Zu einer Ausstellung, die sich vornimmt, die „breite Akzeptanz“ des Nationalsozialismus zu erklären und die „Verschränkung von Hitlers persönlicher Macht mit den Hoffnungen und Interessen von großen Teilen der deutschen Gesellschaft“ nachzuzeichnen, gehört ebenso viel Mut wie Sachverstand – gerade in einer Zeit, da die breite Verankerung des Nationalsozialismus angesichts der Verstrickungen des Auswärtigen Amtes besonders sinnfällig wird. Hier wie da lautet das Ziel kritischer Beschäftigung, der Mythen- und Legendenbildung über die NS-Zeit entgegenzuwirken.
Gerade bei Hitler ist das keine leichte Aufgabe. So ist die Figur des Führers dem Massenpublikum nach langjährigen Skrupeln inzwischen in einer Reihe unterschiedlicher Formate als Gestalt dargeboten worden, die längst zur deutschen Populärikonografie gehört – als tragischer Antiheld durch die Darstellung von Bruno Ganz in Der Untergang, als burleske Witzfigur von Helge Schneider in Dani Levys Mein Führer, als Ausgeburt vulgärer Phantasie in Walter Moers’ Comic Der Bonker, von den küchenpsychologischen Hitlerporträts aus dem Hause Guido Knopp ganz zu schweigen.
Wenn das Berliner Deutsche Historische Museum nun eine Ausstellung unter dem Titel Hitler und die Deutschen lanciert, die mit ihrem Untertitel Volksgemeinschaft und Verbrechen den Anspruch anmeldet, die Massenwirksamkeit der Hitlerfigur kritisch zu beleuchten, könnte dies also durchaus vertraute Zuordnungen durcheinanderbringen. Wird hier doch zum Thema gemacht, was von den durch keinerlei Tabus belasteten Hitler-Darstellungen in den Medien verdrängt wird: dass es gerade der volkstümliche Charakter des „Führers“, sein Status als popkultureller Superstar gewesen ist, der den Massenwahn zu entfesseln half. Zu den prägnantesten Einsichten, die die Schau vermittelt, gehört die Erkenntnis, dass Hitler schon zur Zeit seines Erfolgs nicht entzaubert werden musste. Hitler-Witze kursierten während der NS-Zeit mindestens so viele wie Kohl-Witze in den Achtzigern.
Die Schau stellt die Genese der Führer-Ikonografie von der Schwelle zur Machtergreifung über Hitler-Darstellungen in Alltag und Staatsapparat sowie deren Wandlungen im Zuge der Vernichtungskriege dar. Schließlich, unter dem passenden Titel Hitler und kein Ende, wird dessen postumes Nachleben gezeigt. Zweifellos hat die Ausstellung trotz wissenschaftlicher Beratung und diskursiv angelegten Katalogs eher Kolportagecharakter. Da werden Fotos und Filmausschnitte von SS-Aufmärschen mit KZ-Aufnahmen, Postkarten an Hitler und seinen Führungsstab mit antifaschistischen Mickey-Mouse- Karikaturen und Kinderzeichnungen aus Theresienstadt amalgamiert, dass es mitunter an Geschmacklosigkeit grenzt. Zumal die Ausstellung wenig erklärt und ihre Bildpolitik assoziativ und eklektisch bleibt.
Einen positiven Effekt hat dieses Vorgehen aber doch, der festgehalten zu werden verdient: Wer das Durcheinander von Führerkarikaturen, Propaganda, Werbung, Politik und Alltag geschärften Sinnes auf sich wirken lässt, beschleicht der Verdacht, dass Hitler schon im Dritten Reich jene Pop-Ikone gewesen sein könnte, als die er in heutigen Filmen „entlarvt“ oder ironisiert wird. In dieser Hinsicht wäre der Nationalsozialismus also eine Art Präludium der Postmoderne – keine allzu beruhigende Erkenntnis.–
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