Die Macht der Vermittlung

Kommentar UN-Klonverbots-Verhandlungen und die Bundesregierung

Es sieht schlecht aus für den Parlamentarismus in der Bundesrepublik. Da wird gedroht und sanktioniert, bis der passende Beschluss im Kasten ist. Die Koalition bastelt nicht nur an einer strukturellen Umwandlung des Sozialstaates, sondern auch an dessen parlamentarischer Realität. Das demonstriert die Bundesregierung dieser Tage auch in der UNO, wo es erneut um eine internationale Vereinbarung zum Klonen geht.

Die Verhandlungen waren vor einem Jahr ohne Ergebnis vertagt worden. Zwar besteht Konsens darüber, das so genannte reproduktive Klonen weltweit zu ächten, unüberbrückbar aber sind die Gegensätze im Detail: Mittlerweile sind es 56 Staaten, darunter die USA, Italien und Spanien, die das Klonen, egal zu welchem Zweck, international verbieten wollen. Eine Minderheit von etwa 30 Staaten, in denen zum Teil bereits Klonexperimente stattfinden, darunter China, Israel und Großbritannien, wollen einer internationalen Konvention allerdings nur beitreten, wenn das Verbot auf das reproduktive Klonen beschränkt bleibt. In ihrem Konventionsentwurf soll das Klonen zu Forschungszwecken (das so genannte therapeutische Klonen) zwar verbindlich geregelt werden. Ob es jedoch erlaubt, ausgesetzt oder verboten wird, bliebe den einzelnen Staaten überlassen.

Mit der - allein vor dem Hintergrund der Mehrheitsverhältnisse - fadenscheinigen Begründung, ein wirksames internationales Klonverbot sei nur zu erreichen, wenn möglichst viele Staaten mitziehen, hat Deutschland sich diesem Vorschlag angeschlossen. Dass der Bundestag im Februar die Bundesregierung fraktionsübergreifend und nahezu einstimmig beauftragte, sich in den Verhandlungen für ein vollständiges Verbot der Technologie einzusetzen - geschenkt. Zumal die Bundesregierung den Parlamentsbeschluss ja nur ignoriert, um "Brücken zu bauen" und die am Klon forschenden Staaten "mit ins Boot zu holen". Aber wohin fährt das Boot?

Die Rhetorik der Bundesregierung schwiemelt. Das Forschungsklonen ist eine Quelle neuer Bewirtschaftungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers, und Staaten, die das Klonen erlauben, haben einen Standortvorteil. In solchen wie der Bundesrepublik, in denen das Forschungsklonen innenpolitisch noch nicht durchsetzbar ist, haben die von Unternehmen gezielt eingesetzten Meilenstein-Meldungen gemeinsam mit der sattsam bekannten Krisenrhetorik erosive Wirkung. Diese Dynamik hatten die Abgeordneten des Bundestages vor Augen, als sie ein "umfassendes" und "universelles" Klonverbot forderten. Und diesen Prozess hat auch die Bundesregierung im Blick, wenn sie sich über den Parlamentsbeschluss hinwegsetzt. Bundeskanzler Schröder hat wiederholt die in Deutschland bestehenden Grenzen der biotechnologischen Forschung kritisiert und Forschungsministerin Buhlmahn unterhöhlt sie seit Jahren und dieser Tage wieder mit Forschungsförderprogrammen. Den rot-grünen Modernisierern liegt nicht an einem wirksamen Klonverbot.

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