Die Videospielserie Grand Theft Auto, deren jüngste Folge GTA 5 vergangene Woche erschien,ist bestimmt nicht frauenfreundlich. Weibliche Charaktere, mit denen man mitfiebern oder von denen man sich beeindrucken lassen könnte, gibt es nicht. Frauen sind bei GTA dazu da, einem auf die Nerven zu gehen oder damit man sie – gegen ein Abendessen oder Geld – ins Bett kriegt. Wenn man dann bedenkt, dass man einmal eine Prostituierte aufsuchen und sie dann umbringen konnte, um sein Geld zurückzukriegen, nehmen die entsetzen Reaktionen sich nicht verwunderlich aus.
Mich langweilt das. Beim Spielen von GTA 5 fühlte ich mich wie beim Lesen eines Romans von Martin Amis. Ich bewundere die kalte Brillanz, die Kunstfertigkeit, die Vorstellungswelt – lieben aber werde ich diese Welt nie. Computerspiele unterscheidet von Büchern oder Filmen, dass die zweifelhafte Sexualpolitik und exzessive Gewalt eines einzigen Exemplars als Knüppel benutzt wird, mit dem auf alle eingeschlagen wird. Dabei erzielte GTA 5 bereits am ersten Verkaufstag erstaunliche 590 Millionen Euro Umsatz, ist also alles, bloß kein Nischenprodukt.
Angesichts von Spott und moralischer Panik sind die Gamer hyperempfindlich gegenüber Kritik. Deshalb ist es so schwierig auszusprechen, dass das Medium zwar spannend, aufregend und innovativ ist, es sich bei einzelnen Titeln aber oft um Reproduktionen von Widerwärtigkeiten und Vorurteilen handelt.
So hat der Romancier und Kritiker Tom Bissell den jüdischen Anwalt des Protagonisten der GTA-Version Sin City als „antisemitische Parodie einer antisemitischen Parodie“ beschrieben. In der neuen Version hat die Tochter eines der Hauptdarsteller das Wort „Schlampe“ eintätowiert. Ist es scheinheilig, so etwas zu kritisieren und kein schlechtes Gewissen zu haben, mit dem virtuellen Auto Menschen zu überfahren?
Ich finde nicht. „Das Ziel in Videospielen ist in der Regel, den Gegner zu schlagen, bevor er einen schlägt“, schrieb Simon Parkin im New Yorker. „Es geht um Reaktion, Geschwindigkeit und schnelle Planungsfähigkeit, beruhend auf dem Prinzip der Fairness – oder darauf, dass der Protagonist etwas entgegen jede Wahrscheinlichkeit schafft.“
Aus diesem Grund ist mir nicht wohl zumute bei der Folterszene, in der man mit einer Zange Informationen (und einen Zahn) aus seinem Gegner herausziehen muss. Gefallen an der Gewalt in einem „unfairen Kampf“ zu finden, ist etwas anderes, als schneller als der Gegner den Finger am Abzug zu haben. Hier wird die Verteidigungshaltung der Games-Fans problematisch. Deshalb muss der Diskurs über Spiele dringend differenzierter werden. Wir müssen die Darstellung von Gewalt in Videospielen und ihre Bedeutung in der Games-Welt ergründen – ohne sie als Symptom eines moralischen Verfalls anzuprangern. Gleiches gilt für Frauenfeindlichkeit.
Also ja, Grand Theft Auto 5 erregt Anstoß. Bewusst. Und ja, es ist problematisch in Bezug auf den Umgang mit Geschlecht, Hautfarbe und Sexualität. Und ja, technisch und künstlerisch ist das Spiel unglaublich. Dadurch unterscheidet es sich nicht von irgendeinem anderen Meisterwerk irgendeiner anderen Kunstform. Fans und Kritiker müssen beide aufhören, so zu tun, als sei das anders.
Grand Theft Auto 5 Rockstar North
Kommentare 12
Müssen Spiele politisch korrekt sein? Und wenn ja, welcher Version politischer Korrektheit müssen sie verpflichtet sein?
Aus meiner Sicht langweilen pädagogische Spiele. Es geht bei Computerspielen hauptsächlich um das Eintauchen in eine alternative Wirklichkeit. Niemand muss deren Prämissen teilen, es gibt soviele andere Spiele mit alternativen Wirklichkeiten auf Grundlage anderer Prämissen.
Meinst du das, was du da von dir gibts ernst?
*hust* eigentlich erübrigt sich die Frage schon beim stellen...
>Frauen sind bei GTAdazu da, einem auf die Nerven zu gehen oder damit man sie – gegen ein Abendessen oder Geld – ins Bett kriegt.
Falsch. Wer sind denn Elizabeta Torres oder Catalina Vialpando?
