Die Klimaverhandlungen gehen in die nächste Runde. Im November werden Vertreter aus der ganzen Welt in Marrakesch darüber verhandeln, wie man die Erderwärmung begrenzen kann. Außerdem wird das Pariser Klimaabkommen in Kraft treten, das letztes Jahr ausgehandelt wurde. Die EU konnte sich gerade noch zu einer schnellen Zustimmung durchringen, auch wenn noch nicht alle nationalen Parlamente das Abkommen ratifiziert haben.
Neben staatlichen Delegationen werden auch Unternehmen an den Verhandlungen teilnehmen, die ihr Geld mit Öl, Kohle und Gas verdienen. Sie können die Diskussionen direkt und vor Ort beeinflussen und sponsern. Die Konferenz letztes Jahr in Paris wurde zum Beispiel von Engie mitfinanziert. Auf der Homepage bezeichnet sich der Konzern selbst als „führendes Unternehmen in der Energiewende“ und teilt mit, dass Klimaschutz die Priorität habe. Trotzdem kamen im vergangenen Jahr noch insgesamt 68 Prozent der Energie des Konzerns aus fossilen Quellen. Der Begriff „Greenwashing“ drängt sich förmlich auf.
Tabakindustrie muss draußen bleiben
Ähnliches lässt sich über die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF, den Konzern Suez Environnement und die BNP Paribas Bank sagen. Gemeinsam sind sie unter anderem für 46 Kohlekraftwerke verantwortlich. Diese und weitere Unternehmen betreiben bei den jährlichen Klimaverhandlungen Lobbyarbeit.
Anders sieht es beim Tabakrahmenübereinkommen aus. An den Verhandlungen unter dem Dach der Weltgesundheitsorganisation darf sich die Industrie nicht beteiligen. Das Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, um Menschen vor den Folgen des Rauchens zu schützen. Rauchen kann tödlich sein, genauso wie der Klimawandel. Jährlich sterben rund 300.000 Menschen an den Folgen des Klimawandels.
Schnelles Handeln
Nachdem die USA und China Anfang September das Pariser Klimaabkommen ratifizierten, fühlte sich auch die EU unter Druck und ermöglichte bei einem Sondertreffen der europäischen Umweltminister ein verkürztes Verfahren, obwohl nicht alle nationalen Parlamente das Abkommen angenommen haben. Der Vertrag tritt in Kraft, 30 Tage nachdem mindestens 55 Staaten zugestimmt haben, die gemeinsam 55 Prozent der Treibhausgasemissionen verursachen. Die EU musste bis zum 7. Oktober, einen Monat vor Beginn der Klimaverhandlungen in Marrakesch, die Beitrittsunterlagen bei den Vereinten Nationen hinterlegen, um ein Stimmrecht zu haben. Trotz Brexit und Streit um Flüchtlinge hat die Zeit gereicht. Für Europa als selbsternannter Vorreiter in Sachen Klimaschutz hätte es aber auch einen enormen Imageverlust bedeutet, wäre es nicht von Anfang an Teil des neuen Klimavertrags.
Durch das schnelle Handeln der Staaten kann das Paris-Abkommen im November in Kraft treten, aber Lobbyisten aus der Energiebranche versuchen strengen Klimaschutz zu blockieren. Der Privatsektor ist sogar eingeladen, in den Klimaverhandlungen aktiv mitzudiskutieren. Im Pariser Klimaabkommen werden im Paragraf 134 neben den Bemühungen der Zivilgesellschaft auch ausdrücklich die des Privatsektors „begrüßt“. Und das, ohne die Kohleindustrie auszuschließen. Ist es sinnvoll, diejenigen mit an den Tisch zu holen, die für den Klimawandel verantwortlich sind?
In diesem Jahr haben einige Länder des globalen Südens, vor allem Ecuador, Guatemala und Bolivien, gemeinsam gefordert, dass innerhalb der Klimaverhandlungen geklärt werden müsse, wie in dem Prozess mit der Kohleindustrie umgegangen werden soll. Andere Länder, auch die Mitgliedstaaten der EU, wollen aber ihre Industrien schützen und blockieren Anträge, die diese gefährden würden. Die Kohle- und Ölindustrie hat kein großes Interesse am Klimaschutz und bekommt die Bühne, sich in eigener Sache zu engagieren. Das Problem ist, dass ohne eine globale Energiewende das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, unmöglich zu erreichen ist. Entscheidungen bei den Klimaverhandlungen sollten also auf keinen Fall von eben dieser Industrie beeinflusst sein.
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