Schonungsloser als alles andere zuvor hat George Bushs erste Rede zur Lage der Nation Ende Januar erkennen lassen, wie unerschütterliche Feindbilder den geistigen Horizont des 43. US-Präsidenten prägen - Iran, Irak und Nordkorea als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Was bisher allerdings in den "Lageanalysen" der Administration völlig untergeht, das sind Indikatoren einer inneren Bedrohung, deren terroristische Potenz alles andere als virtuell ist: Man denke an jenen Golfkriegsveteran mit rechtsextremem Hintergrund, der aus Frust über das "FBI-Massaker von Waco" 1995 ein Behördengebäude in Oklahoma City in die Luft sprengte; an den erzkonservativen Spitzenagenten des FBI, der angewidert von der "geistigen Verkommenheit" der USA mehr als 15 Jahre fü
s alles andere zuvor hat George Bushs erste Rede zur Lage der Nation Ende Januar erkennen lassen, wie unerschütterliche Feindbilder den geistigen Horizont des 43. US-Präsidenten prägen - Iran, Irak und Nordkorea als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Was bisher allerdings in den "Lageanalysen" der Administration völlig untergeht, das sind Indikatoren einer inneren Bedrohung, deren terroristische Potenz alles andere als virtuell ist: Man denke an jenen Golfkriegsveteran mit rechtsextremem Hintergrund, der aus Frust über das "FBI-Massaker von Waco" 1995 ein Behördengebäude in Oklahoma City in die Luft sprengte; an den erzkonservativen Spitzenagenten des FBI, der angewidert von der "geistigen Verkommenheit" der USA mehr als 15 Jahre fXX-replace-me-XXX252;r Moskau spionierte; an die nach dem 11. September Kongress-Abgeordneten zugesandten Briefe voller Milzbrand-Erreger, die mit großer Wahrscheinlichkeit aus streng geheimen Labors der US-Armee stammen. Nur drei Beispiele von vielen, die den Schluss nahe legen, dass es nicht zuletzt die innere Sicherheit der USA ist, um die sich Bush sorgen sollte. Gemeint ist weniger das Ausschalten konkreter Bombenleger oder Spione, als vielmehr die Klärung der Frage, ob bestimmte innenpolitische Prägungen der vergangenen Jahre die nationale Sicherheit des Landes eher geschwächt als gestärkt haben. Etwa die systematische Manipulation höchster politischer Instanzen durch eine Neue Katholische Rechte, die nur ein Ziel zu kennen scheint - die verfassungswidrige Verschmelzung von Kirche und Staat zu einer theokratischen Superstruktur. Erst in den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hatte der katholische Klerus in den USA endgültig in den höchsten Machtstrukturen des Landes Fuß gefasst. Spektakulärer Ausdruck dessen war die "heilige Allianz" zu Gunsten der polnischen Solidarnosc-Bewegung zwischen Präsident Reagan und Papst Johannes Paul II., um die sich der harte katholische Kern des damaligen Establishments - CIA-Chef William Casey, die Sicherheitsberater Richard Allen und William Clark, Außenminister Alexander Haig sowie Sonderbotschafter Vernon Walters - verdient machten. Vor allem unter Ronald Reagan und George Bush senior (aber auch Bill Clinton) gelang es der katholischen Rechten, politisch zu punkten. So kletterte zwischen 1975 und 1996 die Zahl katholisch-republikanischer Kongress-Abgeordneter und Senatoren von 37 auf 64, gab es Mitte der neunziger Jahre neun republikanische Gouverneure streng katholischen Glaubens. Für den rechten Klerus offenbar der richtige Zeitpunkt, direkter und offener als bis dato üblich in das laufende politische Geschehen einzugreifen. So forderte im Juni 1996 Anthony M. Pilla, Präsident der Nationalen Katholischen Bischofskonferenz, in einer Rede vor 250 Bischöfen, im anstehenden Präsidentschaftswahlkampf die Partei zu unterstützen, deren Programmatik den Ansichten der katholischen Kirche am nächsten komme. Pillas Worte waren noch nicht verhallt, da posierte auf der Titelseite der New York Times Kardinal John O´Connor mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole. Jener