Natürlich gibt es weniger weibliche Charaktere, die eine tragende Rolle spielen, ganz einfach weil es wenige Frauen gibt, die als Gangster erfolgreich sind.
Selbstverständlich werden in GTA Vorurteile reproduziert, das ist ja absichtlich so. GTA darf man nicht ernst nehmen, die Spiele der Reihe sind ironisch-kritisch zu verstehen. Denken Sie etwa, die Spiele glorifizieren die Handlungen der Hauptcharaktere? Genau das stört mich auch an den Forderungen nach weiblichen "Helden" der Reihe - denken hier Leute ernsthaft, dass man sich mit den GTA-Charakteren identifizieren soll? Ihnen darf nicht wohl zumute bei der Folterszene sein, Ihnen darf auch nicht wohl zumute beim Spielen der Spiele sein. Sexismus existiert im echten Leben auch, genauso wie Mord, Verbrechen etc. Das wird in GTA, wie alles, was im echten Leben auch vorkommt, eben auf die Spitze getrieben. Bevor Sie GTA verbessern wollen, sollten Sie sich mal daran machen, die echte Welt zu verbessern. Bis das der Fall ist, wird GTA weiterhin der Wirklichkeit den Spiegel vorhalten.
Der letzte Absatz des Beitrags ist der entscheidende. Das Spiel ist nicht gewaltverherrlichend, es macht keinen Hehl daraus, dass die Charaktere Menschen sind, denen fast jeglicher sozialer Charakterzug verlorengegangen ist. Man spielt dort keine Helden, sondern durchgeknallte Anti-Helden, die hier und da Sympathien wecken, im Gesamtbild allerdings von den Spielern sicherlich nicht als Vorbilder oder Idole wahrgenommen werden.
Nein, was Kritiker und Spieler erkennen müssen ist, dass dieses Spiel als Parodie und Kritik auf die Wirklichkeit gedacht ist. Das zeigt sich im Kleinen wie im Großen. Die Spielwelt selbst ist erdacht, fiktiv, an vielen Stellen aber so offensichtlich auf die Wirklichkeit bezogen, damit man den Zweck der Parodie dahinter leicht(er) erkennt. Bspw. heißt die Bundespolizei im Spiel nicht FBI, sondern einfach FIB (Federal Investigation Bureau). Es ist nicht so, als ob Rockstar die Abkürzung FBI nicht verwenden durfte. Sie entschieden sich für diese Bennenung, damit man die Parodie besser erkennt.
Das ist die Basis, auf der diskutiert werden sollte. Der Witz an der Sache ist, dass die meisten Kritiker, wie du schon beschrieben hast, das Spiel selbst kritisieren, wie bspw. Frauenfeindlichkeit, Gewalt usw. Das GTA V nur eine Parodie auf unsere Gesellschaft ist und damit diese Zustände an der Gesellschaft selbst kritisiert werden müssten, entgeht ihnen dabei. Damit machen sie sich zu ironischen Gestalten, die Gesellschaftskritik von GTA als Ursache der Missstände sehen und die Realität ignorieren.
Auf der Seiten der Spieler ist das oft ähnlich, nur in der anderen Richtung. Dabei muss man einfach nur die Augen aufmachen und nachdenken. Bestes Beispiel ist die mittlerweile berüchtigte Folterszene, in der man als Spieler selbst Hand anlegen und Antworten aus dem Gefolterten herausquetschen kann.
Schaut man sich YT-Videos zu der entsprechenden Szene an, dann wird anhand der Reaktionen schnell klar: die meisten finden es alles andere als toll, einen anderen Menschen zu foltern, und sei es nur virtuell. Und genau das hat Rockstar auch bezweckt: Sie haben diese Szene nicht eingebaut, um den Leuten zu sagen: "Hey, hier könnt mal so richtig foltern! Macht wirklich Spaß, haut ihm die Fresse ein!", sondern um abstoßende Emotionen beim Spieler gegenüber solchem Verhalten zu wecken, es ihm vor die Augen zu führen, wie grausam das ist. Und natürlich, da GTA eine Parodie ist, dies in der realen Welt noch viel zu oft passiert. Das wissen die meisten auch, aber da die Medien keine Bilder zeigen (können), sind solche Themen schnell aus den Augen und aus dem Sinn. Ein Spiel allerdings kann das tun, und das auch gut so. Das ist künstlerische Freiheit.
Sicherlich sollte man nicht zu viel interpretieren, da der Entwickler gute Verkaufszahlen will und damit sicherlich auch auf eine Zielgruppe setzt, die einfach nur gerne rumballert und Dinge in die Luft jagt. Aber auch das ist in Ordnung, solange es im Spiel bleibt.
