Dialog statt Kuba-Embargo

Außenpolitik Die Bundesregierung sollte ihre EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, endlich ein Zeichen gegen Trumps Kuba-Politik zu setzen
Ausgabe 27/2020
Wie viele kubanische Zigarren in Kennedys Nachlass enthalten sind, ist nicht bekannt
Wie viele kubanische Zigarren in Kennedys Nachlass enthalten sind, ist nicht bekannt

Foto: Everett Collection/Imago Images

Wenige Stunden bevor Präsident Kennedy am 3. Februar 1962 ein totales Embargo gegen Kuba verhängte, ließ er schnell noch alle kubanischen Zigarren, die es in Washington gab, aufkaufen: etwa 1.000 Stück. Länger, als es dauerte, sie aufzurauchen, sollte das Regime in Havanna nicht halten. Kennedy irrte. Als Präsident Barack Obama 2016 den Kongress zur Aufhebung des Embargos aufrief, weil es ein nutzloses Instrument des Kalten Krieges sei, konnte er sich damit am Ende nicht durchsetzen. Nachfolger Trump zog die Schrauben wieder an. Im Rückblick sagte Obamas US-Botschafter Jeffrey DeLaurentis kürzlich, seine Regierung wäre einfach nicht weit genug gegangen, mehr amerikanische Firmen auf der Insel hätten ein Rollback schwerer gemacht.

Die Sanktionen gegen Kuba sind heute umfassender, aggressiver und medial präsenter als je zuvor, auch wenn sie dank Kubas Diversifizierungsstrategie das erwünschte Ziel – die totale Drangsalierung der kubanischen Wirtschaft – bisher nicht erreichen. Zudem führt das Streichen zuvor existierender Erleichterungen zu einer besonderen Enttäuschung in der Bevölkerung. Während Obama den Flugverkehr zwischen den USA und Kuba von null auf bis zu 100 Flüge täglich ausweitete, hat Trump alle Flüge bis auf die nach Havanna verboten. Während Obama das Reisen erleichterte und 2017 fast 1,2 Millionen Menschen aus den USA Kuba besuchten, fiel die Zahl seitdem drastisch – und damit einhergehend die Einnahmen in Kubas wachsendem Privat- und Kooperativsektor.

Als Wissenschaftler, der in Kuba akademischen und kulturellen Austausch zwischen den USA und Kuba organisiert, bin ich von diversen Beschränkungen des Embargos direkt betroffen: Kommunikationsplattformen wie Zoom sind für Kuba gesperrt, ebenso wie viele Dienstleistungen von Google. Viele Websites lassen sich mit einer kubanischen IP-Adresse nicht öffnen. E-Mails, die ich an kubanische Kolleginnen mit einer staatlichen .cu-Adresse schicke, werden oft als unzustellbar zurückgesandt.

Zugleich ist das Ende des Fünfjahresvisums, das Kubaner zuvor beantragen konnten, wenn sie geschäftlich oder familiär zwischen den USA und Kuba hin- und herreisen wollten, ein großes Hindernis für den wachsenden Privatsektor. Hier ist nun die Frage zu stellen, inwieweit die amerikanische Praxis mit den in der EU festgeschriebenen Werten von freiem Waren-, Handels- und Personenverkehr vereinbar ist.

Für Donald Trump ist auch in diesem Fall die europäische Position egal. Ihm geht es mit seiner harten Sanktionspolitik vornehmlich um die konservativen exilkubanischen Wähler in Florida, einem der entscheidenden Swing States.

Die deutsche Regierung sollte ihre EU-Präsidentschaft dazu nutzen, endlich ein Zeichen gegen Trumps Kuba-Politik zu setzen – und damit zeigen, dass sie ihre Lehren aus dem demokratischen Wandel in Osteuropa gezogen hat und sich für Handel, Austausch und Zusammenarbeit einsetzt. Eine Politik der Isolation und Bestrafung nutzt am Ende dagegen nur den Hardlinern, die ein politisches Interesse am Status quo haben. Es wird Zeit, dass die EU mehr Mut zum außenpolitischen Profil zeigt. Nur so können globale und zivile Herausforderungen in der Ära Trump erfolgreich gemeistert werden.

Rainer Schultz ist Historiker und lebt in Kuba. Gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden startete er eine Petition zum Kuba-Embargo

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