shakespeare. Darüber wollte ich immer einen Film machen: Der ist ein clerk, also ein gut gebildeter junger Mann, der die Antike studiert hat und Latein kann. Aber als er fertig ist mit seiner Ausbildung, braucht keiner solche Leute. Sie sind das Überflüssigste von allem, die Clowns der Gesellschaft. Und deswegen kommt Shakespeare zum Theater. Und er schreibt jetzt mit Schwung diese Riesenstücke, die zum Schluss immer besser werden. Gerade weil er überflüssig ist, weil er in Not ist, kann er das. Aber er hat vorher an der Bildungsschwemme, die vor Elisabeth I war, partizipiert; er hat gratis etwas gelernt. Und so ist ein Stück Glück und ein Stück Not eigentlich der Auslöser, damit so etwas entsteht. Und gleich darauf habe ich die Puritaner, die machen alles wieder tot.

War es denn ein ähnlicher Moment aus Glück und Not, ein Moment des "Kairos", der Ihren Wechsel vom Autorenfilm zum "Fernsehen der Autoren" markiert?
Man weiß ja, dass der Gott Kairos ein Zwergengott ist. Er hat vorne eine Tolle, die kann ich greifen, hinten eine Glatze, und ich rutsche ab, wenn ich zu spät komme. Also muss ich reagieren. Kairos ist ein Glücksgott, wie wir ihn eigentlich nicht haben, die Griechen hatten ihn und meine Firma ist nach ihm benannt. Ich traf einen Japaner, Angehöriger des Denzu-Konzerns aus Tokio, der hatte lauter Schriften, wie man ein europäisches Fernsehen machen soll. Wir haben bis heute nur deutsches, italienisches, französisches, also nationale Fernsehsysteme. Die Japaner waren ungeduldig mit der Kleinheit und Vielsprachigkeit europäischer Verhältnisse, sie fanden, den Markt müsse man mal organisieren. Und so also, aufgrund eines Missverständnisses, denn es war ja nicht meine Idee, etwas glatt zu machen, was in den verschiedenen Ländern entsteht, während er sozusagen eine Werbefläche suchte, die keine Hindernisse, keine kulturellen Widerstände auslöst, entstand unser Fernsehprojekt. Aber diesen Mann mag ich inzwischen, und er hat mir beigebracht, wie Fernsehen geht und dass man von der Werbung aufwärts denken kann zum Programm, das war mir auch ungewohnt. Da gibt es Programme der Qualität, die dazu passen, und andere, die dazu nicht passen. Also: Ein Rezept gegen Hochnäsigkeit ist auch diese Schule gewesen.

Für mich ist Fernsehen ein Leitmedium. Unter Leitmedium verstehe ich dies: Wo guckt einer am 11.9. hin? Er guckt nicht wie Goethe aus dem Fenster, er liest kein Buch, sondern er guckt CNN. Das heißt, ein Leitmedium ist das, wo ich zur Not meine Informationen hole, wenn etwas wichtig ist. Das habe ich erlebt beim Ausbruch des Irakkrieges morgens in der Frühe. Und das nehme ich ernst, und ich nehme auch ernst, dass so viele Menschen davor sitzen und offenkundig das Programm ergänzen. Würden sie es nicht ergänzen, würden sie es nicht leiden können. Und wenn Fernsehen ein Leitmedium ist, dann muss ich es respektieren, ob ich es mag oder nicht. Ich mag Fernsehen nicht, aber ich mag die Menschen, die es mögen und seine Fähigkeiten.

