Daniel Kehlmann hat, anders als vielfach vermutet, in Salzburg nicht mit dem Regietheater abgerechnet, das ihn nie interessiert hat. Er hat vielmehr einen Nachruf auf seinen Vater abgeliefert, den Regisseur Michael Kehlmann, der 2005 gestorben ist. Es ist mir schleierhaft, wie man das verwechseln kann und ich weiß auch nicht, ob die Eröffnung der dortigen Festspiele der richtige Ort, für die wohl immer schwierige Auseinandersetzung mit dem eigenen Vater sein kann. Gemessen an der Akribie, mit der Daniel Kehlmann sonst seine Gegenstände vermisst, ist ihm diese Auseinandersetzung eher diffus geraten - wie das bei Dingen, die sehr persönlich sind, eben leicht passiert.
Daniel Kehlmann macht keinen Hehl daraus, dass er sich nie wirklich für das Theater interessiert hat, er wollte sich ja von seinem Vater, der für ihn das Idealbild eines Regiegottes zu verkörpern schien, absetzen. Ein Vater, der seinen Sohn tief beindruckte, indem er auf der Bühne Kronleuchter auf Kommando auf- und abfahren und leuchten lassen konnte, der nicht diskutierte sondern diktierte und, wie der allmächtige Vater im Himmel, schon alles immmer im voraus wußte.
Ein schwacher Vater
Der Sohn hatte nach seiner eigenen, in dieser Salzburger Rede formulierten Erinnerung, nur ein Bedürfnis: er wollte sich von diesem Übervater abgrenzen, wie man das eben als Sohn nötig hat, wenn man zu einem eigenständigen Leben finden will. Besonders dringlich ist das, wenn der Vater einen Beruf ausübt, der auch in Zeiten der Demokratie, zumindest für seinen Bereich noch so etwas wie absolute Herrschaft erlaubt. Aber nur eines ist für den Sohn noch schrecklicher als ein starker Vater: ein schwacher Vater.
Kehlmann konnte es, wie er berichtet, nur schwer ertragen, dass sein Vater beim Theater aus der Mode kam und er muß eine fremde Instanz - er nennt sie "das Regietheater" - dafür verantwortlich machen, dass es mit dem Vater je älter er wurde immer mehr bergab ging. Während der Sohn von Walter Jens die Demenzerkrankung seines Vaters als Somatisierung des taktischen Gedächtnisverlustes in Bezug auf dessen Nazivergangenheit deutete und ihr damit einen in der Schuld des Vaters gründenden Sinn gab, trägt für den Sohn von Michael Kehlmann, ein äußere Instanz die Schuld, nämlich das Theater, das seinen Vater nicht mehr haben wollte, angeblich weil er sich nicht an den dort grassierenden Firlefanz anpassen wollte.
Die tiefe Enttäuschung und die Unsicherheit, die damit einhergeht, dass die für omnipotent gehaltene Person plötzlich ohnmächtig wird, haben nicht nur die familiäre Tragödie als Hintergrund sondern verweisen auch auf ein großes Menschheitsproblem, das auch das Theater seit der Antike auf verschiedenste Art behandelt hat: das Thema der versagenden Allmacht, zum Beispiel in Sophokles' König Ödipus, Shakespeares König Lear, Grillparzers König Ottokars Glück und Ende oder in Ionescos Der König stirbt.
Schwach und hilflos
Dass scheinbar allmächtige Vaterfiguren eines Tages schwach und hilflos werden und von der Welt verschwinden, hat uns wahrscheinlich dazu gebracht einen unsterblichen Vater im Himmel zu erfinden. Doch der hat den großen Nachteil, dass er sich nicht zeigt, wenn man ihn braucht, aber gerade deshalb ist er auch unverletzlich und unangreifbar. Der eigene Vater ist das leider nicht. Das erfahren alle Töchter und Söhne eines Tages bevor sie dann Waisen werden und auf sich allein gestellt sind.
Das ist sehr existentiell und traurig. Es ist ein wichtiges Thema der Kunst und des Theaters, wahrscheinlich hat Kunst in dieser strukturellen Enttäuschung sogar einen ihrer Ursprünge. Nur was dieses unlösbare Vergänglichkeitsproblem mit so etwas Marginalem wie dem Begriff des modernen Regietheaters zu tun haben soll, ist mir völlig unerklärlich.
Aber dieses abgegegriffene Thema passt offenbar irgendwie gut zu den Salzburger Festspielen, bei denen diese Rede ja auch sehr gut aufgenommen worden sein soll. Wenn einem das Theater so gründlich verleidet ist, wie Daniel Kehlmann (sein eigener Vater hat es ihm verleidet) und man sich dann trotzdem darauf einlässt, darüber öffentlich zu reden, vom Theater aber nicht viel kennt (er erwähnt keinen Regisseur der Gegenwart und keine Inszenierung), und folglich auch kein eigenes Urteil darüber entwickeln kann, dann versucht man am Besten das zu sagen, von dem man glaubt, dass es die Leute hören wollen, auch wenn man dabei regrediert und anfängt zu plärren.
