Die Folklore des Gedenkens

Kriegsende Eine neue Medienlandschaft revitalisiert alte Muster der Erinnerung
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In den Monaten vor dem 60. Jahrestag der Befreiung Deutschlands von der Nazi-Herrschaft nahmen das Erinnern, das Gedenken und die Deutungen zum Jahr 1945 neue Dimensionen an - sowohl in der Breite aber auch in ihrer Gegensätzlichkeit. Neu ist, dass eine Folklore des Gedenkens, die die Deutschen vor allem als Opfer der Kriegsführung sieht, mehr an Raum gewinnt. In diesem Zusammenhang erlangen auch die tradierten Stereotype von den Russen und dem "bolschewistischen Terror" wieder an Bedeutung.

Dieser Wandel ist nicht durch eine geschichtspolitische Wende verursacht. Der offizielle Gedenk-Kanon einer Gesellschaft ist eher träge, ein ausgehandelter Kompromiss, der durch innen- und außenpolitische Kräfteverhältnisse bestimmt wird. Zwischen dieser Staatsräson un