Das Fernsehen ist darin ein eigenartiges Umfeld, als es behauptet, die Realität wiederzugeben, durch Spiel und durch Nachrichten. Insofern ist jede Lügengeschichte, die Sie im Fernsehen bringen, so wie Münchhausen, so wie Rabelais Geschichten erzählt, wie Till Eulenspiegel erzählen würde, im Fernsehen quasi aufgefangen durch das Mehr, das von sich behauptet, die Wirklichkeit zu spielen, dies aber überhaupt nicht tut. Und so kriegt die Gegengeschichte sehr viel Wirklichkeit. Ich kriege es im Fernsehen nicht hin, dass einer irgendetwas für nicht wahr hält. Und das ist eine Erzählchance, die eben so jemand wie Rabelais und eigentlich alle, die noch aus der Bauerngesellschaft kommen, entzückt hätte. Das ist zum Beispiel medial im Kino nicht zu schaffen. Sie haben im Fernsehen, dadurch dass das Fernsehen sich so kritisch aufführt, fast eine Immunität gegen das Kritische.

Das ist genau das, was selbst den ganz normalen Zuschauer mit Unbehagen bis Angst erfüllt, dass das Fernsehen ja eben nicht nur Wirklichkeit angeblich widerspiegelt, sondern dass es die selbst macht.
Aber da ist es doch gut, wenn man gewissermaßen den Muskel stärkt im Zuschauer, der sagt, also dem Fernsehen muss ich überhaupt nichts glauben. Und ich halte nichts für unmöglich im Fernsehen, so könnten Sie es ja auch ausdrücken, ich prüfe es nach, ich bin der Herr, nicht der Apparat.

Aber auch das Medium Fernsehen scheint sich ja zur Zeit aufzulösen, es gibt schon längst nicht mehr das Fernsehen, wie wir das als Kinder noch erlebt haben, zwei Programme und die Fernsehleuchte oben drauf. Was sind Ihre Vorstellungen, wie ein neues Medium aus dem alten wird? Ich fand Ihre Geschichte von dem Grenzfluss, an dem "vielleicht ein neues Medium entstehen" wird, völlig einleuchtend, da würde ich sofort hinfahren.
Innerhalb von Programmen entsteht eigentlich nie etwas Neues, innerhalb von Systemen, die ja gerade die Tendenz haben, das Neue auszuschalten. In der Geschichte, die Sie erwähnen, treffen am Fluss Amur aufeinander ein volkreiches China, das zuviel Arbeitskräfte hat, und ein an Arbeitskräften armes Sibirien, das sehr viele Rohstoffe hat. Und die nicht miteinander können, Leibniz nennt so was die Nahtstelle oder Separatrix und er behauptet, dass Chaos und Glück immer an so einer Nahtstelle entstehen. Das ist wahr, Sie können das sogar in Ehen studieren: Die Familie Mann entsteht aus einer Frau, einem Mann, einer Hansestadt, Südamerika und bringt immerhin zwei begeisterte Literaten hervor. Sie können bei Godard Genf und Paris sehen, die Separatrix davon heißt eben die frühen Godard-Filme. So können Sie behaupten, dass überall, wo das Programm aussetzt, weil Sie an der Grenze zwischen zwei Programmierungen sind oder gar kein Programm da ist oder Sie gegen ein Programm kämpfen, immer etwas Schöpferisches, etwas Neues entsteht.

Wir kehren jetzt vielleicht mit Hilfe des Internet, der Online-Systeme wieder zurück, vielleicht wieder in den drei Maschinen. Auf der dritten Ebene des Online-Systems - die erste ist die Aktualität, die zweite ist das Selbermachen, die dritte wäre jetzt wieder die Neuerfindung der Medien, das heißt der Ein-Minutenfilm, mit dem die Filmgeschichte begann, hätte da wieder ursprüngliches Kino seinen Platz; eins bis neun Minuten lange Filme etwa, und zwanzig mal neun Minuten ist schon eine ganz schöne Filmmenge. Das könnte ich alles thematisch gleich machen, ich muss nur die Disziplin halten, so dass das Einzelne robust, leicht erreichbar, elementar ist und mit irgendetwas zu tun hat, was Menschen suchen. Da kann ich Schätze vergraben im Online-System und das Kino wird wahrscheinlich in einer Form wiederkommen, die wir nicht gleich wiedererkennen.