Die Rollen werden getauscht
Die Vergeblichkeit, die sich in dem Vaterbild, das Kehlmann entwirft, zeigt, kann das Theater jedenfalls nicht ändern, es kann sie höchstens feiern: kathartisch, leidenschaftlich, ohne Beschönigung. Ob dies aktualisierend oder historisierend, in alten Kostümen oder "verfremdet" geschieht, ist dabei völlig gleichgültig und, wie auch Kehlmann betont, der Autonomie des Künstlers, des Regisseurs überlassen. Aber das reicht Kehlmann nicht.
Seine Erinnerungen an seinen Vater bringen ihn auf einen seltsamen Gedanken. Vor allem habe sein Vater ihm eingeschärft, erinnert sich der Sohn, der Regisseur solle dem Werk des Autors dienen. Und das löst bei dem Sohn eine interessante, verkappte Wende aus. Er wird selbst Autor und so gelingt es ihm, sich den Vater zumindest virtuell zu seinem Knecht zu stilisieren, der Vater unterwirft sich dem Sohn, wie sich der Regisseur dem Autor unterwirft.
Der narzistische Kindertraum von der eigenen Überlegenheit tritt an die Stelle des realen Traumas. Die Rollen werden getaucht. So ermöglicht der schwache Vater die Stärke des Sohns und begründet dessen großen Erfolg. Das hilft zwar dem Narzissmus des Autors, löst aber weder das Problem der Vergänglichkeit, noch hilft es dem Theater, sich gegenüber den neuen Medien als besondere Kunstform zu profilieren.
Carl Hegemann hat zuletzt als Dramaturg und Librettist Christoph Schlingensiefs Oper Mea Culpa am Wiener Burgtheater mitgestaltet. Er war viele Jahre Dramaturg an der Berliner Volksbühne und ist seit 2006 Professor an der Hochschule für Theater und Musik "Felix Mendellsohn Bartholdy" in Leipzig.
Kommentare 15
Was heisst Regietheater? Wäre das Gegenteil dann Autorentheater?
Und wieso hält jemand die Eröffnungsrede bei einem Theaterfestival, der sich nicht für Theater interessiert?
Der für Schauspieler/Menschen wenig übrig hat, die sich die Seele aus dem Bauch heulen, obwohl
ihnen selbst in Wirklichkeit gar nicht danach ist?
Die Faszination vor der Fleischwerdung eines toten Textes, die hat der Vater seinem Sohn nicht vermitteln können.
Fazination, Begeisterung, Leidenschaft war evtl. auch nicht geduldet, weil das Diktat des Autors es nicht zuliess.
Was für eine Scheindiskussion. Offengesagt, ich kenne nichts anderes als Regietheater. Ob werktreu oder nicht.
Ich denke, dass diese Diskussion vom eigentlichen Problem ablenkt. Wie positioniert sich Theater heute in einer Medienlandschaft,
die diese Gesellschaft immer mehr umgibt und die politischen Probleme, die immer unübersichtlicherer werden, schwerer zu definieren sind, weil
Meinungen zunehmend widersprüchlicher werden?
Theater war ständig in der Krise, weil seit jeher nur ein Bruchteil der Gesellschaft sich dafür interessierte. Früher war es geschützter, da es eine Enklave des Bürgertums
war. Aber da dieses mehr und mehr verschwindet, das klassische zumindest, bricht dem Theater auch zusehends seine Lobby weg. Es macht sich vor allem daran bemerkbar, dass im Theaterbereich sehr viele
Gelder in den letzten Jahren weggekürzt worden sind.
Als Gosch vor 2 Jahren diesen 'Blut-und Sudel-Macbeth' rausbrachte, meine ich in der Presse kaum den Vorwurf
des Regietheaters gelesen zu haben.Warum? Weil der Gesellschaft/Publikum auf sehr einfache, entlarvende Weise
der Spiegel vorgehalten wurde und diese im Spiegelbild sich auch wiedererkannte. Man verstand es oder man spürte etwas, was mit einem selbst zu tun hat.
Wie Theater heute auszusehen hat, weiss ich nicht. Es wird auch in Zukunft kein anderes Theater als
das Regietheater existieren. Aber Interesse am Menschen und Phantasie sind in jedem Fall unentbehrlich.
warum kehlmann die rede gehalten hat und was er verwechselt, erklärt der text. sonst ist der begriff regietheater ein kampfbegriff und deshalb hohl. der gedanke der demokratisierung ist interessant.
Kehlmann hat ein paar interessante Fragen aufgeworfen, die Hegemann geschickt umgeht, indem er Kehlmann kurzerhand für unzuständig erklärt... Aber mich interessiert es als Zuschauer auch wirklich, warum alle "guten" Inszenierungen heute so gleich aussehen (Schreien, Sachen zerfetzen, Spaghettis fressen usw. siehe Kehlmann)?? Herr Hegemann?? (Aber jetzt nicht einfach schreiben "Das stimmt doch gar nicht, die schreien und kotzen doch alle ganz verschieden"...) Nicht dass mich Castorf, Marthaler, Schlingensief Co nicht interessierten, im Gegenteil - aber warum langweilen sie mich in Ihrer endlosen Dekonstuiertheit in den letzten Jahren nur noch?
