Jerks und das Maxdome-Problem

Medien Verflixt nochmal, warum läuft die tolle Serie nicht bei Amazon oder bei Netflix?
Ausgabe 05/2017

Den Streamingdienst Netflix liebe ich auch, weil er praktische und entspannte Services hat. Seit drei Monaten versuche ich, meinen 17-jährigen Mobilfunkvertrag zu kündigen, es ist wirklich unmöglich. Ich weiß die lockeren Netflix-Modalitäten gerade jetzt besonders zu schätzen. An- und Abmelden gehen höflich per Klick, danke, Katharina, dass du reingeschaut hast. Falls ich zurückkomme, hat sich Netflix meinen Status gemerkt. Ich befinde mich in Staffel vier meiner Lieblingsanwaltsserie The Good Wife. Sollte ich also spontan sonntags um 23:07 Uhr rückfällig werden, fragt mich Netflix‚ in angenehmer, unübergriffiger Tonality, ob ich an dieser Stelle weiterschauen möchte. Ja, möchte ich, weiter mit Folge drei, klick.

Amazon ist auch okay. Wir testeten hier eine Probemitgliedschaft, wollten dann nicht verlängern, Hauptgrund: meine Verbundenheit zu Netflix und ein Buch. Es reichte ein Häkchen. Gar nicht witzig hingegen ist eine Mitgliedschaft bei Sky. Ohnehin war mir Sky immer so attraktiv erschienen wie eine Sportsendung mit Ralf Rangnick als Moderator. Was uns anlockte: Sky zeigt die großartige Serie The People v. O. J. Simpson. Die wollten wir und mussten durch ein kompliziertes Gestrüpp aus Anmelde- und Verifikationsverfahren. Es gibt zig Sky-Zugänge, und seit unserer Premiummitgliedschaft haben wir den fatalen Eindruck, dass wir mit dem falschen Ticket fahren, für uns nie zugänglich ist, was neben O. J. sonst noch sehenswert wäre. Kündigung bitte nur schriftlich nach München.

Übrigens, Sky-Leute, es ist 2017, zum illegalen Streamen bin ich zwar zu uncool, aber wer will sich diktieren lassen, wann und wie man schaut? Lächerlich. Das wirklich Deprimierende: Unsere Serie auf Sky ist synchronisiert. O. J.s Staranwalt (John Travolta) spricht wie Ralf Rangnick, der gerade mit Olivia Newton-John telefoniert.

Dann kam Jerks. Für acht Euro monatlich kann man pro Woche zwei Folgen dieser wirklich feinen Miniserie sehen. Christian Ulmen und sein Freund und Schauspielerkollege Fahri Yardım haben das Format produziert. Worum geht es? Sie spielen sich ganz einfach selbst. Jerks heißt übersetzt Trottel, und um abgrundtiefe Tollpatschigkeit und Verstoffeltsein geht es auch. Besonders Ulmen gerät laufend in Situationen, in denen jeder im Erdboden versinken wollte. Ulmen hat ein Gespür für Fettnäpfe mit Fallhöhe. Es passiert ihm zwar nur allzu Menschliches, einmal nutzt er in höchster Not ein Katzenklo, weil es im Antiquitätenladen der Freundin (Emily Cox) keine Toilette gibt. Es scheint bei Ulmen nur, als wäre er auch zu phlegmatisch, so einen Schlamassel noch irgendwie retten zu wollen.

Es gibt Gastauftritte von Nora Tschirner, Sido, Jana Pallaske. Auch Ulmens Ehefrau Collien Ulmen-Fernandes tritt auf. Die Sitcom ist zehnteilig und spielt in Potsdam. In einer Folge will das Duo Ulmen/Yardım ein eigenes Serienformat verkaufen: „Reichs-CHRYSTALNacht“. Es geht um zwei CDU-Politiker in Berlin, die ...

Jerks ist urkomisch, nur: Kann ich „Deutschlands größte Online-Videothek“ empfehlen, wo die Serie letzte Woche online ging? Maxdome funktioniert scheinbar ähnlich wie Netflix. Die Plattform klingt nur so nach Media Markt, nach Pro Sieben. Jerks läuft später auch im Free TV, und zwar tatsächlich auf Pro Sieben, weil Maxdome eine Tochter der ProSiebenSat.1-Gruppe ist. Also mal sehen: Die absurd lustige Heroinparty, die in der Serie bei Fahri Yardım zu Hause spielt, muss man sich eigentlich reinziehen.

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Geschrieben von

Katharina Schmitz

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Literatur“

Katharina Schmitz studierte Neuere Geschichte, Osteuropäische Geschichte, Politikwissenschaften, Vergleichende Literaturwissenschaften und kurz auch Germanistik und Romanistik in Bonn. Sie volontierte beim Kölner Drittsendeanbieter center tv und arbeitete hier für diverse TV-Politikformate. Es folgte ein Abstecher in die politische Kommunikation und in eine Berliner Unternehmensberatung als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ab 2010 arbeitete sie als freie Autorin für Zeit Online, Brigitte, Berliner Zeitung und den Freitag. Ihre Kolumne „Die Helikoptermutter“ erschien bis 2019 monatlich beim Freitag. Seit 2017 ist sie hier feste Kulturredakteurin mit Schwerpunkt Literatur und Gesellschaft.

Katharina Schmitz

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