Sein Humor ist legendär. „Hallo, Diktator“, grüßte Jean-Claude Juncker den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán mitten im Streit um die Flüchtlingspolitik. „Was machen Sie denn noch hier“, raunzte Juncker den britischen EU-Gegner Nigel Farage an, als der sich nach dem Brexit-Votum im Europaparlament blicken ließ. Danach umarmte er ihn.
Ein launiger Spruch, ein Augenzwinkern, dann ein Küsschen oder ein Klaps auf die Schulter – das macht Juncker immer so. Ob Freund, ob Feind, der Chef der EU-Kommission geht auf Tuchfühlung. Mit Witz und Körperkontakt stellt Juncker eine persönliche Beziehung her. Es ist, als wollte er aller Welt zeigen, dass er der Vater der großen europäischen Familie ist. In den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit funktionierte das ganz gut. Juncker wickelte sowohl die deutsche Kanzlerin Angela Merkel als auch den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras um den kleinen Finger. Er setzte seinen Plan – ein milliardenschweres Investitionsprogramm – gegen deutschen Widerstand durch und lockerte den Stabilitätspakt für den Euro.
„Dies ist die Kommission der letzten Chance“, begründete der Luxemburger seine unorthodoxen Vorstöße. Wenn es in den fünf Jahren seiner Amtszeit nicht gelinge, die Krise der EU zu überwinden, dann sei die Union erledigt. Niemand widersprach. Dass Juncker seine Behörde als „politische Kommission“ bezeichnete und damit einen Machtanspruch verband, fiel zunächst kaum auf. Schließlich wurde die Kommission gebraucht – erst im Schuldendrama um Griechenland, dann im Flüchtlingsstreit um Deutschland. Juncker war es, der Merkel im vergangenen Herbst den Rücken frei hielt. Auf dem Höhepunkt der Krise war er ihr letzter verlässlicher Partner. „Zu wenig Europa, zu wenig Union“, klagte er – und stellte sich hinter die Kanzlerin.
Plötzlich auf der Anklagebank
Orbán umarmen, Merkel stützen: Das war ein typisches Juncker-Manöver. Auch bei der nächsten Krise, dem Streit um das britische EU-Referendum, schaffte Juncker den Spagat. Ausgerechnet dem britischen Premier David Cameron, der Junckers Nominierung zum Kommissionschef mit allen Mitteln verhindern wollte, räumte die EU-Kommission ein paar neue Extrawürste ein. Juncker stellte eine „Task-Force“ auf, die Zugeständnisse an Cameron wie die „Notbremse“ für EU-Migranten oder die „rote Karte“ für EU-Gesetze ausarbeitete. Danach leistete er auch noch verbale Schützenhilfe. „Einen Deserteur empfängt man nicht mit offenen Armen“, warnte Juncker die EU-Gegner auf der Insel.
Gedankt hat man es ihm nicht, im Gegenteil. Nun, nach dem Sieg der Brexiteers, sitzt Juncker plötzlich auf der Anklagebank. Die einen wollen seinen Rücktritt, weil er zum Symbol einer gescheiterten Union geworden sei. Andere sind empört, weil er einen schnellen Brexit fordert. Rachegelüste wirft man ihm vor, ausgerechnet ihm, dem dienstältesten und überzeugtesten Europäer aller Europäer!
„Schauen Sie sich meinen Lebensweg an, dann kommen Sie zu anderen Erkenntnissen“, schießt Juncker zurück. Eigentlich aber weiß jeder in Brüssel, dass der 61-Jährige schon Europa gelebt hat, als Merkel noch „das Mädchen“ war. Juncker, das war der Taktgeber im deutsch-französischen Motor, das ist die „immer engere Union“ in Person.
Doch der Motor stottert. Ohne es zu merken, ist Juncker vom Symbol der europäischen Einigung zum Sündenbock für alle Missstände in der EU geworden. Besonders deutlich wird dies bei einem Thema, mit dem er, der Generalist und Überflieger, nur am Rande zu tun hat: beim Streit über das Freihandelsabkommen mit Kanada. CETA sei kein gemischtes Abkommen mit Beteiligung der nationalen Parlamente, sondern unterliege allein europäischer Gesetzgebung, teilte Juncker auf dem EU-Gipfel mit und handelte sich damit viel Kritik ein, unter anderem auch aus Deutschland. Das sei ihm „schnurzpiepegal“, frotzelte Juncker. Pech für den eigensinnigen Luxemburger: Angesichts des massiven Widerstands musste die Kommission einlenken. Nun stimmen doch die nationalen Parlamente über das Abkommen ab.