Unabhängig von der "Qualität" der Rede Kehlmanns oder dessen Theaterkenntnis empfinde ich DIESE Position dagegen als unfair, weil sie auf unerträgliche Weise psychologisiert, ohne tatsächlich auf Inhalt einzugehen. Wäre ich der inkriminierte Kehlmann, würde ich solcherlei scheinbar kulturintellektuelle als übergriffig lesen - mithin nur als schlechtes Kommunikationsverhalten deuten und in der Sache nicht ernst nehmen können.
Was reitet den "Rezensenten", fragt man sich, auf diese Art an die Sache/an den Menschen heranzugehen? Neid? Missgunst? Persönliche Fehde? Die heilige deutsche Kuh "Regietheater"? Allein die Überschrift ist in meinen Augen eine Unverschämtheit.
....Daniel Kehlmann's kommentar zum sogenannten regietheater sind peinlich und tzeugen von eher schwachen wenn nicht zensorischen kunstverstand.
er sollte mit seinen persöhnlich - familienbezogene kritik am heutigen theater nicht die welt nerven.
was können die theatermacher von heute dafür das sein vater keinerlei arbeiten mehr für theater und fernseh bekommen hat. liegt das an dem regietheater oder an was?
herr Daniel Kehlmann sollte näher nachdenken und nicht aus wut und ärger über seines vater tragödie andere dafür schuldig zu sprechen
Sehr geehrter Herr Hegemann,
wenn ich mich selbst - aus anderen Gründen - auch inhaltlich mehr als geärgert habe über die absolut unangemessene Rede Daniel Kehlmanns, so muss ich gestehen, dass ich mich fast noch mehr über Ihren Artikel geärgert habe, der nicht nur vor orthographischen und stilistischen Fehlern nur so strotzt, sondern es einem vor allem wegen der wirklich bodenlosen Interpunktion nahezu unmöglich macht, ihn normal und fließend durchzulesen. Wenn Sie schon die einfachsten Komma-Regeln der deutschen Sprache nicht beherrschen, haben Sie doch wenigstens die Güte, Ihre Artikel vor Druck lektorieren und Korrektur lesen zu lassen. Ansonsten dikreditieren Sie sich hier schon, bevor man sich auch nur durch die ersten zwei Absätze Ihres Artikels gequält hat.
PS: Im Zweifel WURDE dieser Artikel Korrektur gelesen, und das sagt mehr über die Qualität des deutschen Online-Journalismus aus, als es mir persönlich lieb ist...
hegemanns psychoanalytische deutung ist echt superinteressant. trotzdem kann man ihm das auch politisch nicht so einfach durchgehen lassen. denn kehlmann ist ein wiederholungstäter. schon vor einem jahr hat er eine rede zur eröffnung des brecht-festivals in augsburg gehalten, die in eine ähnlich konservative richtung ging: brecht als steigbügelhalter der diktatur und des stalinismus. ees ist zwar nicht hundertprozentig diesselbe kritik, die klaus von dohnanyi 2001 in hamburg bei der liliom-premiere von thalheim entrüstet ins publikum rief: "das ist doch ein anständiges stück, das kann man doch auch anständig inszenieren". es ist auch nicht ganz dasselbe, was bundespräsident köhler vor kurzem zum gegenwartstheater sagte. aber es formiert sich da so ein (neo)bürgerlicher backlash. schade, dass der postmoderne autor kehlmann da so einstimmt.
lieber ingo arend,
das ist ja fast schon ein göttlich simpler fortschrittsglaube, der einen der jüngsten und begabtesten deutschsprachigen literaten als "backlash" einsortiert... leute wie er, die das alte links/rechts-schema des unglückseligen letzten jahrhunderts in ihrem denken endlich hinter sich gelassen haben, sind - tja, tschuldigung, ja wohl eher die zukunft als die flott aufs rentenalter zusteuernden großhelden des regietheaters. auch wenn kehlmann weder behauptet hat, der überkenner der theaterszene zu sein, noch verbirgt er seine subjektive quer-sicht als autor zum thema. aber allein das jemand es wagt, den "fortschrittlichen" aber gesellschaftlich längst fast vollständig wirklungslosen einheitsbrei des deutschen gegenwartstheaters in frage zu stellen, und das geschrei, dass sich daraufhin erhebt, erinnert mich auf amüsante weise die an gute alte geschichte von des (theater-) kaisers neuen kleidern...
An klara
Sie werfen Hegemann Psychologisierung vor, ich behaupte, Kehlmann legt sich in seiner Rede freiwillig auf die Couch. Eine inhaltliche Auseinandersetzung ist schier nicht möglich, da Kehlmann keine Inhalte anbietet. Seine Aussagen über das Theater sind derart naiv, unergiebig und substanzlos, dass man nur auf der Psycho-Ebene darauf eingehen kann. Und das hat Hegemann wirklich gut gemacht, von den orthographischen Katastrophen mal abgesehen...