Es läuft einfach darauf hinaus, dass das Niveau, auf dem sich Kritiker und Fans sehr oft bewegen, einfach das falsche ist. Man sollte sich mit GTA und Spielen allgemein auf eine andere Weise auseinandersetzen. Sicherlich ist nicht jedes Spiel "künsterlich wertvoll" oder hat eine "tiefere Bedeutung", aber das ist bei Filmen, Büchern, Bildern, Skulpturen etc. genauso.
eigentlich meine ich das wirklich ernst ... du kannst mir aber gerne erläutern, warum es verwerflich, oder zumindest dumm ist, das ernst zu meinen^^
"Schaut man sich YT-Videos zu der entsprechenden Szene an, dann wird anhand der Reaktionen schnell klar: die meisten finden es alles andere als toll, einen anderen Menschen zu foltern, und sei es nur virtuell."
das ist doch kappes. in einer virtuellen welt kann ich alles, und ja, gewalt macht spaß, kann befreien und lustbringend sein. gerade weil das spiel ermüdend lange sich mit gewalt und kriminalität beschäftigt, ist es langweilig und die parodie ist mit der pinzette zu suchen. hier wird auf die kacke gehauen, dass es nur so kracht. aber die gewalt bleibt außen vor, sogar virtuell ist sie völlig konsumistisch entschärft. eben weil die gewalt ausgeblendet wird, gieren die menschen, vorwiegend jungen männer, danach. im grunde ist es immer dasselbe: die videos machen erst die leute heiß und dann enttäuschen sie sie. deshalb gehen einige verwirrte los und lassen in der realität die sau raus, um endlich mal wieder etwas zu fühlen, denn realität schlägt virtualität doch um längen.
GTA gehört zu den Spielen der Sorte maximale Redundanz ( plus minimale Information) des sogenannten "real life". Dazu gehören auch Second Life, APB und ähnliche. Es werden nicht nur reale Dinge nachgebildet, sondern auch jene aus der alten Medienlandschaft (TV, Radio, Kino).
Das Spiel ist einfach unerträglich langweilig, der Plot ist auf daily soap Niveau, die "ironischen Zitate" auf Schulhofniveau und die Charaktere haben in etwa soviel Personality wie Gangsta-Rapper in Kinofilmen, da hat jeder gopnik mehr davon . Technisch natürlich nicht, man muss sich ja als manly man noch mit etwas techbabble auseinandersetzen können, neben den ganzen Mittelmaßstilistiken.
Ein Spiel für Leute mit Flaumbart mitten im Stimmbruch. Die halten sowas dann auch für Kunst...
Also.. um das Mal zusammenzufassen: Videospiele sind schuld an Gewalttaten, weil die Videospiele nicht genug Gewalt bieten und die Menschen deswegen lieber in der realen Welt Leute umlegen?
....
Hast du dir das vorher eigentlich durchgelesen? Das ist doch absoluter Blödsinn. Natürlich soll die Gewalt in Spielen Spaß machen, und daran ist nichts auszusetzen, solange es virtuell bleibt. Das ist, entgegen der öffentlichen Meinung, auch bei 99% aller Menschen so. Das es ein paar Wirrköpfe auch Videospiele spielen, ist dabei eher nur Zufall. Um "in der Realität die Sau raus zu lassen" braucht es sicher keine Videospiele.
Ich muss zugeben, es geht mir ähnlich. Ich kann in einem Ego-Shooter gegen die "Bösen" als Einzelkämpfer alles niedermähen, aber ich habe ein Problem mit realistisch und sadistisch dargestellter Gewalt, noch dazu von der als negativ empfundenen Seite. Ich mochte schon die Vörgänger-GTA-Titel nicht sonderlich und habe sie daher nicht selbst gespielt. Auch wenn die offenen Welten eine starke Anziehungskraft ausüben.
Es geht mir dabei nichtmal nur um die Darstellung der Frauen im Spiel (das ganze Spiel ist ja nichts weiter, als eine geschickte, spektakuläre Aneinanderreihung übertriebener Hollywood-Klischees, in denen auch die Männer idR nicht gut wegkommen).
Vielleicht liegt der Reiz an dem Spiel einfach darin, eine solche Rolle mal mit aller Konsequenz virtuell auszuleben. Unbedenklich finde ich es trotzdem nicht, aber vielleicht liegt das daran, dass ich alt werde. Ich habe auch HL und Civ gespielt, ohne dadurch zum gefühllosen Globalstrategen zu werden oder Kriege gut zu heißen...
Angesichts von Spott und moralischer Panik sind die Gamer hyperempfindlich gegenüber Kritik. Deshalb ist es so schwierig auszusprechen, dass das Medium zwar spannend, aufregend und innovativ ist, es sich bei einzelnen Titeln aber oft um Reproduktionen von Widerwärtigkeiten und Vorurteilen handelt.
