Der von der Bundeswehr befohlene Luftangriff auf von Taliban entführte Tanklaster ist auch mehrere Tage nach dem Bombardement Thema in den Medien. Die Debatte hat dabei längst die ursprünglichen Fragen über die Anzahl der getöteten Zivilisten oder die Verhältnismäßigkeit des Angriffs hinter sich gelassen. Eine Medienlese
"Welt"-Redakteur Richard Herzinger ist darum besorgt, dass in Deutschland kein Wort der Sorge um das Leben unserer Soldaten und schon gar nicht um das der afghanischen Zivilbevölkerung im afghanischen Norden zu hören sei, "die von den radikal-islamistischen Mörderbanden verstärkt bedroht, terrorisiert, unterjocht und als Schutzschild gegen die ausländischen Truppen missbraucht, und deren Leben und Freiheit von den Bundeswehrsoldaten tapfer verteidigt werden". Herzinger wirft der deutschen Öffentlichkeit zudem Voreingenommenheit gegen den Afghanistan-Einsatz vor. Der Linkspartei bescheinigt er eine "antimilitärische Hetze". Ursache und Wirkung würden verkehrt. Die Gefahr für die afghanische Zivilbevölkerung gehe nicht von den internationalen Schutztruppen aus.
In der "Süddeutschen Zeitung" schreibt Stefan Kornelius, die NATO und die UN hätten schon vor Monaten die Praxis eingeführt, eine unabhängige Kommission mit der Aufklärung solcher Bombardements zu betrauen. Die Ergebnisse würden öffentlich gemacht, weil nur so das Vertrauen gehalten werde könne. Umso verwunderlicher sei es, wie schnell sich nun ein Urteil gebildet habe: "Vom Kommandeur der Isaf-Truppe bis hin zu einer ganzen Reihe europäischer Außenminister richten sich scharfe Vorwürfe gegen die Bundeswehr." Das, so Kornelius, sei jedoch nicht nur außergewöhnlich und unsolidarisch, sondern auch gefährlich: "Wenn die Verbündeten dem deutschen Verteidigungsminister die Glaubwürdigkeit absprechen, wozu dann eine Untersuchung?"
Monika Kappus, sieht in der "Frankfurter Rundschau" vor allem Jungs Fehler darin, Antworten zu geben, anstatt Fragen zu stellen. Er hätte signalisieren müssen, dass er zwar hinter seiner Truppe stehe, aber gerade deshalb keine Angst vor Untersuchungen habe. Jung "müsste vor Ort Verständigung suchen. Müsste also das Gegenteil von dem tun, was er getan hat".
"FAZ"-Herausgeber Berthold Kohler schreibt, Europa habe die Drecksarbeit in Afghanistan die Amerikaner verrichten lassen und sich selbst ganz dem Wiederaufbau widmen wollen. Doch die Taliban würden bei dieser Rollenverteilung nicht mitspielen. Ihnen gehe es darum "diesen Krieg so schmutzig wie möglich werden lassen. Denn der Kampf um Afghanistan wird bei weitem nicht nur auf den Sandbänken des Kundus geführt und entschieden. Gekämpft wird auch in Europa, an der instabilen Front der öffentlichen Meinung".
Dennoch begrüßt Kohler in einem weiteren FAZ-Kommentar, dass sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung nach dem umstrittenen Luftangriff vor die Truppe in Afghanistan stellte, "die dort eine schwierige, um nicht zu sagen: unmögliche Mission erfüllen soll - einen fanatisch kämpfenden Gegner von der Rückeroberung des Landes abhalten, aber bitte ohne eigene Verluste und ohne Opfer in der Zivilbevölkerung, die der Gegner jederzeit billigend in Kauf nimmt". Doch Jung mache denselben Fehler, den auch seine Kritiker sich vorwerfen lassen müssen. Er lege sich auf eine Behauptung fest, ohne zu diesem Zeitpunkt schon mit Sicherheit wissen zu können, was genau am Kundus geschah. So oder so werde Jungs Patzer den Gang der Dinge in Afghanistan nicht maßgeblich beeinflussen. Hierzulande verschaffe er aber der Opposition und auch der SPD die Möglichkeit, ihr Mütchen am Minister zu kühlen, ohne zugeben zu müssen, dass sie auch keinen besseren Plan haben - der sofortige Abzug, wie von der Linkspartei gefordert, sei kein solcher.
Heribert Prantl schreibt in der SZ, die deutschen Wähler erwarteten so viel Klarheit wie möglich: Jeder wisse, dass die Soldaten nicht ewig bleiben könnten. Nicht mehr als dies zu sagen, sei keine Perspektive, sondern tumbe Selbstverständlichkeit. Es gehe also nicht um das Ob eines Abzugs, sondern um das Wie und Wann. Und dann müsse darüber verhandelt werden, auch mit den Taliban; ein Krieg ende mit Verhandlungen. Ohne dieses Bekenntnis, diesen Strategiewechsel sei ein verantwortlicher Abzugsplan nicht zu haben, sagt Prantl. "Und das ist die Richtungsentscheidung, die auch bei der Bundestagswahl zur Abstimmung stehen sollte."
Kommentare 3
Die meisten unserer Medien berichten zu Afghanistan weitgehend staatstragend.