Daß Daniel Kehlmanns Salzburger Rede vom 24. Juli 2009 zum Regietheater etliche alles in allem recht aufgeregte Kommentare provoziert hat, ist bemerkenswert. Bemerkenswert insofern, als Kehlmann - genau besehen - gar nicht richtig zugeschlagen hat, sondern bloß ein bißchen spielerisch angedeutet hat, wo man hinhauen könnte. Die Heftigkeit der Reaktionen läßt auf ein gläsernes Kinn bei den angegriffenen Boxern schließen.
Selbst der uralte Kalauer, es sei schließlich jedes Theater zwangsläufig Regietheater wird jetzt aus gegebenem Anlaß wieder ausgegraben. Jeder weiß zwar, daß der Begriff Regietheater gemeinhin in einem engeren Sinne als "Regie im Theater" verwendet wird, aber man tut so, als wüßte man es nicht und erntet so einige wohlfeile Lacher von schlichteren Gemütern.
Kehlmann sprach davon, es sei "eher möglich, unwidersprochen den reinsten Wahnwitz zu behaupten (...) als leise und schüchtern auszusprechen, daß die historisch akkurate Inszenierung eines Theaterstücks einfach nur eine ästhetische Entscheidung ist, nicht besser und nicht schlechter als die Verfremdung, auf keinen Fall aber ein per se reaktionäres Unterfangen." Man stürzt sich auf das Wort von der "historisch akkuraten Inszenierung" und baut sich als Gegenpol zum Regietheater das museale Theater auf - Shakespeare nur so, wie man es im Globe Theatre einst sah: Bei Tageslicht, ohne Beleuchtungseffekte, Hamlet in Strumpfhosen, Frauenrollen von Männern gespielt etc. pp. - Lächerlich das, sagt man und mit recht. Als ob es darum ginge.
Es geht darum, daß Shakespeare einen Text hinterlassen hat, die Vorlage für ein aufzuführendes Theaterstück. Diesen Text kann ich lesen, mir das Stück also selbst im Hirn inszenieren oder ich kann es mir im Theater anschauen. Wenn ich mir ein Stück von Shakespeare, das ich zuvor noch nicht gelesen habe, im Theater ansehe, dann möchte ich nach dem Verlassen des Theaters eine ziemlich gute Vorstellung davon haben, was Shakespeare eigentlich geschrieben hat.
Aber, hör ich, das sind doch alte Stücke, die womöglich in noch viel älterer Zeit spielen. Wir müssen zu diesen alten Stücken neue Zugänge finden, wir müssen die zu Monumenten erstarrten Klassiker zerlegen und neu zusammensetzen, damit wir uns und unsere Welt in diesen Stücken wiedererkennen können.
Ah so.
Merkwürdigerweise habe ich beim Lesen dieser alten Stücke so gar nicht den Eindruck, als wehte mir der Staub der Jahrhunderte entgegen. Und bei denen, die ich nach quälender Lektüre schließlich wieder zuklappe, käme ich nie auf die Idee, man sollte sie aktualisieren.
Übertragen wir die Forderung nach Aktualisierung alter Stücke einmal auf andere Gebiete der Kunst, bei denen man es ebenso mit alten bis sehr alten Werken zu tun hat.
Ein Roman etwa ist zu einer bestimmten Zeit geschrieben worden und spielt vielleicht in einer anderen. Und wenn dieser Roman heute wieder neu aufgelegt wird, dann wird er so herausgebracht, wie er damals geschrieben wurde. Gut, wenn er schon etwas älter ist, wird die Rechtschreibung etwas angepaßt, aber damit hat sich's auch schon. Kein Herausgeber käme auf die Idee, er müßte den Roman, um ihn dem heutigen Publikum näherzubringen, aus der Zeit, in der er spielt, herausnehmen. Man vertraut darauf - und zu Recht - daß der heutige Leser, so er kein Narr ist, auch aus einer alten Geschichte heute noch gültige Bezüge herauslesen werde.
Aber stellen wir es uns einmal vor, ein Übersetzer habe den "Don Quichote" ins Deutsche zu übertragen und er ließe den Roman, auf daß er dem heutigen deutschen Publikum aktuell erscheine, im Mecklenburg-Vorpommern der neunziger Jahre spielen, füge überdies - die Aktualisierung auf die Spitze zu treiben - Texte moderner Autoren in den Roman, dazu Auszüge aus der BILD-Zeitung.
Hm.
Damit eines klar ist: Auf diese Weise kann ein äußerst spannender und interessanter Text entstehen, aber... Ja klar, der "Don Quichote" von Cervantes ist es nicht mehr. Es ist ein neues Kunstwerk entstanden, eher lose mit dem alten Text von damals verbunden. Im Buchgewerbe ist es selbstverständlicher Brauch, daß man dann auch nicht "Don Quichote von Miguel Cervantes" draufschreibt, sondern etwa "Cervantes-Variationen von Hugo Blobbersich".