Ist das dann noch Kino? Nehmen wir an, wir träumen davon, die Separatrix als Film zu haben, das wäre die Utopie vielleicht, die Separatrix selber zu verfilmen. Geht die, wenn ich im Kino sitze, zugleich durch mich als Zuschauer, als Person und sie geht durch den ganzen Raum. Ich kann mir heute manche Filme im Kino kaum noch anschauen, weil ich die Mitmenschen nicht mehr habe, mit denen ich diese Erfahrung teilen möchte. Ich fühle mich im Kino so was von fremd. Und im Internet habe ich dieses Problem ja nicht, ich habe die Mitmenschen ja nicht, mit denen ich diese Erfahrung teilen muss; ich kann selber kontrollieren, mit wem ich teile. Ist eine solche Erfahrung dann noch in dem traditionellen Sinne Kino, als das geteilte Ereignis der Intimität, als das in der Gegenwart geteilte Ereignis fiktiver Intimität?
Ich hatte ja vorher die dritte Maschine genannt, und die besteht zu Anfang gar nicht aus Intimität. Das sind Menschen, die nach Hause wollen und bevor sie nach Hause kommen, wenn das Elend Arbeitsplatz das eine ist, ist jetzt das Elend Intimität das zweite - und dazwischen haben sie eine Spur von Öffentlichkeit, das ist die Urform des Kinos. Und man darf da nicht an die Gemütlichkeit der dreißiger Jahre, was ja auch die Zeiten des Faschismus sind, denken oder an die Gemütlichkeit, vor dem Bombenangriff noch schnell mal ins Kino. Diese Wärme, dieses Herdfeuerchen, wo auf der anderen Seite die Nichtwahrnehmung des KZs der Gegenpol zum Film ist, das ist ja gar nichts Gutes. Und wenn Sie heute vor dem Internet sitzen und sich vorstellen, dass Millionen von anderen auch da sitzen, dann ist das auch ein behagliches Gefühl, das sind kleine Leuchtfeuerchen um den Planeten herum von aufmerksamen Menschen, die zum ersten Mal ihr eigener Sender sind. Wenn das sich stärken ließe, dann hätten Sie etwas anderes als Kino, was aber genauso befriedigend ist.

Ich war mal mit meinem Filmteam in Chicago und wir haben die Vorstädte bereist, Habermas war auch dort, wir sind auch zusammen herumgefahren. Und da habe ich folgendes festgestellt: Diese Chicagoer House-Gruppen, die Techno machen, und zwar avancierte Musik, die in den großen Städten Amsterdam, Moskau, Shanghai und so weiter Geltung hat, die sitzen alle in den Ghettos, in den unmöglichsten Wohnsiedlungen, quasi von der Polizei ausgegrenzt als eine Art passives KZ, wo sie sich wohlfühlen und wo sie das alles auf altmodisches Plattenmaterial pressen, und die Platten werden versandt. Am Himmel oben haben sie den Sound vom BMG, der kommerziellen Klangfarben, und hier haben Sie plötzlich aggressive neue Töne. Das ist doch interessant: Niemand kann diese Leute einfangen, das dauert zehn Jahre, ehe Sie so einen rüberkriegen, zum Erfolg führen und dann vereinnahmen. Und die sind weltweit vertreten. Ich habe da einfach mal gemerkt, was plebejische Öffentlichkeit Praktisches ist, gemessen an der institutionellen Öffentlichkeit, die wir immer für Öffentlichkeit halten. Und da kann ich sagen, eine normale Fernsehanstalt hat daran gemessen null wirkliche Öffentlichkeit und die hier hat fast 99 Prozent, dann können Sie danach tanzen. Da kommt mein innerer Glaube her, dass ich aus Beobachtung sagen kann, dass dieses Spontane immer wieder neu entsteht.

