Der Schlüssel heißt Verschlüsselung

Totalüberwachung Nicht gegen, nur mit den Digitalkonzernen kann die Bevölkerung ihre Privatsphäre erhalten. Auf die Staaten ist bei diesem Unterfangen kein Verlass – im Gegenteil
Ausgabe 02/2015
Apple & Co: Vielleicht doch mehr Licht denn Schatten in Sachen Datenschutz?
Apple & Co: Vielleicht doch mehr Licht denn Schatten in Sachen Datenschutz?

Bild: Justin Sullivan/Getty

Die Totalüberwachung der digitalen Kommunikation ist vor allem der naiven Grundarchitektur vieler Internetdienste geschuldet. Von E-Mail bis Messenger senden viele Dienste unsere Daten unverschlüsselt. Deshalb können Geheimdienste am interkontinentalen Kabel den Verkehr anzapfen oder Daten direkt von Online-Konzernen wie Google abgreifen. Erst danach kommen die anderen Gründe, die eine Totalüberwachung leichter machen; also die US-Zentrik des digitalen Hightech-Sektors und das dröhnende Desinteresse vieler westlicher Regierungen, auch der deutschen, am massiven Grundrechtsbruch.

US-Geheimdienst, US-Unternehmen etc.: Die Überwachung ist natürlich ein US-Thema. Wer aber, wie jüngst der Internet-Philosoph Evgeny Morozov die USA zum größeren Feind der Freiheit im Internet erklärt als Russland oder China, verharmlost nicht nur Staatszensur und -willkür bei letzteren, sondern stellt die US-Unternehmen auch auf ein unnötig hohes Podest. Unternehmensangebote können, im Vergleich zum Staat, leicht gewechselt werden. Nicht nur die Riesen Apple und Google befinden sich im direkten Wettbewerb. Bei künftigen Angeboten wie dem „Smart Home“ wirbt Apple, das weniger serverzentriert als Google arbeitet, mit mehr Privatsphäre, weil die Daten bei Apple auf den Geräten verbleiben.

Hier deutet sich bereits an, wie es den Blick auf das Wesentliche verhindert, wenn man allzu schnell NSA und Silicon Valley in einen Topf wirft. Es sei hier die These gewagt: Nicht gegen, nur mit den Digitalkonzernen kann die Bevölkerung eine digitale Privatsphäre erhalten. Da anderthalb Jahre, nachdem Edward Snowden den NSA-Skandal publik gemacht hat, keine politische Lösung (oder überhaupt Lösungsbereitschaft) sichtbar ist, kann es auf absehbare Zeit nur eine technische Antwort auf dieses Problem geben. Der Schlüssel heißt nicht Datensouveränität (deutsche Unternehmen mit Servern in Deutschland), sondern Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Wir sollten die Kommunikation von Absender zu Empfänger so verschlüsseln, dass nicht einmal Überbringer wie Google, Apple oder Facebook mitlesen können.

Das Internet ist so gebaut, dass auch eine E-Mail, die von Deutschland nach Frankreich geschickt wird, unter Umständen seinen Weg über Großbritannien oder die USA nimmt. Hierfür ist fast egal, wo die großen Emailprovider ihren Sitz und ihre Server haben. Es spielt aber eine Rolle, wo Verschlüsselung möglich ist. Apple etwa chiffriert die Nachrichten seines Messaging-Angebots so, dass nicht einmal der Konzern selbst mitlesen könnte. Daten auf iPhones werden außerdem standardmäßig von Haus aus verschlüsselt, ebenso wie bei dem neuen Android-Betriebssystem.

Wenn ein ehemaliger FBI-Chef mit einem säuerlichen Text in der Washington Post argumentiert, wie die neue Verschlüsselung künftig Polizeiarbeit behindern würde, zeigt diese Reaktion nur: Die Konzerne und mit ihnen die Technik sind auf dem richtigen Weg. Das ist kein Wunder. Auch dort arbeiten Ingenieure, die sich und ihre Arbeit nicht missbrauchen lassen wollen, und Manager, die auch morgen noch ihre Produkte weltweit verkaufen wollen. Starke deutsche Digitalunternehmen wären gut. Aber auch ohne sie herrschen in Deutschland keine chinesischen Verhältnisse. Und die Interessen von Apple, Google und Co. sind den unseren weitaus ähnlicher, als es in der Debatte oft dargestellt wird.

Marcel Weiß bloggt auf neunetz.com über Netzpolitik

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