Ein ebenfalls reizvolles Gedankenspiel ist es, die Situation vom Theater weg in den Konzertsaal zu übertragen. Ein kreativer, genialer Dirigent etwa nähme sich ein Stück aus der Musikliteratur - sagen wir mal "Bilder einer Ausstellung" - und führte dieses Stück mit Schlagzeug, Synthesizer und E-Gitarre auf, kräftig mit Stil-Elementen aus der Rockmusik versetzt. Die feinsinnigen Musikfreunde (die häufig auch feinsinnige Theaterfreunde sind) würden aufjaulen.
Nun wissen wir natürlich, daß Emerson, Lake and Palmer genau das oben Geschilderte mit dem Stück von Mussorgsky getan haben und großen Erfolg damit gehabt haben. Womit mein Argument widerlegt wäre? Nein, denn der entscheidende Punkt dabei ist, daß ELP ihre Version des Stücks niemals als Aufführung eines Werkes von Mussorgsky ausgegeben haben. Es wurde immer als eigenständiges Kunstwerk gesehen, das sich in seinen Grundzügen an Mussorgsky anlehnte.
Würde der genialische Regisseur Hans Müller-Möhrenschneider sein Stück "Hamlet" (nach Motiven des Kollegen Shakespeare) aufführen, würde sich keiner, auch Daniel Kehlmann nicht, aufregen. Natürlich steht es jedem frei, sich in der Weltliteratur zu bedienen und vorhandene Stücke zu bearbeiten.
Ein bekannter Regisseur, der auch ein wenig als Dramatiker dilettierte, hat mehrere Stücke verstorbener Kollegen bearbeitet und aufgeführt, auf die Bühne gebracht hat er sie aber als seine Bearbeitungen von Stücken anderer. So penibel war Brecht, dem ansonsten ein eher entspanntes Verhältnis zu Fragen des geistigen Eigentums nachgesagt wird.
Das wirklich Ärgerliche am Regietheater ist doch nicht der Stil der Aufführungen, sondern der Etikettenschwindel, der damit verbunden ist. Hans Müller-Möhrenschneider bringt ein eigenes, locker am "Hamlet" des Shakespeare orientiertes Stück auf die Bühne, tut aber so, als würde er Shakespeare inszenieren. Er versteckt sich hinter Shakespeare, weil alle Shakespeare sehen wollen, kein Schwein aber sich für die Stücke von Hans Müller-Möhrenschneider interessiert.
Ich nehme die Hälfte der obigen Aussage wieder zurück. Doch, auch die Regieeinfälle so mancher Aufführungen sind ärgerl... nein, eher kindisch. Ich meine jetzt die Marotte, alte Stücke in der modernen Zeit spielen zu lassen. Wenn ich einen alten König in einen dunklen Anzug mit Krawatte stecke, dann verändere ich ihn radikal. Dann ist er kein alter König mehr, sondern ein neuzeitlicher Präsident oder Wirtschaftsboß oder was. Dann aber paßt der Text nicht mehr, den ihm der Klassiker zu sprechen vorgibt. Und mit "Text" meine ich nicht nur den Sprachduktus, sondern auch den Inhalt dessen, was er sagt. Ein Chef des 21. Jahrhunderts hat andere Ideen im Kopf als ein Chef des 10. Jahrhunderts. Wenn er etwas verschleiern will, etwas rechtfertigen will, greift er auf andere Verschleierungs- oder Rechtfertigungsmuster zurück. Vieles vom Vergangenen bleibt, manches aber nicht. Viele Geschichten funktionieren nur in der Zeit, in der sie spielen.
Die Frage bleibt, warum das Theater glaubt, nur mit immer neuen Regie-Einfälle über die Runden zu kommen. Ich habe den bösen Verdacht, es liegt daran, daß relativ wenige Leute regelmäßig ins Theater gehen. Dort werden - so groß ist das Repertoire gar nicht - immer die gleichen Stücke gespielt. Immer die gleichen Leute schauen sich also immer die gleichen Stücke an. Das wird auf Dauer langweilig und um die Langeweile zu vertreiben wird halt ein bisserl eine Show gemacht.
Damit eines klar ist: Ich habe nichts gegen angedeutetes oder echtes Ficken auf offener Bühne, das hat man im "Salambo" auf der Reeperbahn schon in den sechziger Jahren gemacht, wenn ich recht informiert bin. Ich habe auch nichts gegen Striptease, Blutverspritzen, Kotzen etc. auf der Bühne, selbst eine Kombination von all dem tätert mich nicht wirklich vom Stockerl hauen. Man brüht ab im Lauf der Jahre.
Daß ein Theaterstück, das zunächst ja nur ein Text ist, für jede Aufführung interpretiert werden muß, versteht sich. Wenn da steht "Erwin geht ab", dann wird sich der Regisseur seine Gedanken machen müssen, wie er den Erwin abgehen läßt. Und wenn da steht "Erwin reißt seinen Mantel auf, deutet auf seinen erigierten Schwanz und kichert irr. Neun nackte Nymphen treten aus dem Wandschrank und tanzen wild. Die siebte Nymphe schraubt sich den Kopf ab und aus dem Halsstumpf spritzt ihr Blut und saut die Bühne voll. Angewidert geht Erwin ab", dann wird der Regisseur sich etwas einfallen lassen müssen, dies zu gestalten. Wenn dergleichen aber nicht im Text steht, dann geht Erwin halt einfach nur ab.