Das sind wirkliche Bewegungen der Medien. Und die Medien stehen auf dem Kopf, das heißt in Wirklichkeit sind die Menschen das Medium! Da gibt es ein paar Administratoren, die verwalten das und nennen sich Programmdirektion. In Wirklichkeit aber ist die ganze Bewegung wirklich die von Menschen, und damit umgehen zu können, das ist das Pathos der Nouvelle Vague gewesen, jeder Erneuerungsbewegung im Film. Aber auch von Hans Richter, "Kampf um den Film", also ich könnte eine Latte erzählen von Eideshelfern fürs Kino. Und in der Literatur, deshalb liebe ich Bücher, ist es ganz reich an Vertrauensmännern. Ich könnte sie nicht aufzählen zwischen Ovid, Montaigne bis zu mir, so klein mit Hut ich, aber es sind große Andere und ich kann von Ihnen abgucken, und wenn mir mal nichts einfällt, habe ich sie immer noch. Beim Film da muss ich schon zählen: Vertov ja, Dreyer ja, und wir könnten hundert Vertrauenspersonen nennen, glaube ich, aber wohl nicht mehr. Das ist noch jung und voll entwicklungsfähig, aber die Grundelemente sind klar: Film muss robust sein, er muss immer wieder neu anfangen, in den kleinen Formen: Ein-Minuten-Filme sind entwicklungsfähiger als die großen 90-Minüter, die ich nicht ausdehnen kann, weil jeder Mensch von seiner Blase her nach 90 Minuten merkt, hier ist ein Ende.

Jeder Mensch macht Erfahrungen, und der Löwenanteil der Erfahrung ist intim, in der Familie, in Liebesverhältnissen, und der zweite Löwenanteil ist im Arbeitsprozess. Und diese beiden großen Teile von Erfahrung sind nicht öffentlich. Sie sind also dadurch sehr schwer mit Selbstbewusstsein anzufüllen. Der Teil aber, der mit Selbstbewusstsein leicht anzufüllen ist, das ist ein rhetorisch belasteter Teil, also unsere Öffentlichkeit - wenn Sie eine Parlamentsrede hören, dann haben Sie etwa ein Bild dieser Öffentlichkeit. Sie ist nicht so substanziell wie die Arbeit und nicht so substanziell wie das Leben selbst. Und deshalb kommt unser Begriff der Öffentlichkeit aus der Erfahrung. Eigentlich sind wir Öffentlichkeitsmacher, man dürfte gar nicht sagen, der ist Literat, der ist Theoretiker oder Philosoph: Öffentlichkeitsmacher, mit jeglichem Mittel, das dazu ausreicht! Öffentlichkeit ist Erfahrung plus mögliches Selbstbewusstsein, weil ich sie mit anderen austausche. So wie Sie vorhin gesagt haben, die anderen waren damals im Kino da, und das ist Kino. Ich kann auch sagen: Cannes im Jahre 1961, das gibt es nicht wieder, das kommt nur einmal, Venedig, das gleiche im Jahr 1966, ist etwas ganz anderes, als es heute ist. Und das kommt doch wieder, also der Schlager stimmt nicht, es kommt nur in anderen Konstellation wieder. Öffentlichkeit ist deswegen ein sehr hohes Gut, und davon ist Film ein Teilaspekt, einer der vielversprechendsten.

