Durch den steigenden Meeresspiegel sind weltweit 136 Millionenstädte direkt an den Küsten gefährdet. Wir müssen mit Schäden von über 18 Billionen Euro rechnen, besagt eine neue Studie. In Kalifornien und Südeuropa drohen Dürren und Wassermangel. Die Schäden durch Waldbrände werden sich verzehnfachen. Der Klimawandel fördert kriegerische Konflikte in Afrika, wenn die Temperaturen südlich der Sahara – wie prognostiziert – um ein Grad Celsius steigen. Forscher warnen vor Bürgerkriegen in Afrika, und der Weltklimarat befürchtet, dass bis Mitte des 21. Jahrhunderts 200 Millionen Klimaflüchtlinge über unseren Globus irren, wenn auf dem in Kopenhagen begonnenen Klimagipfel die Wende im Klimaschutz missgeli
elingt. Zwei-Fronten-Krieg Deutschland, die EU überhaupt, beteiligen sich mit ambitionierten Klimaschutzzielen an dieser Konferenz, die zur wichtigsten der Menschheitsgeschichte werden könnte. Kanzlerin Merkel betrachtet Klimaschutz immerhin als „Überlebensfrage der Menschheit“. Was aber machen die USA, die pro Kopf doppelt so viele Klimaschäden wie die Europäer anrichten? Präsident Barack Obama steckt ausgerechnet jetzt in der Klimafalle. Er hat zwar im Wahlkampf auch beim Thema Klima getönt „Yes, we can“. Nun zeigt sich, er kann nicht wirklich, auch wenn er will. Ein entsprechendes Gesetz hat zwar gerade so das Repräsentantenhaus passiert, wird aber erst im Frühjahr 2010 vom Senat debattiert. Ohne dieses Gesetz kann sich der Präsident zu nichts wirklich verpflichten. Ihm bleiben politisch die Hände gebunden. Er wird bei seinem Kurztrip in Kopenhagen wohl anbieten, bis 2020 die Treibhausgase gegenüber 2005 um 17 Prozent zu reduzieren, aber da die USA zwischen 1990 und 2005 ihre Emissionen um eben solche 17 Prozent erhöht haben, ist dies kein wirklicher Forstschritt. Hinzu kommt, dass ihm seine wichtigste innenpolitische Maßnahme, die Gesundheitsreform, im Moment wichtiger ist als der Klimaschutz. Und einen Zwei-Fronten-Krieg gegen die Konservativen kann der Präsident nicht gewinnen. Was immer in Kopenhagen beschlossen wird, auf ein effektives, völkerrechtlich verbindliches Klimaschutzabkommen kann sich das Weiße Haus frühestens im Frühsommer 2010 festlegen. In Kopenhagen kann er nur Absichtserklärungen abgeben – ähnlich wie vor zwölf Jahren Al Gore in Kyoto. Solange sich aber die USA nicht festlegen, verweigern Indien und China die verpflichtende Unterschrift. Sie verweisen schlicht darauf, dass ein US-Bürger dreimal so viel Energie verbraucht wie ein Chinese und sechsmal so viel wie ein Inder. So spricht vieles dafür, dass – wenn überhaupt – ein verbindliches Abkommen erst 2010 zustande kommt. Es könnte ähnlich lasch sein wie das Kyoto-Protokoll. Dem Klima geht es seither nicht besser, sondern schlechter. Einen Beschluss allerdings wird es in Kopenhagen mit Sicherheit geben: Den über die nächste Konferenz! Geschäfte von morgen Zur Rettung der Banken standen vor einem Jahr weltweit in wenigen Tagen Billionen Dollar zur Verfügung. Da hat die Weltgemeinschaft rasch und effizient gehandelt. Demgegenüber gilt Klimaschutz noch immer als weniger wichtig. Obwohl jeder weiß: Die Finanzkrise ist ein Problem von vielleicht zwei Jahren – die Klimakrise das Problem der nächsten tausend Jahre. Die Erde hat Fieber, aber die Behandlung wird weiter verzögert. Kopenhagen wird wieder einmal zeigen: Wirklicher Klimaschutz gelingt nur von unten, regional und national. Vor allem das gute Beispiel wirkt ansteckend. Rechtzeitig zu Beginn der Kopenhagen-Konferenz hat der neue Umweltminister Norbert Röttgen erklärt, dass sich Deutschland bis 2050 zu nahezu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgen kann. Wenn der politische Wille da ist, geht das auch schon bis 2035. In den zurückliegenden fünf Jahren sind die Erneuerbaren viel schneller gewachsen, als zuvor selbst von Optimisten vermutet. Das würde etwa zwei Millionen neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze bedeuten. Die Träger der solaren Energiewende sind freilich nicht die vier alten Energieversorger, sondern Millionen Hausbesitzer, Mittelständler, Bauern und Handwerker. Schon heute haben über 100 deutsche Regionen und Kommunen beschlossen, bereits bis 2030 komplett erneuerbar zu sein, darunter sechs Landkreise in Bayern. München ist die erste Millionenstadt in Deutschland, die schon in 15 Jahren nur noch Ökostrom erzeugen und liefern wird. Das Industrieland, das als erstes den hundertprozentigen Energie-Strukturwandel schafft, macht die Geschäfte von morgen – so wie Japan heute schon bei der Hybrid- und Elektro-Auto-Mobilität. Ein ökologisches Wirtschaftswunder ist möglich. Im Herbst 2009 werden in Deutschland bereits 19 Prozent des Stroms ökologisch erzeugt.