Zuviel verlangt? Langweilig? Verstaubt? Geht's denn ohne Bierzelt-Gaudi überhaupt nicht mehr?
Daß diese Anmerkungen alles in allem recht wenig mit dem Beitrag von Herrn Hegemann zu tun haben, liegt nur zum Teil bei mir. Herr Hegemann versucht sich recht ausführlich an der Psycho-Analyse Kehlmanns, das, wovon er eigentlich was versteht, das Theater nämlich, taucht in seinem Beitrag nur ein wenig am Rande auf.
Ich muss Ihnen widersprechen, wenn Sie meinen dass Kehlmann nicht richtig zugeschlagen hat, sondern nur spielerisch andeuten wollte. Regisseure, die sich nicht am Text halten, sind für ihn zutiefst frustrierte Linke, die die Bühne für ihre ideologischen Belange missbrauchen und dann noch die Frechheit haben, dass als Kunst zu verkaufen. Und dafür noch öffentliche Gelder bekommen. Kehlmann hält Leute wie Zadek oder Peymann für Schwindler. Sie missbrauchen Shakespeare für Ihren persönlichen Erfolg. Als spielerische Andeutung würde ich das nicht verstehen. Eher als tiefe Abneigung, mit dem Wunsch, diesen linken Banausen das Maul zu stopfen.
Ob es tragisch ist, da dies ein Sohn eines Theatermachers, dem ein Erfolg als Regisseur wg. dieser Stümper verwehrt wurde, formuliert hat, kann ich nicht beantworten.
Für mich ist diese pauschale Zurückweisung eine biedere Kunstfeindlichkeit. Kehlmann hält es nicht für nötig, Regisseure beim Namen zu nennen, die er für diesen Missbrauch verantwortlich macht.
Irgendetwas hat er vom anderen Österreicher, der, weil er selber keine Anerkennung bekam, jegliche Bilder bekannter Expression etc verbieten liess. Kehlmann hat hohe Anerkennung bekommen für seine Arbeit, sein Vater aber nicht.
Zadek meinte in einem Interview, dass die Menschen heute, mögen von sich aus meinen, dass sie liberal und modern eingestellt sind, genauso stark verdrängen, wie's Menschen noch in den 50ern taten.
Sprich, sich nach wie vor von Vorurteilen lenken lassen, genauso verklemmt sind, sich nicht mit Dingen auseinander setzten. Das scheint sich in der Rede von Kehlmann, aber auch durch Ihren Kommentar u.a. zu bestätigen.
Kommentare wie der Ihrige wird es in den 70ern zu Hauf gegeben haben, als Zadek mit seinen Inszenierungen das Publikum irritierte.
Ich sehe die grosse Zustimmung für Kehlmann, 66%, als Indiz für einen Rückfall in bornierte Biedermeierzeiten, die jegliche künstlerische Darbietung nach dem Preisleitungsverhältnis bewertet (wo Shakespeare drin steht soll auch Shakespeare drin sein und nur dafür zahle ich) und dieses Kriterium auch dafür benutzt, Kunst von sog. Scharlatanerie zu unterscheiden.
Wenn Zadek, Peymann, später Castorf oder auch Perceval, nur um einige zu nennen, Shakespeare im 16. Jh belassen hätten, dann wäre er wahrscheinlich heute nicht Schulstoff.
Er würde in Vergessenheit geraten, weil der Wert des Textes als solcher unerkannt und Shakespeare seine Gültigkeit als Autor auf das 16. Jh beschränkt bliebe. Da aber Shakespeare grossartige Figuren schuf, ist es doch ungeheuerlich reizvoll zu prüfen, ob diese Figuren heute noch Gültigkeiten haben oder nicht.
Deshalb muss man sie immer wieder aus der Klamottenkiste des 16 Jh. befreien.
Auch wenn es Ihnen schwer fällt, es ist der Mühe wert, sich mit Shakespeare-Inszenierungen eines Castorf oder Perceval auseinander zu setzen.
@ pkaras
"Ich muss Ihnen widersprechen, wenn Sie meinen dass Kehlmann nicht richtig zugeschlagen hat, sondern nur spielerisch andeuten wollte."
Was Kehlmann wollte, weiß ich nicht. Ich sehe, was er getan hat und das war nicht mehr, als einige, relativ wenige Sätze über das Regietheater von sich zu geben.
"Regisseure, die sich nicht am Text halten, sind für ihn zutiefst frustrierte Linke, die die Bühne für ihre ideologischen Belange missbrauchen und dann noch die Frechheit haben, dass als Kunst zu verkaufen. Und dafür noch öffentliche Gelder bekommen. Kehlmann hält Leute wie Zadek oder Peymann für Schwindler."