Nehmen wir doch ruhig an, so wie das Daumenkino ja nicht an ein Kino erinnert, warum sollen nicht im Online-System oder gleich daneben in spezialisierten DVD-Veranstaltungen oder in den Hinterzimmern von Restaurants, die Pleite gemacht haben, wo Sie wieder echte Vorführungen machen können, völlig neue Medien auf unserer Erde längst schon entstehen? Ich habe vor Bollywood keine Angst, gleichzeitig muss ich sagen, das ist die größte Kitschveranstaltung, die ich kenne, mit raffiniertem kapitalistischen Instinkt. Gleichzeitig wiederum ist es tatsächlich die Mischung von Oper und Stummfilm, weil es so viele Sprachen in Indien sind und auf der Welt, dringen die da ein, wo ich ohne Sprache auskomme. Das ist doch etwas Großartiges. Wenn ich jetzt 17 Jahre alt wäre, ich würde da neu anfangen, ich würde indischen Film studieren. Und nicht manchen halb-europäischen, gewissermaßen emanzipierten indischen Film, sondern ich würde genau auf der trivialen Ebene von Menschen, die sich nicht über die Sprache verständigen, weil sie so verschieden sind, da würde ich babylonische Filme machen.

Etwas problematisch ist, dass die Bollywood-Filme gerade bei uns quasi als Ghettofilme goutiert werden. Man blendet aber aus, dass sie eben nicht nur Oper und Stummfilm sind, sondern dass sie zu großen Teilen auch Transportmittel für einen, in Anführungszeichen, Hindu-Faschismus sind, auf jeden Fall ideologisch nicht so naiv wie sie daherkommen.
Das ist völlig richtig, das ist in falscher Verwaltung. Walter Benjamin hat mal gesagt, man müsste Filme machen, die für Faschisten ungeeignet sind, aber für Proletarier geeignet sind. Das geht aber nicht, Sie müssen alle Überredungskünste des nationalsozialistischen Films, das ist ja auch Unterhaltungsfilm, oder des indischen Films nehmen, aber in emanzipatorischer Hinsicht verknüpfen mit einem Gefühl, das das kontrolliert. Das ist ganz schwierig. Der Film als Emanzipation hat eigentlich seinen Auftritt noch nicht gehabt.

Nochmal zurück zu der Geschichte mit den Technoleuten, die Vinyl nehmen, also ein altes Trägermedium und neue Ausdrucksformen. Ist das eine Möglichkeit, die immer wieder erprobt werden muss: zugleich zurück und nach vorne zu gehen? Ist das auch eine Chance, die Administration zu unterlaufen, weil die keine Ahnung von alter Technologie, von Direktheit, von Neuanfang und vielleicht überhaupt vom Vergangenen haben?
Das gibt es ja auch in unserem Leben. Meine Lieblingsgeschichte in meinem letzten Buch, wo ich auch persönlich auftrete, heißt Der Sechsjährige in mir und der gestirnte Himmel über mir. Wenn mir gar nichts mehr einfällt, dann komme ich auf einen Kindereinfall zurück und der führt mich richtig. Ich habe mal Mittelohrentzündung gehabt und durfte nicht in den Zirkus, da war ich fünf Jahre alt. Und noch heute möchte ich diese Vorstellung sehen und keine andere. Also schreibe ich ein ganzes Kapitel über Zirkus und habe einen Film gemacht, Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos. Ich habe zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, dass das der Grund war, die versäumte Zirkusvorstellung, und die ist doch was älteres. Ich benutze bei der Arbeit auch einen Bleistift und schreibe alles damit auf. Erst hinterher kommt es in den Computer, und wenn ich die Kapitel dann umsetze und daran arbeite und redigiere, dann geht es elektronisch. Aber das Schreiben selber, da hat der Bleistift, nämlich die Hand, mehr Zeitkontakt mit dem, was der Kopf tut, wird nicht zu schnell und nicht zu langsam. Insofern sind die elementaren Methoden, ich sage nicht alte, immer wieder dasjenige, wo ein Neuanfang sich draufsetzen kann.

"Das Kino ist unsterblich", schreiben Sie in "Geschichten vom Kino". Fernsehen nicht, weil, so eine Kapitelüberschrift, "niemand Lust hat, alleine im Dunkeln vor dem Fernseher zu sitzen"?
Das Kino halte ich für unsterblich, weil es längst existierte, bevor das Kino erfunden wurde.

Das Gespräch führten Markus Metz und Georg Seeßlen


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