Die doppelte Querfront

Russland Wladimir Putin investiert in den Front National. Das ist nicht das einzige merkwürdige Bündnis, das er geschmiedet hat. Entsteht da eine neue Autoritäre Internationale?
Ausgabe 49/2014
Ob rechts oder links – Geld stinkt nicht, und Potentaten halten zusammen
Ob rechts oder links – Geld stinkt nicht, und Potentaten halten zusammen

Foto: Jean-Philippe Ksiazek/Getty Images

Wer hätte das gedacht? Dass Putin dem rechtsradikalen Front National durchaus gewogen ist, hatte man ja bereits gewusst. Und auch, dass ihm das einen Kredit von neun Millionen für den Wahlkampf Marine Le Pens wert war, spendiert von der First Czech Russian Bank. Ihr Chef: ein Vertrauter des russischen Präsidenten. Dass es sich bei den neun Millionen aber nur um die erste Tranche eines 40-Millionen-Kredits handelt, war doch eine Überraschung.

Dass Putin so viel in den Front National investiert, zeigt zweierlei: Erstens, dass er es ernst meint mit seinem „Engagement“ in Frankreich. Und zweitens, wie lieb und teuer ihm Marine Le Pen dabei ist. Aus gutem Grund: Schließlich gibt es weltanschauliche Übereinstimmungen zwischen Putin und dem Front National. Gemeinsam ist ihnen nicht nur der rigide Nationalismus, sondern auch der Kampf gegen die „homosexuelle Lobby“ und die Meinung über die europäische Sanktionspolitik; sie diene allein den imperialistischen USA. Le Pen fungiert auf diese Weise als Sprachrohr der Kremlpropaganda in Frankreich. Und bei den traditionell amerikakritischen Franzosen hat sie damit erheblichen Erfolg – von ganz rechts bis ganz links.

Faktisch kommt es hier zu einer doppelten Querfront: innenpolitisch zwischen radikalen rechten und linken Franzosen und außenpolitisch zwischen dem irgendwie immer noch als links geltenden Putin und dem rechten Front National. Mit der innenpolitischen Stärkung der EU-kritischen Le Pen verfolgt Putin aber auch noch ein außenpolitisches Kalkül. Schließlich gilt die deutsch-französische Partnerschaft als der Motor der europäischen Integration. Putin sieht in Frankreich offensichtlich die weiche Flanke der EU. Und das durchaus zu Recht: François Hollande ist offensichtlich am Ende seines Lateins, seine Partei steht ob der EU-Sparauflagen mit dem Rücken zur Wand, und Nicolas Sarkozy hat merklich abgebaut, wie sein schwaches Comeback soeben belegte. Marine le Pen hat bei den nächsten Präsidentenwahlen 2017 also durchaus Chancen.

Dass dabei eine zu direkte Hilfe aus dem Kreml nur schaden kann, versteht sich von selbst, weshalb ihr (laues) Dementi des 40-Millionen-Kredits auf den Fuß folgte. Doch ganz egal ob 40 oder „nur“ jene neun Millionen Euro, die Le Pen bereits eingestanden hat: Kredit ist Kredit, und in jedem Fall steht die neue Autoritäre Internationale. Übrigens genau wie in Osteuropa, zwischen Ungarn und Russland. Das Muster ist immer dasselbe: Ob rechts oder links – Geld stinkt nicht, und Potentaten halten zusammen.

In Deutschland dagegen dürfte Wladimir Putin derzeit noch genau abwägen, auf welches Pferd er künftig setzt – ob auf AfD oder Linkspartei. In beiden Parteien kämpft ein russlandnaher gegen einen eher westlichen Flügel. Der Ausgang ist in beiden Fällen offen. Dabei ist auch bei uns schon die neue Querfront zu beobachten, nämlich bei den Mahnwachen. Der gemeinsame Feind ist klar – der Westen. Doch wo Linke und Rechte sich vereinen, hört die Linke schnell auf, links zu sein. Das nämlich würde bedeuten, sich für ungeteilte Menschenrechte überall einzusetzen, sowohl in der Ukraine als auch in Russland. Wenn dagegen die Grenzen zwischen links und rechts verschwimmen, bleibt am Ende ein kruder internationalistischer Nationalismus.

Albrecht von Lucke ist Redakteur bei den Blättern für deutsche und internationale Politik

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