In der Falle
Kritiker von Juncker verweisen auf seine Zeit als Eurogruppenchef, wo er undemokratische Manöver einfädelte und mittrug. „Wenn es ernst wird, muss man lügen“, sagte er damals. Später kam noch der Lux-Leaks-Steuerskandal hinzu. Seither ist er für viele unglaubwürdig. Aber auch von den Regierungen kommt Druck. Vor allem die Hardliner in der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem und Wolfgang Schäuble, greifen Juncker frontal an. Sie werfen ihm einen laxen Umgang mit den Defizitregeln vor.
Juncker sitzt in der Falle. Dabei hat er alles getan, um sich zu schützen. Viermal täglich studiert er den hauseigenen Pressespiegel, um jede Regung der öffentlichen Meinung zu registrieren. Heikle Themen delegiert er an Frans Timmermans, seinen Vizepräsidenten. Alle wichtigen Initiativen spricht er mit Martin Schulz ab, dem Chef des Europaparlaments. Der Christdemokrat Juncker regiert Brüssel mit einer Großen Koalition nach deutschem Muster – denn sowohl Timmermans als auch Schulz sind Sozialdemokraten. Und er stützt sich auf einen deutschen Spindoktor, den Ex-Bertelsmann-Berater Martin Selmayr.
Doch die vermeintlich starke Stellung hat sich als Schwäche erwiesen. Timmermans macht zu viel, Selmayr „spinnt“ zu viel, Schulz redet zu viel. Das schadet dem Chef. Er wirkt abwesend, manchmal auch abgehoben. Seit dem Brexit-Votum ist er angeschlagen, die Angriffe häufen sich.
An einen Rücktritt denkt er dennoch nicht. Er sei „weder müde noch krank“ und werde „bis zum letzten Atemzug für die geeinte EU kämpfen“. Witzig klingt das nicht, sondern verdammt ernst. Langsam scheint sogar Juncker das Lachen zu vergehen.
Kommentare 10
Und wer noch eines der Erfolgsrezepte von Juncker wissen möchte:
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert.Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."
Quelle:Aus dem Artikel "Die Brüsseler Republik",Spiegel 52/1999
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15317086.html
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum...."
Das macht nicht nur Juncker so. Allerdings haben nur wenige den Mut, es auszusprechen.
1. Juncker war für dieses Amt nie qualifiziert.
2. Juncker hat sich durch sein Handeln zusätzlich disqualifiziert.
3. Juncker sollte zeitnah durch einen Anderen ersetzt werden.
Das ist so was wie das Kohlsche und Merkelsche Aussitzen. Quasi typisch deuztsche Politik.
Weichkochen, Moralisch fertigmachen, Diffamieren.
Gehet hin in alle Welt und le(h)eret alle Völker.
Waren es gar nicht die Römer sonder die germanischen Philister die den Christus gekreuzigt haben.
Und heute haben wir den Juncker, (den deutschen?), die Merkel,
urteutsch, den Gabriel (ü.......), Mertz bei BlackRock, Assmusen bei Goldman Sachs, Barosso bei?, Joschka Fischer bei ?, alle gut untergebracht, profitabel.
Gehet hin .......... .
Ich glaube nicht dass sich dazu einer bedankt. Außer den Profiteruren, wer das wohl ist?
Alle gut vertei
Das ist so was wie das Kohlsche und Merkelsche Aussitzen. Quasi typisch deuztsche Politik.
Weichkochen, Moralisch fertigmachen, Diffamieren.
Gehet hin in alle Welt und le(h)eret alle Völker.
Waren es gar nicht die Römer sonder die germanischen Philister die den Christus gekreuzigt haben.
Und heute haben wir den Juncker, (den deutschen?), die Merkel,
urteutsch, den Gabriel (ü.......), Mertz bei BlackRock, Assmusen bei Goldman Sachs, Barosso bei?, Joschka Fischer bei ?, alle gut untergebracht, profitabel.
Gehet hin .......... .
Ich glaube nicht dass sich dazu einer bedankt. Außer den Profiteruren, wer das wohl ist?
Alle gut vertei
Zur Qualifikation von Politikern: Wie sieht man vorher, ob jemand qualifiziert ist? Er hat als Luxemburgischer Politiker national orientierte Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik betrieben, die den Nachbarländern heute noch schadet.
Als Kommissionspräsident betreibt er Politik für den Machtzuwachs der Kommission, d. h. für sich und seine peer group. Er war unter den Politikern, die sich für die Funktion angeboten haben, der höchstrangige - ein anderer (ehem.) Regierungschef aus einem anderen Land hat sich nicht dafür interessiert. Das ist ja auch eines der Probleme: In die EU-Politik geht nur ein Politiker, der auf nationaler Ebene ausgebootet wurde.
