Was Eltern zur Wut treibt, kann für Kinder nicht schlecht sein. Dieser ehrwürdige Grundsatz der antiautoritären Pädagogik scheint vergessen zu sein. Das „Barbie Dreamhouse“ jedenfalls erregt seit einigen Wochen einen Furor, der mit der Empörung bürgerlicher Familien über jugendgefährdende Medienerzeugnisse vergleichbar ist. Die lebensgroße Puppenvilla wird wegen Verzögerungen nun erst zum Muttertag am 12. Mai fertig sein.Gewiss, es gibt schon ein paar gute Gründe, sich zu empören – noch so eine Kommerzhölle im öffentlichen Raum, nach Legoland, Nivea-Haus und Rittersports Schokowelt.
Der Protest gegen das rosa Zelthaus richtet sich jedoch nicht gegen diese fragwürdige Nutzung eines brachliegenden Areals, sondern gegen die „interaktive Küche“, die in dem Haus entstehen und Mädchen auf einem Laufsteg einen Auftritt als Barbie ermöglichen soll. Den Gegnern, die sich in der Initiative „Occupy Barbie Dreamhouse“ zusammengetan haben, sehen darin ein Symbol von Frauenfeindlichkeit und Konsumismus. Franziska Sedlak, Sprecherin der Gruppe, warnt vor einer „Pinkifizierung“ der Gesellschaft, Michael Koschitzki von der Berliner Linksjugend kritisiert, den Minderjährigen werde „Kochen, Schminken und Singen“ als „die Erfüllung im Leben“ vorgegaukelt. Statt den Mädchen repressive Rollenbilder zu vermitteln, so Sedlak, sei darauf hinzuarbeiten, die reproduktiven Tätigkeiten „gesellschaftlich zu organisieren“.
Die Klischees der Eltern
Nur was soll Mädchen zwischen vier und 14 Jahren an der gesellschaftlichen Organisation reproduktiver Arbeit interessieren, solange sie Barbie nach Belieben umkleiden und frisieren können? Und ist ein Leben, das aus Kochen, Schminken und Singen besteht, wirklich so verachtenswert?
Es soll sogar Frauen geben, die sich für sich selber schminken und nicht für die Männer und die nicht aus Pflichtgefühl kochen, sondern aus Vergnügen. Natürlich ist das Rollenbild, das Barbie verkörpert, klischeehaft und rückwärtsgewandt. Aber könnte es nicht sein, dass Mädchen in der Puppe eher den rosa Traum als das perfekte Rolemodel sehen und dass ihnen die Klischees, die ihre Eltern mit der Puppe verbinden, einfach egal sind?
Und wäre ihnen nicht zuzutrauen, dass sie später von selbst die engen Grenzen und die Oberflächlichkeit dieser Konsumenten-Glücksfantasie erkennen? Vielleicht sollte man nicht gegen Barbie, sondern mit ihr gemeinsam gegen den Muttertag demonstrieren. Aus einer rosa Zeit stammt der nicht.
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