Ich habe die Diskussion um diese leidige Rede ein wenig verfolgt, so weit sie im Internet geführt wurde (an deutschsprachige Print-Medien komme ich hier in Süditalien nicht so leicht ran). Was mir aufgefallen ist, das ist der Umstand, daß so entsetzlich wenig entlang des Textes von Kehlmann argumentiert wird. "Zutiefst frustrierte Linke", "Bühne für ihre ideologischen Belange missbrauchen" und "das als Kunst verkaufen" - wo tauchen all diese Dinge in der Rede auf? "Schwindler" gar.
"Als spielerische Andeutung würde ich das nicht verstehen. Eher als tiefe Abneigung, mit dem Wunsch, diesen linken Banausen das Maul zu stopfen."
Ich weiß zu wenig über Daniel Kehlmann, um ihn politisch einordnen zu können. Anhand der Rede hatte ich gar nicht den Eindruck, daß er über Linke schimpft, und wenn doch, dann gerade nicht aus der rechten Ecke heraus. "Es hat wohl mit der folgenreichsten Allianz der vergangenen Jahrzehnte zu tun: dem Bündnis zwischen Kitsch und Avantgarde. Nach wie vor und allezeit schätzt der Philister das Althergebrachte, aber mittlerweile muß sich dieses Althergebrachte auf eine strikt formelhafte Weise als neu geben. Denn wer ein Reihenhaus bewohnen, christlich-konservative Parteien wählen, seine Kinder auf Privatschulen schicken und sich dennoch als aufgeschlossener Bohemien ohne Vorurteil fühlen möchte - was bleibt ihm denn anderes als das Theater? In einer Welt, in der niemand mehr Marx liest und kontroverse Diskussionen sich eigentlich nur noch um Sport drehen, ist das Regietheater zur letzten verbliebenen Schrumpfform linker Ideologie degeneriert."
Das ist böser Spott, freilich, aber das ist - so lese ich diese Worte - der Spott eines Linken über "Linke".
Und das mit dem "Maul stopfen" - Kehlmann schreibt im Gegenteil: "... man kann es auch ganz anders sehen, man darf selbstverständlich auch für die drastischste Verfremdung eintreten, aber man sollte sich deswegen nicht für einen fortschrittlichen Menschen halten." Das ist nicht die Forderung nach dem Stopfen des Mauls, sondern ein Satz gegen die Monopolisierung des Begriffs "fortschrittlich".
"Ob es tragisch ist, da dies ein Sohn eines Theatermachers, dem ein Erfolg als Regisseur wg. dieser Stümper verwehrt wurde, formuliert hat, kann ich nicht beantworten."
An diesem Punkte möchte ich Ihnen doch raten, ein bißchen mehr über Michael Kehlmann in Erfahrung zu bringen. "Erfolg als Regisseur verwehrt" ist sicher nicht die richtige Formulierung für einen Künstler, der am Burgtheater inszeniert, der in den sechziger und siebziger Jahren aufsehenerregende Fernsehinszenierungen abgeliefert hat.
"Kehlmann hält es nicht für nötig, Regisseure beim Namen zu nennen, die er für diesen Missbrauch verantwortlich macht."
Das meinte ich mit "angedeutet, aber nicht richtig zugeschlagen". Es wußte eh jeder, wen und was er meinte, arg viel Zeit hatte er nicht im gegebenen Rahmen, aber, wie man sieht, hat auch das bißchen ausgereicht, die Fasane aus dem Unterholz zu scheuchen.
"Irgendetwas hat er vom anderen Österreicher, der, weil er selber keine Anerkennung bekam, jegliche Bilder bekannter Expression etc verbieten liess. Kehlmann hat hohe Anerkennung bekommen für seine Arbeit, sein Vater aber nicht."
Ich halte mich hier vornehm zurück - stelle aber die Frage, ob der Vergleich von Kehlmann mit Hitler nicht doch etwas abgeschmackt ist? Ganz abgesehen davon, daß er keine Grundlage hat, denn Kehlmann (Sohn) ist Bestsellerautor und Kehlmann (Vater) war einer der profiliertesten österreichischen Theatermacher.
"Sprich, sich nach wie vor von Vorurteilen lenken lassen, genauso verklemmt sind, sich nicht mit Dingen auseinander setzten. Das scheint sich in der Rede von Kehlmann, aber auch durch Ihren Kommentar u.a. zu bestätigen."
Eine hochinteressante Anmerkung. Ich bin lernwillig und (hoffe ich doch) lernfähig. Ich flehe Sie (oder jeden anderen, der hier zufällig mitliest) an, mir meine Verklemmungen anhand meines Textes herauszupräparieren. Ich habe sehr ausführlich argumentiert, habe damit auch reichlich Angriffsfläche geboten. Bitte, was ist falsch an meiner Argumentation?
"Ich sehe die grosse Zustimmung für Kehlmann, 66%, als Indiz für einen Rückfall in bornierte Biedermeierzeiten, die jegliche künstlerische Darbietung nach dem Preisleitungsverhältnis bewertet (wo Shakespeare drin steht soll auch Shakespeare drin sein und nur dafür zahle ich) und dieses Kriterium auch dafür benutzt, Kunst von sog. Scharlatanerie zu unterscheiden."