O´Connor, der Anfang der Neunziger zusammen mit anderen einflussreichen Kirchenfunktionären und Politikern, darunter Ex-Bildungsminister und Dole-Berater (!) William L. Bennett sowie Präsidentschaftskandidat Pat Buchanan, die sogenannte Catholic Campaign for America begründete, für die eine "Trennung von Kirche und Staat eine falsche Prämisse ist, mit der endlich Schluss gemacht werden muss..." Opus Dei ...... seit 1928 katholische Organisation mit Sitz in Rom. Gegründet als Männern vorbehaltenes Netzwerk von J. Escrivá de Balaguer y Albás. Momentan gehören Opus Dei weltweit etwa 2.000 Priester und 80.000 Laien aus 89 Ländern an. Prälat ist seit 1994 J. Echevarría Rodríguez. Das Werk ist eine ultrakonservativ-katholische Organisation, die den Einfluss des traditionellen Katholizismus auf die Gesellschaft stärken will und als "Elite Gottes" auch Machtpositionen anstrebt sowie auf ein konsequent christliches Leben von Menschen aller Berufe und sozialer Schichten in der Alltags- und Arbeitswelt hinarbeitet. Die Opus-Dei-Spitze erwartet besonders von den internen Mitgliedern, die global agieren, absoluten Gehorsam und Unterordnung.Seinen Höhepunkt erreichte der politische "Interventionismus" der Neuen Katholischen Rechten zur Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren. In der Abtreibungsfrage verdammten konservative Kirchenvertreter offen und aggressiv jeden Politiker, der es wagte, einen liberalen Standpunkt zu vertreten. Am Sonntag vor der Wahl wurde in allen 400 katholischen Gemeinden der Stadt New York ein Hirtenbrief von Erzbischof Edward M. Egan verlesen, in dem die Gläubigen aufgefordert wurden, auf allen Ebenen nur strikte Abtreibungsgegner zu wählen. Ultimativer Ausdruck für den Aufschwung dieser Klientel war das weitere Vordringen der erzkonservativen Gruppierung Opus Dei (Werk Gottes) in Nordamerika. Gegründet vor über 70 Jahren als weltliche Geheimorganisation und seit knapp 20 Jahren als sogenannte Personalprälatur direkt dem Papst unterstellt, kannte das Werk immer nur ein Ziel: Die Welt sollte durch prä-moderne, theokratische Staats- und Gesellschaftsstrukturen vor Dekadenz und Gottlosigkeit gerettet werden. In den USA seit Ende des Zweiten Weltkrieges präsent, versuchte Opus Dei seit den frühen achtziger Jahren, die amerikanische Gesellschaft auf möglichst allen Ebenen zu durchdringen. Dies mit einigem Erfolg: Gegenwärtig zählt das Werk in den USA etwa 3.000 Mitglieder, unterhält 64 "Residenzen" in 17 Städten, betreibt fünf weiterführende Schulen, darunter zwei in der Hauptstadt Washington. In der Reagan-Ära begann Opus Dei, seine Kader im Weißen Haus zu platzieren, darunter hochrangige Präsidentenberater wie Carl A. Anderson. Aber auch in andere sensitive Strukturen scheint das Werk im Laufe der Jahre vorgedrungen zu sein. So entpuppte sich der Anfang 2000 als sowjet-russischer Spion enttarnte FBI-Spitzenagent Robert Hanssen als aktives Opus-Dei-Mitglied, wobei sich auch Hanssens Chef Louis Freeh - FBI-Direktor zwischen 1993 und 2001 - als dem Werk sehr verbunden erwies. Ebenso wie die Obersten Richter Antonin Scalia und Clarence Thomas. Gleichwohl war die subversive Tätigkeit des Werkes in den USA während der ersten Begegnung zwischen Präsident George Bush junior und Papst Johannes Paul II. im Sommer 2001 dem Vernehmen nach kein Thema. Und dies trotz - vielleicht aber auch wegen - der freundschaftlichen Gefühle, die Vater und Sohn Bush mit Kardinalsstaatssekretär Angelo Sodano verbinden, der viele Jahre einer der effizientesten Protagonisten des Werkes in Amerika war. Diese Zurückhaltung dürften vor allem Analysten wie der Sektenspezialist Yoichi Clark Shimatsu nicht verstehen, die Männer wie Robert Hanssen in letzter Instanz als Teil jenes Einsatzes sehen, den der Heilige Stuhl 1990/91 im Poker mit der Kreml-Führung um Mittelosteuropa auf den Tisch packte.