Was ist daran schwierig? Doch nicht wegen der "Gamer", sondern wegen der Riesenindustrie,die die Empfindlichkeit dieser "Gamer" entsprechend füttert und befeuert.
Also mal völlig ins Unreine und Ungehaltene: Für mich bleibt - ganz konservativ und konventionell - so ein Videospiel, das mit Gewalt in dieser Weise spielt, kriminell, asozial und Scheiße. Vom Sexismus ganz zu schweigen.
Es geht nicht darum, ob ein "paar Durchgeknallte" danach sowas auch im Leben nachspielen wollen, die sind in der Tat in geringer Anzahl. Es geht darum, dass solche Spiele die Desensibilisierung gegenüber menschlichem Leid fördern, dass sie Gewalt ästhetisieren, dass auf einmal mit "Folter" gespielt wird. Das ist ein Elend und abscheulich. Und dann schaukelt sich das medial auch noch auf. Die einen zeigen diese Folter, die anderen - ätsch - haben schon den nächsten Folteract auf der Pfanne.
Alles was ich auch zu diesem Spiel von Befürwortern an Debattenbeiträgen gelesen habe, ist reichlich entlarvend. Da meinen welche, das Spiel habe ja einen Effekt ins Ironische oder zeige virtuelle durchgeknallte Typen, von denen man sich als reales Wesen auch prima abgrenzen könnte. Es bringe auch dazu, über Folter nachzudenken. Der reflektierte virtuelle Folterer - na Hilfe.
Solche Schönredner sind erfinderische PR-Tuis, die man für alles mieten kann. Solche Spiele sind inzwischen Kulturgut, argumentieren die Gewaltschöngeister. Bitteschön. Aber die Kultur ist nicht gut, die da transportiert ist.
Es ist und bleibt eine Tatsache, dass diese Spiele das generelle Verhältnis zur Gewalt ändern. Dieses Nachtreten, wenn einer schon am Boden liegt, kommt auch aus solchen Gewalt-Trash-Angeboten. Sie sind gewissermaßen eine Antwort auf die Lifestylefrage: Wenn ich wen verprügeln will, was ist da momentan eigentlich "angesagt", gabs da nicht kürzlich was in einem Spiel: "Nachtreten, aber nachhaltig"?
Aber, ändern wird man das nicht mehr. Zu tief ist das schon eingesunken in die Gesellschaft: Das ist hipp und das ist cool und wer anders denkt ist raus aus dem Spiel. Und es bringt Kohle, Kohle, Kohle. Ich will damit nichts zu tun haben. Dass einige dieser Spiele auch vom US-Verteidigungsministerium gefördert wurden, ist ja auch bekannt. Dieses vielleicht nicht. Ist auch egal. Solche Spiele sind Zeitgeist und Zeitungeist in einem.
"Es ist und bleibt eine Tatsache, dass diese Spiele das generelle Verhältnis zur Gewalt ändern. Dieses Nachtreten, wenn einer schon am Boden liegt, kommt auch aus solchen Gewalt-Trash-Angeboten."
Dieser immer wieder (ohne Beleg) hergestellte Zusammenhang deckt sich leider einfach nicht mit der Realität. Weder mit der Polizeistatistik noch mit globalen Statistiken. Am brutalsten und frauenfeindlichsten geht es immer noch in Regionen der Welt zu, in denen die meisten Menschen nicht mal Computer besitzen.
Solche Argumentationen verdecken den Blick auf wahre Ursachen von Gewalt.
Der Reiz eines Spiels wie GTA ist ja gerade, dass es politisch unkorrekt ist. Muss man nicht mögen, aber das zu kritisieren ist m.E. ähnlich sinnvoll wie einer Serie wie z.B. Southpark mangelnde political correctness vorzuwerfen.
Das Spiel ist unglaublich.
Die Musik, die Radio DJs, die Cali-Ästhetik - alles.
Es gibt wenig Momente die einen zurück in die aktuelle Moderne holen.
Gar nicht sieht man allerdings in deutschen Fussgängerzonen Frauen mit dem Aufdruck Love Fist. Also, in der Realität. ("Wo haben Sie die? Die Realität!?" sagt Heinz v. Foerster). Aufklärung brachte in der Hinsicht unsere befreundete Nachbarin.
Ich warte seit zwei Wochen auf eine Behandlung des Themas Love Fist auf dem T-Shirt, anstatt der Folterszene. Meinem Sohn (11), der das Spiel auch spielt interessiert das wenig. Sollte es mehr als die berühmte 2013 GTA Folter Szene, wow ?
Man weis es einfach nicht, Love Fist..