Der Obama-Hasser

Rassismus Der ultrakonservative Moderator Glenn Beck hält Barak Obama für einen Rassisten. Das hat ihm die bisher effektivste Boykottkampagne des Jahres beschehrt

Glenn Beck ist in den USA als konservativer Radio- und Fernsehmoderator bekannt. Ende Juli polarisierte er das Land mit seinen Kommentaren über Präsident Obama. „Ich glaube, dieser Mann ist ein Rassist“, hatte er in seiner Sendung auf Fox News am 28. Juli verlauten lassen. Mit den anschließenden, widersprüchlichen Aussagen sorgte Beck außerdem für Amüsement: „Ich sage nicht, Obama mag keine Weißen, ich sage, er ist ein Rassist.“

Und während der Mormone dem Präsidenten einen „tief verankerten Hass gegenüber Weißen“ attestierte, holten Bürgerinitiativen bereits zum Rückschlag aus. Besonders inbrünstig und erfolgreich war die Kritik seitens Color of Change, einer landesweiten Vereinigung von Afroamerikanern. Ihr Ziel lautet, politisches Bewusstsein und Engagement von Afroamerikanern zu fördern und ihre Stimmen in der Öffentlichkeit zu bündeln.

Bereits am nächsten Tag rief Color of Change die 600.000 Abonnenten ihrer Mailingliste dazu auf, die Online-Petition zu unterschreiben. Anschließend schickte sie die Unterschriften an die Sponsoren der „Glenn Beck Sendung“ und forderte von ihnen den Boykott des Fernsehprogramms.
„Beck will die amerikanische Öffentlichkeit davon überzeugen, Präsident Obamas Agenda diene allein den Interessen der afroamerikanischen Bevölkerung und zwar auf Kosten weißer US-Bürger. Beck schürt damit Zwiespalt. Diese Kommentare sollten nicht im Fernsehen ausgestrahlt werden“, erklärten die Organisatoren von Color of Change.

Demographische Übereinstimmung

Mit ihrer Petition brachten sie die bislang effektivste Boykottkampagne des Jahres ins Rollen. 57 von rund 65 Geldgebern haben mittlerweile der „Glenn Beck Sendung“ ihre finanzielle Unterstützung entzogen, darunter auch die fünf größten Geldhähne: Die Versicherungen Geico, Progressive Insurance und Berkshire Hathaway sowie Procter Gamble und Sargento Cheese sind bereits Anfang August aus dem Boot gestiegen.
„Wir vermarkten unsere Produkte an alle Menschen ungeachtet ihrer politischen Haltung, aber wir möchten nicht mit aufwieglerischen Kommentaren assoziiert werden – egal, ob sie von konservativen oder liberalen Fernsehmoderatoren geäußert werden“, erklärte eine Pressesprecherin des Unternehmens Sargento Cheese aus Wisconsin.

Da die Werbezeit üblicherweise entsprechend demographischer Übereinstimmung zwischen den Zuschauern einer Sendung und dem Konsumentenprofil eines Produktes aufgeteilt wird, sind viele Unternehmen unbeabsichtigt inmitten der „Glenn Beck Sendung“ gelandet. Diese Erklärung lieferte das Gros der Geldgeber auf die Frage, wieso sie den Moderator indirekt in seinen verfemenden Aussagen unterstützt hatten. Laut eigener Aussage wollen Procter Gamble und andere in Zukunft sorgfältiger auf die Verteilung ihrer Werbezeit achten. Color of Change betrachtet die Kampagne daher als einen Erfolg.

Umso bemerkenswerter erscheint vielen der Boykott, weil Glenn Becks Sendung ein Zuschauermagnet ist: Über zwei Millionen Amerikaner schauen die Sendung jeden Tag. Angesichts der Einschaltquoten verzichten die ehemaligen Sponsoren auf erfolgreiche Werbekampagnen.
Kritische Stimmen halten den Erfolg von Color of Change wiederum für relativ. Fox News, berühmt-berüchtigt für seine konservative und einseitige Berichterstattung, habe schließlich keine finanziellen Einbüssen aufgrund des Boykotts einfahren müssen: Die Sponsoren sind zwar nicht der Sendung, aber dem TV-Sender treu geblieben.

So interessengeleitet wie die einzelnen Firmen, so kontrovers kann auch der Einsatz von Color of Change interpretiert werden, dessen Gründer Van Jones bis vor kurzem in der Obama-Regierung tätig war. Jones arbeitete als Ratgeber des White House Council on Environmental Quality (CEQ). Offiziell hat er Color of Change bereits 2007 verlassen und wird als ehemaliges Mitglied auf der Webseite aufgeführt. Beck hat die Verbindung zwischen Jones und Color of Change jedoch mehrfach kritisiert und sprach von einer „Infiltration der hohen Regierungsstellen mit Marxisten“, zu denen er auch Jones zählte. Jones, der in den 1990ern tatsächlich Mitglied einer marxistischen Gruppe gewesen war, trat am 6. September von seinem Posten beim CEQ zurück. Ob Becks Kommentare mit dem Rücktritt zu tun haben, bleibt unklar.

Ebenso unklar ist die Antwort auf die Frage, ob der Boykott bleibende Spuren an Glenn Becks Sendung hinterlassen wird. Reue für seine Kommentare zeigt Glenn Beck jedenfalls nicht – und punktet damit bei seinen konservativen Fans.






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