Der Mord und die Masse

Dokumentarfilm Joshua Oppenheimers komplexe Schuldsuche „The Act of Killing“ dringt zum Wesen des Genozids vor
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 46/2013

Irgendwann, inmitten eines kaum zu überbietenden Gewusels am Set eines Spielfilms, in dem richtige Folterknechte ihre eigenen Taten unter der indonesischen Militärdiktatur nachspielen und diese zugleich dokumentarisch festgehalten werden, zögert der Protagonist von Joshua Oppenheimers The Act of Killing plötzlich und fragt: „Habe ich gesündigt?“ Die Sünde ist der religiöse Begriff für die Unvollkommenheit des Einzelnen im Angesicht eines Gottes, landläufig das Vergehen gegen die Moral. Man kann zu Recht einwenden, dass es für Menschen nur eine begrifflich geschlossene Welt gibt, eine, die auf Sozialisation und Wahrnehmung fußt und alles andere allenfalls Esoterik oder Religion sei. Dass also Rechtsempfinden keine menschlich