Sein Anspruch, dass er eine politische Kommision leitet und mehr als verwaltungschef ist, kollidiert immer wieder mit der Realität: Wenn´s wichtig und kritisch wird, entscheiden die Regierungschefs. Seine Macht ist eine eingebildete, denn in Wirklichkeit hängt er an den Fäden des Ministerrates, d. h. der Regierungschefs. Sie schieben ihn aber gerne vor, um einen Schuldigen zu haben, brauchen ihn auch dafür
Dass EU-Politik keine demokratische Legitimation vergleichbar den nationalen Ebenen von Regierungen und Parlamenten hat, vertuscht Juncker nach Kräften. Seine tatsächliche Macht resultiert daraus, dass ihn Merkel und Hollande und andere nationale Politiker reden lassen.
Das ist recht bequem für diese: Alles Unpopuläre an der EU-Politik, ob es nun überregulierte Bananen oder Sozialhilfe für rumänische Wanderarbeiter oder mafiöse Beihilfen sind, ist angeblich Schuld von "denen in Brüssel", basiert aber auf Beschlüssen des Ministerrates, d. h. von Merkel und Co.
Insofern zu Juncker: Ja, er sollte gehen. Aber ohne einen Umbau der EU-Strukturen wird der Nächste ähnlich zwischen allen Stühlen schweben.
Das ist die realistischte Sicht auf die EU, sie ist ein Konstrukt des verlorenen 2. WK. Die US-Regierung konnte den 2. WK nicht zum Sieg führen. Russland Regierung war zu intelligent. Die Falle Stalingrad hat funktioniert.
Alles Wissenschaftliche Wissen, alle erebeuteten Schätze der Faschistenm gingen schon vor Kriegsende in die USA.
Nach dem Krieg konnte man nicht so einfach weitermachen.
So teilte man D in 4 Teile , Franz.Belg. Zone, Ami-Zone, Engl.-Zone, Russ.-Zone.
Franz.-Belg. für die EWG,EG,EU als Endstadium. Deutsch-Franz.-Freundschaft sozusagen. ARTE!
Belien-Flamen eh Deutsch, Lichtenstein eh Deutsch, Luxembourg, eh Deutsch/franz.
Alle ihren eigenen Dialekt, CH, Austria, die in der Mitte, der Teutsche Michel, machen sich darüber lustig, aber die haben wenigstens noch Niveau, der Mitteldeutsch, lachhaft, nichts Niveau, US-Abklatsch, der große Bruder der uns MISSBRAUCHT.
Ist nicht der erste.
Die EU ein Konstrukt dass die US-D-Regierung braucht um erneut Russland zu überfallen.
Weshalb?
Um den fernen Osten zu kassieren, um die russischen Bodenschätze zu kassieren, und dann?
Wenn sie das alles ausgebeutet haben was dann?
Der Mars, der Jupiter, neue Galaxien, Juncker sprischt ja schon davon mit denen zu reden, sie gar zu sehen.
Macht euch keine Gedanken, alles wird gut.
Gute Nacht ihr Teutschen, michelt weiter, ihr werdet die Welt eh nicht retten.
Russ.-Zone
@Nordlicht
richtige Einschätzung zur Qualifikation.
Das Problem ist, daß solche Menschen durch Ihre Beziehungen und Netzwerke in der Lage sind, so ziemlich Alles durchzusetzen, was dem Kapital (und nichts Anderes steht hinter den Entscheidungen der EU) nützt. Siehe die Steuroase, die er mit geschaffen hat.
Die im Beitrag erläuterte lustige Art des Mannes ist da wirklich ein Indiz der Ignoranz und Schnurzegal-Verfassung der Eliten.
Solche Leute (Junker,Merkel, Gabriel .....) sind zwar sehr agil, arbeiten aber nur sehr taktisch an Ihren Profilen und Visionen, merken aber nicht, daß Sie sich von den Visionen der Vernunft und der Interessen der Völker sehr weit entfernt haben.
Auch von mir mit einem gewissen Augenzwinkern nochmal zum Brexit:
„Mehr zum Hintergrund: Breaking News: Brexit, Großbritannien (das Vereinigte Königreich) draußen!“ https://wipokuli.wordpress.com/2016/06/24/breaking-news-great-britain-the-united-kingdom-out-der-knall-die-briten-das-vereinigte-koenigreich-draussen/
Andreas Schlüter
Soziologe
Berlin
So sehr ich mich auch bemühe, Herr Juncker wird mir einfach nicht sympathisch. Seine Trinkeskapaden tragen sicher dazu bei. Bei YouTube gibt es reichlich Material dazu: https://www.youtube.com/watch?v=XPgiI46FCDU