Ruanda Ruandas Präsident Paul Kagame spricht im Interview mit dem "Freitag" über das Stigma Afrikas, Empfänger von Almosen zu sein, und über die Partnerschaft mit China
Der Freitag: Sie betonen bei Treffen mit westlichen Politikern stets, Afrika brauche Investitionen, keine Entwicklungshilfe. Bergen Investitionen nicht die Gefahr des nationalen Ausverkaufs?
Paul Kagame:
Wir suchen Investoren, die Partner sind, mit denen wir eine Win-Win-Situation erzielen. Nehmen Sie mein Land. Wenn in Schlüsselbranchen investiert wird, um Ruanda voranzubringen, sorgt das für eine solche Win-Win-Situation. Wenn man hingegen immer nur in der Position des Nehmenden ist, kann man weder etwa zurückgeben noch etwas für sich erreichen. Wenn wir also von Investitionen statt Almosen sprechen, geht es um eine grundlegende Haltung des Westens gegenüber Afrika, die auf Partnerschaft basiert, nicht auf Mitleid.
Investitionen statt Hilfe. Was aber heißt da
nüber Afrika, die auf Partnerschaft basiert, nicht auf Mitleid. Investitionen statt Hilfe. Was aber heißt das für jene, die wirklich hilfsbedürftig sind? Ich spreche von keinem plötzlichen Ende der Hilfe, sondern von einem Umdenken. Warum werden Afrikaner immer nur als Opfer dargestellt. Das Klischee meint eine Milliarde Menschen, die im Dschungel vegetieren und unfähig sind, auf eigenen Beinen zu stehen? Nein! Wenn man uns im Westen nicht als vollwertigen Partner ansieht, haben wir etwas falsch gemacht. Wir müssen diesem Zerrbild begegnen, indem wir uns auf Augenhöhe begeben. Ja, wir sind geschädigt durch den Kolonialismus, doch heute sage ich: Na und! Was nützt das Jammern darüber. Wir müssen uns eine Zukunft schaffen, und das geht nur, indem wir Partnerschaften eingehen – und zwar mit Ost und West. Was nicht heißt, dass Ruanda etwa dem Westen oder Osten zugeordnet werden möchte. Ich nehme an, Sie spielen damit auf Geld chinesischer Investoren an. Die etablieren sich in Afrika, ohne dass damit Auflagen mit Blick auf gute Regierungsführung oder Menschenrechte verbunden sind. Geld ist Geld. Ich sage nicht, das eine ist besser als das andere, ich schaue nur darauf, was damit erreicht wird, und wie es erreicht wird – ob es die richtigen Ziele sind. Es geht nicht darum, ob China oder der Westen investiert, es geht darum, wohin diese Investitionen Ruanda bringen. Wir wollen Partnerschaften. Aber wenn jemand auf uns herab sieht, ständig mit dem Finger auf uns zeigt und sagt, mach das so und so – dann ist das keine Partnerschaft, oder? Ich höre immer, die Chinesen seien Schuld an einer Verschlechterung der Menschenrechte oder an mehr Umweltverschmutzung. Warum geben wir den Chinesen die Schuld daran, warum nicht unseren eigenen afrikanischen Regierungen. Warum nicht dem Westen? Auch der ist doch wohl verantwortlich für eine verschmutzte Umwelt und den Bruch von Menschenrechten. Immerhin war der Westen sehr viel länger in Afrika, als es die Chinesen bisher sind. Und warum nimmt der Westen das Geld chinesischer Investoren – warum heißt es da nicht, wir wollen Eure Einlagen nicht, denn sie sind schmutzig?Das hört sich so an, als sei Ihnen chinesisches Geld lieber als das aus anderen Quellen. Ich will das Geld der Chinesen auf alle Fälle. Aber nur, wenn es meinem Land keinen Schaden zufügt. Gleiches gilt für das Geld des Westens. Geld, welches durch die eine Tür herein kommt und durch die andere wieder heraus geht, das ist doch der Grund dafür, dass Afrika arm bleibt. Ich mache keinen Unterschied zwischen Ost und West, aber ich mache einen Unterschied zwischen guten und schlechten Investitionen. Ruanda hat kaum Rohstoffe und will, um sich aus der Armut zu befreien, eine Art Dienstleister für Banktransfers und Informationstechnologie in Ostafrikas werden. Was bedeutet das genau? Manche Leute sagen, Ruanda will eine Art Singapur Ostafrikas werden – oder überhaupt die Schweiz Afrikas. Das ist nicht wahr. Wir wollen das Ruanda Afrikas werden. Das heißt, wir wollen das Beste aus unserem Land machen. Wir sind Teil der East African Union, in der 130 Millionen Menschen leben, wir haben unsere Immigrationsvorschriften liberalisiert, wir haben Handelsbarrieren und Zölle abgeschafft. Wir bauen unsere Zukunft auf Wissen und Bildung. Wir laden Menschen ein, zu uns zu kommen und eine Infrastruktur für dieses Land zu schaffen, eine physische und eine geistige. Wir haben die Korruption nahezu abgeschafft und Gesetze, durch die unsere Investoren geschützt sind. Bei uns können Sie innerhalb von drei Tagen ein Unternehmen anmelden. Aber ich sage auch, wer hier nur investiert, um reich zu werden, ist nicht willkommen. Ihnen wird vom Westen vorgeworfen, autokratisch zu regieren, denn Sie sind bislang der einzige Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2010. Man sagt, Sie ließen keine Opposition zu. Schreckt das westliche Investoren nicht ab? In allem Reden über Demokratie wird so getan, als gäbe es einen globalen Konsens, was das sein soll. Am Ende aber definiert jeder Demokratie, wie es ihm passt. Mir ist nie der Gedanke gekommen, es sei meine Aufgabe, eine Opposition zu schaffen. Aber ich heiße jeden willkommen, der eine politische Opposition in Ruanda begründen möchte. Und was weitere Präsidentschaftskandidaten angeht: Es würde mich freuen, wenn noch andere antreten. Nur es ist nicht meine Aufgabe, Geburtshelfer für Gegenkandidaten zu sein. Wenn die Leute meiner müde sind, dann werde ich das auf alle Fälle respektieren. Ich wurde nicht geboren, um dort zu sein, wo ich jetzt bin. Doch solange ich dieses Amt ausübe, trage ich die Verantwortung für dieses Land. Ruanda hat eine schwierige Geschichte, denkt man an die Massaker von 1994. Können Sie garantieren, dass es so ruhig und friedlich bleibt, wie es derzeit ist? Wir brauchen Wohlstand. Hoffnung und eine sichere Zukunft verbinden Menschen. Ohne Wohlstand bedeuten auch Demokratie und Menschenrechte nichts.
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