Noch mal: Von Scharlatanerie hat Kehlmann nie gesprochen, und wenn doch, dann bitte ich um einen Hinweis.
Und was das Preis-Leistungs-Verhältnis betrifft, so dürfte das sog. Regietheater unbestrittenerweise unschlagbar sein. Da wird an nichts gespart, das ist Showbusiness auf höchstem Niveau, nicht nur ausstattungsmäßig, sondern auch künstlerisch. Das mag Sie jetzt überraschen, aber die meisten Inszenierungen, über die wir hier sprechen, sind sehr effektvolle und raffinierte Theaterveranstaltungen, gar kein Zweifel. Und wenn auf den Plakaten draufstünde (ich wiederhole mich jetzt, säufts!), daß hier Hans Müller-Möhrenschneider sein neues Theaterstück "Macbeth", nach einer Idee des Kollegen Shakespeare aufführt, dann ist dagegen nichts zu sagen. Ich habe mit Sicherheit nichts dagegen (das weiß ich), und Daniel Kehlmann wahrscheinlich auch nichts (das kann ich allerdings nur vermuten).
"Wenn Zadek, Peymann, später Castorf oder auch Perceval, nur um einige zu nennen, Shakespeare im 16. Jh belassen hätten, dann wäre er wahrscheinlich heute nicht Schulstoff."
Ich habe in den sechziger Jahren ein Provinzgymnasium in Niederbayern besucht und damals war Shakespeare ganz selbstverständlich Schulstoff (im Original), auch Christopher Marlowe. Und bei den Altsprachlern im anderen Klassenzimmer war es Sophokles, im Deutschunterricht war es der "Faust", der "Tell", der "Zerbrochene Krug" etc. pp. Lessing hat seinerzeit Shakespeare aus der Versenkung geholt und für die Deutschen entdeckt, seither ist er im deutschsprachigen Theater nie wieder in der Versenkung verschwunden.
"Er würde in Vergessenheit geraten, weil der Wert des Textes als solcher unerkannt und Shakespeare seine Gültigkeit als Autor auf das 16. Jh beschränkt bliebe. Da aber Shakespeare grossartige Figuren schuf, ist es doch ungeheuerlich reizvoll zu prüfen, ob diese Figuren heute noch Gültigkeiten haben oder nicht."
Und - haben sie es? Natürlich haben sie es, auch wenn ich das entsprechende Stück nur lese. Wieso hält man gerade Theaterautoren für dermaßen bescheuert, daß man sie ständig aktualisieren muß, während man Romane, Gedichte, Novellen ganz selbstverständlich auch heute noch original liest und sie - zumindest die besseren unter ihnen - für ausgesprochen aktuell und interessant findet? Muß der "Simplicius Simplicissimus" seine Abenteuer im Zweiten Weltkrieg erleben, damit er mir noch was sagt?
"Auch wenn es Ihnen schwer fällt, es ist der Mühe wert, sich mit Shakespeare-Inszenierungen eines Castorf oder Perceval auseinander zu setzen."
Ich sitze in Süditalien, deutschsprachige Theater sind weit, ich bin also auf Fernseh-Aufzeichnungen angewiesen und da muß ich nehmen, was grad kommt.
Vor etlichen Wochen hatte ich mich wieder mal, was ich eher selten mache, vor den Fernseher gesetzt und mal geschaut, was so läuft. Die privaten Sender überspring ich eh, so daß ich relativ bald durch war. Auf 3Sat lief gerade ein Theaterstück. 4 Typen wollten ein Mädchen anwanzen und diskutierten gerade, wer hingehen sollte. Die Schauspieler waren nicht schlecht, also blieb ich dabei. Nach einiger Zeit wurde klar, daß die 4 Typen dieselbe Person sind, halt in viererlei Gestalt. Dergleichen steck ich weg, als wenn's nix wäre.
Nach wiederum einiger Zeit kamen mir einige Textfetzen bekannt vor, nanu, sagte ich mir und sagte schließlich, daß dies wohl Schillers "Räuber" sein müßte. Ein Blick in den Videotext gab mir recht.
Ein weiteres Weilchen schaute ich zu, die Schauspieler waren wirklich gut und ich bin ein geduldiger Mensch, dann schaltete ich um.
Aber, immerhin, ich will gerecht sein: Das Stück war angekündigt als "Die Räuber" *nach* Friedrich Schiller. Dann paßt's ja wieder. Obwohl die notorischen Kulturschmocks in den Feuilletons dann doch wieder wahrheitswidrig und entgegen dem Wunsch des Regisseurs schrieben: "Nicolas Stemann inszeniert Schillers Räuber in Salzburg."
Schade um die Zeit, die man damit verbusselt.
"Schade um die Zeit, die man damit verbusselt."
Freilich. Andererseits gibt es Leute, die Zeit darauf verwenden, anderen mitzuteilen, daß sie nichts dazu sagen wollen und daß andere dies auch nicht tun sollten.
theater sieht irgendwie immer gleich aus.