Die Dämme brechen

Gummiparagraf Strafrechtliche Verfahren gegen Regierungskritiker und Intellektuelle sind in der Türkei noch immer an der Tagesordnung. Trotzdem beginnt sich die politische Kultur im Land zu wandeln
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Als der türkisch-armenische Journalist Hrant Dink am 19. Januar 2007 vor dem Redaktionsgebäude seiner Zeitung Agos in Istanbul von einem jugendlichen Attentäter aus der weit entfernten Stadt Trabzon erschossen wurde, fühlten sich viele Türken wieder an die dunkelsten Stunden in der Geschichte ihres Landes erinnert - an die Wirren vor dem Militärputsch von 1980 oder jene Zeit in den neunziger Jahren, als politische Morde in der Türkei geradezu an der Tagesordnung schienen. Doch der Mord an Hrant Dink markierte auch einen Wendepunkt. Noch am gleichen Abend versammelten sich Tausende zu einer spontanen Kundgebung, bei der Slogans wie "Wir sind alle Hrant Dink" und "Wir sind alle Armenier" laut wurden. Auch der Beerdigungszug, dem sich Hunderttausende anschlo