Ebenso das Fernsehen.
Z.B die Phoenix-Runde gestern abend mit Gaby Dietzen.
Neben den Kriegs-Befürwortern: Ulrich Kirsch (Deutscher Bundeswehrverband), Ulrike Merten (SPD, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses), Andrew B. Denison (amerikanischer Publizist)
war nur ein Kriegs-Gegner, Matin Baraki (afghanischer Politikwissenschaftler).
Als er als Politikwissenschaftler etwas genauer die Legitimation des inzwischen auf ganz Afghanistan ausgeweiteten "Einsatzes" thematisierte, wurde er von Gaby Dietzen unterbrochen und nach der Meinung seiner Verwandten in Afghanistan gefragt. Nach dem Motto: "Was sagt denn ihre Tante in Afghanistan zu den Einsätzen".
Das zeigt nicht nur, dass grundsätzliche Fragen zur Legitimität dieses "Einsatzes" in unseren Medien komplett unhinterfragt bleiben, sondern zeigt auch das traurige Niveau, auf das "politische Debatten" hierzulande gesunken sind.
An die entscheidenden Fragen, z.B. inwieweit die nun auch von Frau Merkel zitierten Anschläge, 11.09.2001 in den USA für den Afghanistankrieg herhalten können, und wie lange unter dieser falschen Flagge dieser krieg geführten werden soll/darf, traut sich kein Medium ran.
- Was hatte Afghanistan mit diesen Anschlägen zu tun? Die mutmasslichen Terror-Piloten waren Saudis und hatten ihre Flugausbildung nicht in Afganistan erhalten.
- Die damalige Taliban-Regierung hatte die Auslieferung Bin Ladens angeboten. Warum waren die USA nicht darauf eingegangen? Ist das womöglich der gleiche Grund, weshalb sie ihn bis heute nicht gefangen haben?
- Warum ist bis heute kein Mensch in einem öffentlichen Prozess der Anschläge am 11.09.2001 überführt und verurteilt worden?
- Warum hatten die USA vor 2001 die Taliban-Regierung unterstützt? Die waren damals genauso undemokratisch und grausam wie heute.
Fest steht, wie Matin Baraki in der Phoenix-Runde sagte, dass Afghanistan nach der US-Bombardierung eine Regierung aufgezwungen wurde, ohne dass die Bevölkerung gefragt wurde. Von den "Soigern" wurde der afghanische Berater einer US-Ölfirma - Karzai - zum Präsidenten gemacht.
Auch die Farce der jetzigen "Wahl" in Afghanistan zeigt, dass der ganze Militäreinsatz nichts mit Demokratisierung zu tun hat, aber sehr viel mit Eroberung und Ausdehnung des militärischen Machtbereichs der USA.
Hiefür spielt die deutsche "Friedenstruppe" Bundeswehr ihre Rolle als Mitläufer.
Nur naive Politiker wie unser Minister Jung plappern die US-Propaganda von der Demokratisiserung unreflektiert nach.
Und unsere Medien tun wenig, um den dunklen Sumpf aus Militärexpansion, Korruption und falscher Propaganda auszuleuchten.
Kann mich Coroner nur anschliessen. Die Diskussion glitt der Moderatorin vollkommen aus der Hand (ähnlich wie es zuvor schon der Will passiert war.
Was die Massenmedien in Deutschland betrifft: warum werden nicht die Kosten des Einsatzes (unzählige Milliarden!) beziffert? Warum wird immer nur von den Taliban geredet die in Wirklichkeit ein klitzekleine Rag-Tag-Gang von maximal 2500 Leuten ist. Heute Nacht wurden von 6 Leuten auf 4 Motorädern 27 LKWs mit NATO Material verbrannt (8 waren Tank-Lastwagen), nur der Kurier in Wien BBC berichteten darüber.
Ausserdem wird es von den Massenmedien und deren Politikern immer so dargestellt das wir dort Demokratie schaffen. Wie, mit den Piloten die von der Wüste in Nevada von den unbemannten Flukörpern ihre "Hellfire"-Raketen auf Zivilisten abschiessen? wenn das nicht genauso hinterhältig und feige ist wie jemand der sich selbst in die Luft jagt oder "Roadside-Bomben" hochjagt, hat sich unsere Wahrnehmung vom Töten anderen Menschen ziemlich nachteilig verändert.
Da sind ja die gesamten STAATSTRAGENDEN MEDIEN.Und wie sie gegen den Krieg Stellung beziehen , wie verschieden ihre Meinung dazu aus ihrer (Eigentümers) Sicht! Da weiss ich doch die Medienfreiheit und Meinungsfreiheit und Medienvielfalt und Meinungsvielfalt und ...vielfalt ....und ...einfalt uiui !zu schätzen .Das sind die gleichen Meinungströten wie im Bundestag. Gegen den Krieg , allein ihn so zu nennen, wagt es ja auch dort nur eine Minderheit aufzutreten , wie bei den Zeitungen es auch nur ganz wenige , klitzkleine Blättchen sind , die gegen Krieg Stellung nehmen.
Vorwärts und nix vergessen
ähm -im Gleichschritt Marsch!
bernd005 BNantke