Die Chefs sind gescheitert

Arbeitnehmerrechte Gute Nachrichten: Das Tech-Startup N26 hat jetzt Betriebsräte, trotz erheblichem Widerstand seitens der Gründer*innen und Manager*innen
Ausgabe 49/2020
N26-Gründer Valentin Stalf konnte die Gründung von Betriebsräten vorerst nicht verhindern
N26-Gründer Valentin Stalf konnte die Gründung von Betriebsräten vorerst nicht verhindern

Foto: Noam Galai/Getty Images for Tech Crunch

Heute mal eine Kolumne mit guten Nachrichten in diesen finsteren Zeiten. Die Tech-Arbeiter*innen von N26 haben endlich Betriebsräte gewählt! Warum das so erwähnenswert ist? Weil Start-ups wie N26 immer noch unregulierter sind als andere Branchen, in denen Arbeitsrechte schon durchgesetzt wurden. Und weil die Gründer*innen und Manager*innen von N26 wirklich beeindruckend viel unternommen haben, um die gewerkschaftlichen Bemühungen ihrer Beschäftigten zu unterbinden (der Freitag 34/2020) – und diese sich nicht haben unterkriegen lassen! Aber bis dahin war es ein harter Weg.

Ungefähr anderthalb Jahre ist es her, dass sich eine kleine Gruppe N26-Beschäftigter auf den Weg zur Gewerkschaft Verdi machte, um mehr über deutsches Arbeitsrecht herauszufinden, berichten mir zwei N26-Beschäftigte. Über die Beweggründe erzählt Jane*: „Es gibt überhaupt keine Transparenz, was Löhne angeht, viele sprechen kein Deutsch, es ist ihr erster Job, die lassen sich einfach über den Tisch ziehen.“ Außerdem verschwanden ständig Kollegen, erzählt Arthur*: „Die sind von einem auf den anderen Tag nicht mehr da. Oft hatten sie vorher Probleme mit dem Management. Wir haben nie erfahren, was die Gründe waren, waren uns aber sicher, dass das in Deutschland nicht einfach so geht.“ Die beiden berichten über immensen Arbeitsdruck, vor allem in der Abteilung, die sich um Kundenberatung kümmert.

Was dann kommt, ist klassisches „Unionbusting“: Bestrebungen der Chefs, um gewerkschaftliche Bestrebungen zu verhindern. Jane und Arthur erzählen mir von einer einstweiligen Verfügung, die die erste Betriebsversammlung verhindert, Jammermails der Chefs, dass Gewerkschaften nicht zur Unternehmenskultur passen würden, einem Polizeieinsatz, der ein Treffen verhindern soll, und absurden Gegenvorschlägen aus dem neoliberalen New-Work-Bereich: Man solle doch lieber technische Tools zur Unternehmensverbesserung nutzen als einen Betriebsrat zu gründen.

Das hat alles nichts genützt. Verdi und die IG Metall unterstützen den Prozess. Vor zwei Wochen wurde der Betriebsrat der einen, diese Woche der Betriebsrat der anderen N26-Firma gewählt. Die neu Gewählten werden Kraft bei dem brauchen, was jetzt auf sie zukommt, in einem derart unkooperativen Umfeld. Aber in einer Zeit, in der gewerkschaftliche Bindungen weniger werden, der Druck auf Arbeiter*innen aber steigt und Unternehmen wie N26 als Vorbilder gelten, zeigen die Beschäftigten dort, dass man sich gemeinsam organisieren und wehren kann.

* Name geändert

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden